U.S. Capitol in Washington
AP/Senate Television
Eide abgelegt

Im Verfahren gegen Trump wird es ernst

Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump geht es nun zur Sache: Am Donnerstag sind der oberste Richter John Roberts und die Senatoren vereidigt worden. Die Senatoren sind im Prozess Gericht und Geschworene gleichermaßen. Wiewohl der Ausgang des Verfahrens ob der republikanischen Mehrheit im Senat klar scheint, wird es doch eine große Rolle im Wahlkampf spielen – und einige neue Enthüllungen belasteten Trump zuletzt.

Zunächst schwor am Donnerstag Richter Roberts, gemäß der Verfassung und der Gesetze „unparteiisch Gerechtigkeit“ walten zu lassen. Der Vorsitzende des Supreme Court wird den Impeachment-Prozess leiten. Anschließend nahm Roberts den Senatoren den gleichen Eid ab. Roberts wurde zwar vom Republikaner George W. Bush nominiert, Trump nannte ihn in der Vergangenheit aber „einen Alptraum für Konservative“ und „eine absolute Katastrophe“.

Allerdings: Große Befugnisse im Verfahren hat er nicht. Als republikanischer Mehrheitsführer ist Mitch McConnell der eigentliche Herr des Hauses: Über Verfahrensfragen – und letztlich über die Frage einer Amtsenthebung – stimmen die Senatoren ab. Ärgern dürfte Trump, dass ausgerechnet der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, das Team der Anklagevertreter anführt: Er ist schon lange ein rotes Tuch für Trump und seine Anhänger.

Nächste Sitzung am Dienstag

Nach der rund halbstündigen Sitzung wurde das Verfahren auf Dienstag vertagt. Dann wird sich der Senat inhaltlich mit den Vorwürfen gegen den Präsidenten befassen. Der Montag ist in den USA ein Feiertag. Das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump hatte am Donnerstag mit der Verlesung der Anklage begonnen.

Justice Roberts wird vereidigt
Reuters/Senate Television
Die Angelobung von Richter Roberts

Die Demokraten werfen Trump vor, die Ukraine zu Ermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, der ihn bei der Präsidentschaftswahl im kommenden November herausfordern könnte. Als Druckmittel soll der Präsident unter anderem eine für Kiew bestimmte Militärhilfe in Höhe von insgesamt 391 Millionen Dollar wochenlang zurückgehalten haben – was der US-Rechnungshof dieser Tage als rechtswidrig einstufte. Später soll Trump die Untersuchung des Repräsentantenhauses zu der Affäre rechtswidrig behindert haben, indem er Zeugenaussagen blockierte und wichtige Dokumente zurückhielt.

Waffe im Wahlkampf – für beide Seiten

Das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus beschloss deswegen vor Weihnachten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Er ist der dritte Präsident der Geschichte der USA, der sich einem Amtsenthebungsverfahren im Senat stellen muss. Die Aussichten auf Erfolg sind allerdings gering. Im Senat haben Trumps Republikaner die Mehrheit, sie verfügen über 53 Sitze. Für eine Amtsenthebung müssten zwei Drittel der 100 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte stimmen. Das gilt als extrem unwahrscheinlich.

Allerdings wird das Verfahren eine große Rolle im Wahlkampf spielen: Die Demokraten hoffen dennoch, dass das Amtsenthebungsverfahren Trump und die Republikaner bei der Wahl im November Stimmen kosten wird. Trump umgekehrt wird wohl darauf setzen, dass er einen Freispruch im Senat als Unschuldsbeweis verkaufen kann. Der Präsident hofft darauf, dass das Verfahren seine Basis mobilisiert. Das Verfahren gilt jedenfalls als Test für die politische Kultur des Landes – und auch für die Geschlossenheit der Republikaner.

„Beweise“ vs. „Hexenjagd“

Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer „Hexenjagd“.

