Bildungsminister Heinz Faßmann
ORF
Ombudsfrau Wiesinger

Faßmann über „Vorgangsweise“ irritiert

Der Wirbel um die nun freigestellte Ombudsfrau im Bildungsressort, Susanne Wiesinger, und deren Buchveröffentlichung geht in die nächste Runde. Am Montag sprach ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann der Lehrerin zwar Dank für ihre Arbeit aus – die von Wiesinger erhobenen Vorwürfe gegen das Kabinett wies er jedoch zurück. Noch am Montag soll ihr Tätigkeitsbericht veröffentlicht werden.

Faßmann sprach am Rande eines Termins von einem „wertvollen Beitrag“ Wiesingers. Seine „Irritation“, der er „Ausdruck verliehen“ habe, richte sich nicht gegen Wiesinger, so Faßmann, sondern gegen die „Vorgangsweise“. Er sei „gleich mit einem fertigen Buch“ konfrontiert worden – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Den „unvollständigen“ Tätigkeitsbericht Wiesingers habe er bereits auf seinem Schreibtisch. Dieser soll noch am Montag auf der Homepage des Ministeriums online gestellt werden, so Faßmann. Es fehlten darin allerdings noch ein „Executive Summary“ und eine Antwort auf die Frage, wie die aufgezeigten Probleme gelöst werden können.

„Müssen ins Handeln kommen“

„Wir müssen vom Aufzeigen von Problemen auch ins Handeln kommen“, es fehlten im Bericht noch politisch relevante Empfehlungen, so Faßmann. Dieses „Handeln“ hätte er gerne mit Wiesinger umgesetzt, dazu werde es aber nun nicht mehr kommen, sagte der Ressortchef.

Zu Wiesingers persönlicher Zukunft verwies Faßmann lediglich darauf, dass die Lehrerin nach wie vor formell Landesbeamtin in Wien sei. „Das ist sie auch weiterhin.“ Dienstrechtliche Konsequenzen werde es nicht geben. Von der „Kronen Zeitung“ berichtete Gerüchte, dass von Ministeriumsseite Wiesinger mit einem lukrativen und hochrangigen Job im Ministerium quasi ruhiggestellt werden sollte, dementierte Faßmann. Diese Vorwürfe seien „nicht nachzuvollziehen“. Die Ombudsstelle will Faßmann jedenfalls weiterführen. Über eine künftige Besetzung konnte er noch keine Auskunft geben.

Faßmann weist Vorwürfe zurück

Vorwürfe Wiesingers, etwa dass Interviewantworten seitens des Kabinetts vorformuliert worden sein sollen, wies Faßmann zurück: „Von mir wurden definitiv keine Antworten vorformuliert.“ Man habe lediglich versucht, der Ombudsfrau Assistenzfunktionen beiseitezustellen. „Das ist ganz anders empfunden worden, als es intendiert war.“ Faßmann selbst hatte Wiesinger in ihrem Buch von ihrer Kritik explizit ausgenommen.

Faßmann: „Kritik von Susanne Wiesinger wertvoll“

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann sieht inhaltlich große Teile der Kritik der Lehrerin als „wertvoll“ an.

Er habe in den drei Monaten, in denen Wiesinger unter seiner Ministerschaft tätig war, wiederholt Gespräche mit ihr geführt, es sei dabei immer nur um Inhalte gegangen, so Faßmann. Er habe keine Hinweise erhalten, „dass sie nicht arbeiten hätte können“, sagte der Minister.

Wiesinger sieht kein illoyales Vorgehen

Wiesinger verteidigte unterdessen am Montag ihre Buchveröffentlichung. Sie könne zwar nachvollziehen, dass man die Veröffentlichung des Buches im Bildungsressort als Vertrauensbruch empfindet, so Wiesinger im Ö1-Morgenjournal. Als illoyal empfinde sie ihr Vorgehen dennoch nicht. Immerhin habe sie den Abschlussbericht ihrer Arbeit als Ombudsfrau, in dem sie die Ergebnisse ihres Austauschs mit „sicherlich 1.100 Leuten“ festhält, bereits im Dezember der damaligen Ministerin Iris Rauskala vorgelegt.

