Justizministerin Alma Zadci
APA/Hans Punz
Justiz

Zadic vor vielen Herkulesaufgaben

Im heimischen Justizsystem hakt es an vielem: Platz und Personal sind knapp, in den Gefängnissen genauso wie an den Gerichten. Vor allem aber fehlt das nötige Geld. Dazu kommen interne Turbulenzen. Und als Justizministerin muss Alma Zadic (Grüne) nun mit dem mächtigen Ex-Generalsekretär und Sektionschef Christian Pilnacek zusammenfinden, den sie als Abgeordnete scharf kritisiert hatte.

Zadic war in den vergangenen Wochen vor allem wegen der gegen sie gerichteten Hass- und Hetzkampagnen Thema der Medienberichterstattung. Ein Blick auf die ihr bevorstehenden Aufgaben dürfte jedoch klarmachen: „Aushalten“, wie Kanzler Sebstian Kurz (ÖVP) es ihr nahelegte, dürfte Zadic in Zukunft noch einiges müssen.

Noch ist offen, ob sie dabei Unterstützung von einem Generalsekretär oder einer Generalsekretärin bekommen wird. Man habe sich noch keine abschließende Meinung gebildet, hieß es am Freitag aus dem Justizministerium.

Justizministerium
ORF.at/Dominique Hammer
Von außen wirkt das Palais Trautson, in dem das Justizministerium beherbergt ist, imposant – im Inneren liegt vieles im Argen

Gespräche unter schwierigen Vorzeichen

Inwiefern der ehemalige Generalsekretär und derzeitige Sektionschef Pilnacek Zadic beistehen wird, ist fraglich – doch „mit offenen Armen wird sie dort vermutlich nicht empfangen werden“, schrieb etwa der „Standard“ vor ihrem Antritt.

Schließlich habe sie sich im BVT-U-Ausschuss äußerst kritisch gegenüber Pilnacek sowie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gezeigt. Zadic war zur Zeit des U-Ausschusses Abgeordnete von JETZT, dessen Gründer Peter Pilz Pilnacek damals eine „organisierte Orbanisierung der Justiz“ vorwarf.

Pilnacek: „Freue mich auf Zusammenarbeit“

Dazu kommen interne Zerwürfnisse zwischen Pilnacek und der WKStA. Die beiden Seiten deckten sich bereits gegenseitig mit Anzeigen ein – Auslöser waren die Ermittlungen zur Eurofighter-Affäre. Gegenüber dem „Falter“ sagte Zadic, sie werde das Gespräch mit allen Beteiligten suchen: „Es wird notwendig sein, hier möglichst sachlich die nächsten Themen anzugehen“, so Zadic.

Pilnacek sagte am Samstag gegenüber ORF.at, dass es bereits „ausgezeichnete Gespräche“ zwischen Zadic und ihm gegeben hat. Er freue sich auf eine „konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit“. Und weiter: „Ich werde alles in uneingeschränkter Loyalität unternehmen, um meinen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung des Regierungsprogramms zu leisten und die Ressortleitung in jeder Hinsicht im Dienste der österreichischen Justiz zu unterstützen.“

Irmgard Griss
ORF.at/Lukas Krummholz
„Alles steht und fällt damit, ob es wirklich gelingt, mehr Mittel für die Justiz lockerzumachen“, sagte Justizexpertin Irmgard Griss

Bekenntnis zu einer „ausreichend ausgestatteten“ Justiz

Doch auch auf einer inhaltlichen Ebene dürfte es Zadic in der kommenden Legislaturperiode nicht leicht haben. Sowohl in den Justizanstalten als auch an den Gerichten kämpft man mit Platz-, vor allem aber mit Personalnot: „Die Justiz hat zu wenig Kanzleipersonal, im Strafvollzug gibt es zu wenig Justizwachebeamte, dazu kommt der Mangel an qualifizierten Dolmetschern“, kritisierte Ex-NEOS-Politikerin und Justizexpertin Irmgard Griss die derzeitige Situation gegenüber ORF.at.

