Kongresszentrum in Davos
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Thunberg und Trump

Davos als Gipfel der Gegensätze

Das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zieht ab Dienstag wieder Eliten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft an. Dabei werden mit Spannung die Auftritte von US-Präsident Donald Trump und Klimaaktivistin Greta Thunberg erwartet. Die beiden stehen exemplarisch für die entgegengesetzten Standpunkte zum großen Thema der Gegenwart, der Klimakrise. Beim WEF selbst geht es heuer um Nachhaltigkeit – man will Resultate.

Es ist die 50. Auflage des WEF, zu der wieder Gäste aus aller Welt kommen. Neben Thunberg und Trump werden auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der britische Thronfolger Prinz Charles und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel erwartet. Insgesamt nehmen mehr als 3.000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft am Treffen teil.

Thunberg sagte zum Auftakt, dass bisher im Kampf gegen den Klimawandel „nichts getan“ wurde. „Wir kämpfen alle für die Umwelt und das Klima“, so Thunberg, aus „übergeordneter Perspektive betrachtet“ sei allerdings bisher „im Grunde nichts getan“ worden. Es sei „viel mehr“ nötig. „Das ist erst der Anfang“, sagte die 17-Jährige, die bereits im Vorjahr geladen war und dort einen flammenden Appell an die Entscheidungsträger gerichtet hatte. „Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre“, so Thunberg 2019.

Schon damals war ihr Urteil über den Gipfel ernüchternd. „Leider glaube ich nicht, dass es ein Erfolg fürs Klima war. Die Leute reden nur und tun nicht, was sie sagen“, so Thunberg im Anschluss des WEF. Wichtig seien ihr aber die Gespräche mit Forumsgründer Klaus Schwab gewesen, sagte Thunberg. Sie habe ihm unter anderem gesagt, dass sich das Forum im nächsten Jahr ihrer Meinung nach ausschließlich mit Klima- und Umweltfragen befassen sollte. Und tatsächlich kam es so, das Treffen steht heuer unter dem Motto „Stakeholder für eine solidarische und nachhaltige Welt“.

TV-Hinweis

Die Reden von US-Präsident Donald Trump, Greta Thunberg und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) werden in ORF III und im Livestream in tvthek.ORF.at übertragen.

  • Di, 12.55 Uhr: Thunberg-Rede
  • Fr, 11.25 Uhr: Kurz-Rede

Eine Billion Bäume pflanzen

Das Forum will heuer Resultate erreichen. „Das Jahrestreffen wird eine Werkstatt sein, keine Quatschbude“, so Schwab, der das WEF 1971 ins Leben gerufen hatte. Die meisten Veranstaltungen zielten auf „greifbare Fortschritte“ ab. Bei dem Gipfel, der bis Freitag geht, ist der Start von zwei Initiativen geplant. Zum einen sollen in der kommenden Dekade weltweit eine Milliarde Menschen geschult werden, damit sie den Anforderungen der Vierten Industriellen Revolution – also Digitalisierung der industriellen Produktion sowie Vernetzung von Dingen – gewachsen sind.

Zum anderen sollen bis Ende der 2020er Jahre weltweit eine Billion Bäume gepflanzt werden. „Die Restaurierung der Ökosysteme ist eine Priorität für die kommende Dekade“, sagte Schwab. „Wir wollen ein bleibendes Erbe schaffen.“ Es gehe darum, künftigen Generationen die Botschaft zu hinterlassen: „Ihr konntet Euch auf uns verlassen.“ Die Welt befinde sich im Ausnahmezustand. „Das Handlungsfenster schließt sich schnell“, sagte Schwab.

Auch die Infrastruktur des WEF änderte sich. Nachdem im vergangenen Jahr die hohe Zahl an Privatjets anreisender Teilnehmer auch für Kritik am ökologischen Fußabdruck des Wirtschaftstreffens selbst gesorgt hatte, sollen für das Kongresszentrum in diesem Jahr Solarenergie und Geothermie zum Einsatz kommen, ebenso ein neuer Bahnhof für die Anreise per Shuttlezug.

Weitere Jugendliche eingeladen

Schwab will Thunberg unterstützen, das WEF solle aber nicht vereinnahmt werden, sagte er der Zeitung „Die Welt“. „Wir haben sie wieder eingeladen, aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht zum Werkzeug für den Hype werden, der um sie herum entstanden ist“, so Schwab. „Es geht nicht um Greta allein, es geht um die Sorge einer ganzen Generation, dass wir nicht genug tun, um unsere Umwelt so zu erhalten, dass sie uns auch weiterhin Freude machen wird.“ Daher hat das WEF neun weitere Jugendliche eingeladen, die „weniger bekannt sind als Greta“, so Schwab.

Die 17-jährige Schwedin war aber auch im Vorfeld des WEF das Sprachrohr der Klimaaktivisten. Im Namen der weltweiten Klimabewegung schrieb sie in einem offenen Brief in der britischen Zeitung „Guardian“: "Wir verlangen, dass alle Teilnehmer, ob Unternehmen, Organisationen oder Regierungen, „unverzüglich und vollständig“ alle Investitionen in fossile Brennstoffe beenden. „Kurzfristiger Profit darf nicht die langfristige Stabilität des Lebens übertrumpfen (should not trump)“, so Thunberg in dem Beitrag, den sie zusammen mit anderen verfasste.

Drei Tage Marsch nach Davos

Die Wortwahl dürfte kein Zufall sein. Als ideologischer Gegenspieler der Klimabewegung gilt auf dem Forum der US-Präsident. Wiederholt hatte sich Trump in den Sozialen Netzwerken über Thunberg lustig gemacht. Auch bezeichnete er die Klimakrise früher als „Scherz“ und zweifelte am Einfluss des Menschen daran. Seine Regierung verwässerte auch diverse Umweltschutzvorschriften oder schaffte sie gleich ganz ab.

Trump war voriges Jahr in Davos nicht zugegen. Thunberg und Trump trafen bisher nur einmal indirekt aufeinander, im September beim UNO-Klimagipfel in New York. Ein Gespräch der beiden gab es dabei nicht.

Aktivisten in Davos
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In Landquart kamen Hunderte zusammen, um nach Davos zu marschieren

Wie jedes Jahr werden auch heuer Proteste in Davos erwartet. Zu den Globalisierungsgegnern kommen nun auch Hunderte Klimaschützer zu einem Protestmarsch zusammen. Sie versammelten sich bereits am Sonntag in der Schweizer Gemeinde Landquart, von wo aus sie Davos ansteuerten. Einige waren als Blumen, andere als Koalas verkleidet.

Tausende Soldaten im Einsatz

Genehmigt hatten die Schweizer Behörden nur die ersten zwei Etappen des Protestmarschs bis zum Wintersportort Klosters. Die Aktivisten wollten dennoch auf kleineren Wanderwegen weitergehen, so weit an den Gipfelort wie möglich. Auf den Schildern war zu lesen: „Lasst uns die Donalds ignorieren und auf die Gretas hören“.

Im Zuge der Sicherheitsvorkehrungen sind bis zu 5.000 Soldaten im Einsatz. Nach Angaben des Schweizer Senders SRF werden die Kosten für die Veranstaltung auf 45 Millionen Franken (knapp 42 Mio. Euro) geschätzt. Wer Mitglied oder Partner der WEF-Stiftung werden will, muss als Unternehmer bis zu 600.000 Franken (knapp 560.000 Euro) zahlen.