Den Weg der Buchveröffentlichung habe sie aufgrund der „Message-Control“ des Kabinetts – der ihrem Empfinden nach „einflussreichsten Macht“ in einem Ministerium – wählen müssen: „Ich wollte meine Tätigkeit als Ombudsfrau ganz erfüllen und ich wusste, dass man das verhindert hätte“, so Wiesinger in der ZIB2 am Sonntag. Als Beispiel für Inhalte, die sonst gefährdet gewesen wären, nannte sie Kritik von Praktikern an den umstrittenen, von der ÖVP eingeführten Deutschförderklassen. Wegen des aktuellen Lehrermangels müsse man schon froh sein, wenn man überhaupt jemanden finde, der in eine solche Klasse geht. Die Schulen seien außerdem mit ihren davor autonom entwickelten Modellen besser gefahren.

Klage gegen Beraterin erwogen

Den Vorwurf der ihr vom Ministerium zur Seite gestellten Beraterin Heidi Glück, sie sei „mehr Maulwurf als Ombudsfrau“ gewesen, wies sie zurück – und will deshalb klagen. Glück, einst Pressesprecherin von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und Kanzler Wolfgang Schüssel (beide ÖVP) und nunmehr Kommunikationsberaterin, hatte Wiesinger auf Twitter vorgeworfen, sie habe das Vertrauen aller missbraucht, noch dazu werde der Titel des Buchs dem Inhalt nicht annähernd gerecht.

Heinz Faßmann und Susanne Wiesinger
APA/Helmut Fohringer
Im Dezember 2018 wurde Wiesinger von Bildungsminister Faßmann als Ombudsfrau präsentiert

„Es ist unanständig und desavouiert ihre eigene Arbeit. Sie hat ihre Rolle falsch verstanden, eher Maulwurf als Ombudsfrau“, so Glück. Wiesinger erwägt deshalb eine Klage wegen „Ehrenbeleidigung“. In Wiesingers Verlag, der Edition QVV von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz, bestätigte man gegenüber der APA einen entsprechenden Bericht der „Krone“ (Montag-Ausgabe).

Wiesinger über Missstände im Schulsystem

Wiesinger berichtete unter anderem über Finanzierungsstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern und forderte Leistungsdifferenzierungen bei Schülern. Die Neue Mittelschule sei zur „Restschule“ verkommen.

Faßmann verteidigte die Bestellung Glücks unterdessen. Man wollte Wiesinger eine professionelle Infrastruktur zur Verfügung stellen, damit sie ihre Arbeit erledigen könne. Dazu habe man „eine Art Geschäftsstelle“ eingerichtet. Glück sei eine qualifizierte Persönlichkeit, so Faßmann.

Kritik von Türkischer Kulturgemeinde

Für FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl zeigen Wiesingers Schilderungen „und die empörende Reaktion des Bildungsministeriums, sie vom Dienst freizustellen, symptomatisch den Umgang der ÖVP mit den drängendsten Problemen unserer Gesellschaft“. „Ganz offensichtlich war die Anstellung Wiesingers als Ombudsfrau von der ÖVP-Message-Control als reiner PR-Gag geplant, um den Eindruck zu erwecken, die massiven Probleme im heimischen Schulwesen anzugehen, die durch immer mehr Schüler mit erheblichen Deutschdefiziten und den immensen Einfluss des Islam auf die Unterrichtsgestaltung entstehen“, so Kickl in einer Aussendung.

Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) kritisierte Wiesinger und warf ihr vor, „als Ombudsfrau nicht geschlichtet, sondern polarisiert und provoziert“ zu haben. Sie habe als Ombudsfrau „mit keinem türkischen Verein in Österreich oder einer türkischen Zeitung (…) Kontakt aufgenommen oder gesucht“.