Zwar bekennen sich ÖVP und Grüne im Regierungsprogramm auf rund 13 Seiten zu einer „ausreichend ausgestatteten Justiz“, doch „alles steht und fällt damit, ob es wirklich gelingt, mehr Mittel für die Justiz lockerzumachen“, so Griss. Der ehemalige Justizminister Clemens Jabloner rechnete mit einem finanziellen Mehrbedarf von rund 90,6 Millionen Euro und warnte schon vergangenes Jahr vor einem „stillen Tod“ der Justiz.

Österreichs Justizministerin im Porträt

Zadic floh als Zehnjährige aus Bosnien nach Österreich. Nach der Matura studierte sie Jus, bildete sich in New York weiter und arbeitete als Rechtsanwältin bei einer Wirtschaftskanzlei mit Sitz in London.

Zadic will Reformen

Auf die Frage, wie Zadic Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dazu bringen will, die notwendigen Mittel sicherzustellen sagte Zadic dem „Falter“: „Es stehen die Budgetverhandlungen jetzt erst an. Clemens Jabloner hat alle Probleme umfassend dokumentiert, darauf baue ich auf.“ Und: Jeder wisse, dass der Justiz Ressourcen fehlen, daher werde es auch Reformen brauchen, so Zadic.

Längst ausständig ist etwa nach wie vor die Reform des Maßnahmenvollzugs. Die lässt sich zwar im Regierungsprogramm finden, „allerdings wurde dieses Bekenntnis bereits auch schon in früheren Regierungsprogrammen und Erklärungen vergangener Justizminister abgegeben“, so der Sprecher der Plattform Maßnahmenvollzug, Markus Drechsler gegenüber ORF.at. Zadic sei daher gefordert, „endlich einen menschenrechtskonformen und adäquaten“ Maßnahmenvollzug einzuführen und die Expertenvorschläge von 2015 umzusetzen.

Selbstmorde „nicht mehr akzeptieren“

Wie prekär es um den Maßnahmenvollzug bestellt ist, zeigt etwa ein Fall von dieser Woche. Laut einem Artikel der „Krone“ sei eine Insassin, die in der Nacht auf Mittwoch in der Justizanstalt Asten durch Suizid starb, erst Stunden später aufgefunden worden. „Man kann, man darf, die Selbstmorde, das Versagen, die Unfähigkeit nicht akzeptieren“, so ein Insider, der im Gespräch mit ORF.at nicht nur die verheerenden Zustände in der Anstalt, sondern auch die oftmals „falschen“ Gutachten scharf kritisierte.

Ähnlich sieht das Drechsler: „Die Qualität der Einweisungs- und Entlassungsgutachten ist teilweise erschütternd schlecht, entscheiden aber maßgeblich über das Schicksal von Menschenleben.“ Für Drechsler ist die im Regierungsprogramm festgeschriebene „Erhöhung der Qualität“ von Gutachten etwa durch neue Richtlinien daher „begrüßenswert“.

Justiz „moderner, unbürokratischer, bürgernäher“

Für Griss hingegen sind viele der im Justizkapitel des Regierungsprogramms angesprochenen Maßnahmen „sehr vage“ formuliert. „Ihre Sinnhaftigkeit ist daher – jedenfalls für mich – offen“, so Griss. Konkrete Verhandlungen gibt es aber laut Zadic bereits zur Transparenzoffensive mit der geplanten Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Hier gehe es darum, „so schnell wie möglich ein Gesetz auf den Weg zu bringen“, so Zadic im Ö1-Mittagsjournal vergangenen Samstag. Welche großen Aufgaben Zadic selbst sieht? „Wir müssen in der Justiz moderner, unbürokratischer, bürgernäher werden“, so Zadic gegenüber dem „Falter“.