Demonstranten im Russell Senate Office Building
Reuters/Michael McCoy
Aktionismus gegen Trump

Streit über Zeugenladungen

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, hatte die Anklagepunkte vier Wochen lang zurückgehalten, weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf Verfahrensregeln einigen konnten. Streit gibt es darüber, ob im Senat weitere Zeugen gehört werden sollen, was die Demokraten fordern.

Pelosi forderte erneut die Anhörung weiterer Zeugen im Senat. „Jeden Tag kommen neue belastende Informationen hinzu“, sagte sie am Donnerstag. Mit Blick auf republikanische Senatoren, die keine neuen Zeugen anhören wollen, fügte sie hinzu: „Sie haben Angst vor der Wahrheit.“ Der republikanische Mehrheitsführer McConnell hatte gesagt, über die Frage von Zeugenanhörungen werde erst während des laufenden Verfahrens entschieden.

Verteidigerteam noch offen

Die Demokraten fordern die Anhörung von Trumps geschäftsführendem Stabschef Mick Mulvaney, von dessen Berater Robert Blair, vom früheren Nationalen Sicherheitsberater John Bolton sowie von Michael Duffy, einem Mitarbeiter des Budgetbüros des Weißen Hauses. Bolton hatte in der vergangenen Woche überraschend erklärt, er sei zur Aussage bereit.

Aus Sicht des Weißen Hauses sind die Vorwürfe gegen Trump „die schwächsten Anklagepunkte, die je in einem Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten verabschiedet wurden“. Aus dem Weißen Haus hieß es am Mittwoch, man rechne daher nicht damit, dass das Verfahren im Senat länger als zwei Wochen dauern werde. Das Weiße Haus wolle „bald“ mitteilen, wer Teil des Verteidigerteams des Präsidenten sein werde, hieß es.

Giuliani-Partner mit belastendem Material

Zuletzt gab es aber einen Rückschlag für Trump: Ein Geschäftspartner seines persönlichen Anwalts Rudy Giuliani belastete den Präsidenten mit neuen Äußerungen. Lev Parnas soll bei Giulianis Bemühungen, in der Ukraine belastendes Material zu Biden zu finden, eine zentrale Rolle gespielt haben. „Präsident Trump wusste genau, was vorging“, sagte Parnas dem US-Sender MSNBC. „Ich hätte nichts ohne die Zustimmung von Rudy Giuliani oder dem Präsidenten getan“, sagte er weiter.

Parnas und ein Kompagnon waren im Oktober in Washington festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, mit illegalen Wahlkampfspenden die Abberufung der damaligen US-Botschafterin in der Ukraine, Marie Yovanovitch, angestrengt zu haben. Parnas weist die Vorwürfe zurück und will mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, er steht mittlerweile unter Hausarrest. Er hatte kürzlich auch dem Repräsentantenhaus Dokumente, Telefondaten und Kurznachrichten für deren Ermittlungen gegen Trump überlassen. Einige der belastenden Dokumente stammen auch von Treffen in Wien.

Trump: „Es ist eine Schande“

Trump selbst kritisierte das Amtsenthebungsverfahren einmal mehr scharf. „Es ist eine Schande“, sagte Trump kurz nach Beginn des Verfahrens im Senat vor Journalisten im Weißen Haus. Er werde dem Verfahren „ohne jeden Grund“ unterzogen. Schiff bezeichnete er als einen „korrupten Politiker“. Das Verfahren sei „total parteiisch“ und sei von den Demokraten nur aus wahltaktischen Gründen eingeleitet worden.

Trump sagte auf Nachfrage, er kenne den Geschäftsmann Parnas nicht, der ihn in der Ukraine-Affäre zuletzt belastet hatte. Der Präsident sagte: „Ich glaube nicht, dass ich jemals mit ihm gesprochen habe.“ Zu einem Foto, das ihn mit Parnas zeigt, sagte Trump, es gebe von diversen Veranstaltungen etliche solcher Bilder von ihm mit anderen Leuten.