In Brunnenschacht gestorbener Julen: Prozess vor Absage

Im Fall des in einem Brunnenschacht gestorbenen Kleinkindes Julen wird der Prozess in Spanien wohl in letzter Minute abgesagt. Nur einen Tag vor dem geplanten Beginn des Verfahrens gegen den Finca-Besitzer, auf dessen Grundstück in Andalusien das Unglück vor einem Jahr passierte, haben sich Anklage und Verteidigung nach Medienberichten außergerichtlich geeinigt.

Der Beschuldigte habe sich bereiterklärt, den Vorwurf der fahrlässigen Tötung wegen schwerer Nachlässigkeit sowie eine Haftstrafe von einem Jahr zu akzeptieren, berichteten die Nachrichtenagentur Europa Press und andere spanische Medien heute unter Berufung auf Justizquellen. Zudem werde der Mann den Eltern eine Entschädigung zahlen.

Ins Gefängnis muss er wohl nicht: In Spanien werden Haftstrafen von bis zu zwei Jahren bei nicht vorbestraften Angeklagten meist zur Bewährung ausgesetzt. Zeitungen sprachen von einer „unerwarteten Wende im Fall Julen“. Der Pakt müsse aber noch vom Gericht abgesegnet werden.

Über Rettungsschacht geborgen

Der zweijährige Julen war im Jänner 2019 in der Nähe von Malaga rund 70 Meter in ein Bohrloch gestürzt. Die Rettungsversuche hatten fast zwei Wochen lang für internationale Schlagzeilen gesorgt. Rettungsteams hatten sich schließlich am 26. Jänner mittels eines eigens gebohrten Parallelschachts mühsam zu dem feststeckenden Kind vorgekämpft. Die Autopsie ergab, dass Julen schon kurz nach dem Sturz an schweren Kopfverletzungen gestorben war.

Eigentlich sollte das Verfahren morgen mit 50 Zeugen starten. Die Staatsanwaltschaft wollte drei Jahre Haft fordern. Der Finca-Besitzer hatte das Loch auf der Suche nach Wasser ohne Genehmigung ausgehoben. Laut Anklage soll er der Einzige gewesen sein, der von der Existenz des Brunnens wusste – und es versäumt haben, das Loch abzudecken und zu sichern.