Frau mit Mundschutz
APA/AFP/Noel Celis
China

Virus verbreitet sich von Mensch zu Mensch

Am Montag hat sich bestätigt, was bereits vermutet worden ist: Die neuartige Lungenkrankheit in China kann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Zudem werden an immer neuen Orten Infektionen mit dem neuen SARS-Virus nachgewiesen. Die WHO berief unterdessen einen Notfallausschuss ein.

Nach Einschätzung des renommierten chinesischen Experten Zhong Nanshan überträgt sich der neue Erreger nicht nur von Tier zu Mensch, sondern auch von Mensch zu Mensch. Zudem seien Infektionen bei medizinischem Personal bestätigt, teilte ein Expertenteam der chinesischen Gesundheitskommission am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Xinhua mit. Für zwei Fälle in der Provinz Guangdong sei eine Übertragung von Mensch zu Mensch nachgewiesen, sagte Nanshan, der Chef des Teams.

Für Experten und Expertinnen ist es ein wichtiger Indikator, ob Ärzte und Pfleger von einer neuen Erkrankung betroffen sind: Infizieren sich viele von ihnen, ist das ein deutlicher Hinweis auf eine leichte Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch. Für die neue, wahrscheinlich von Wildtieren auf den Menschen übergesprungene SARS-Virus-Variante war anfangs angenommen worden, dass es keine oder kaum Übertragungen von Mensch zu Mensch gibt.

Überraschend schnelle Ausbreitung

Insgesamt seien nun sechs Todesfälle bestätigt, teilte die Gesundheitsbehörde der Metropole Wuhan am Dienstag mit. Zudem wurden 77 weitere Infektionen gemeldet, wie der Staatssender CCTV berichtete. Damit gibt es nun in China 291 bestätigte Fälle seit Beginn des Ausbruchs im Dezember. In Wuhan hatte der Ausbruch begonnen. Erstmals wurden Infektionen mit dem Coronavirus an mehreren anderen Orten sowohl im Norden wie auch im Süden Chinas nachgewiesen. Zudem gibt es Nachweise bei Menschen in Thailand, Taiwan, Japan und Südkorea, die zuvor in Wuhan waren. In Europa wurden bisher keine von Reisenden eingeschleppten Fälle bekannt.

Karte zeigt Ausbreitung des Coronavirus
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Ausmaß womöglicher größer als gemeldet

Fachleute am britischen Zentrum für die Analyse globaler Infektionskrankheiten am Imperial College London gehen davon aus, dass die Ausbreitung der Krankheit sehr viel größer ist als bisher bekannt. Nach ihrer Wahrscheinlichkeitsrechnung schätzen sie die Zahl der Patientinnen und Patienten auf mehr als 1.700.

Gesundheitsbehörden alarmiert

Zum chinesischen neuen Jahr reisen Millionen Menschen durch das Land. Das schürt Befürchtungen, dass sich das Virus rasant verbreiten könnte. (Videoquelle: EBU/CNCCTV)

Die Hiobsbotschaft von der Ausbreitung des Virus kam wenige Tagen vor dem chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag. Rund um das Fest sind jedes Jahr Millionen Chinesen per Zug, Bus oder Flugzeug im Land unterwegs, was potenziell das Risiko einer weiteren Ausbreitung des Virus steigert.

Fischmarkt als Quelle?

Nach Angaben der Gesundheitsbehörden in Wuhan war das Virus zuerst im Dezember auf einem Fischmarkt in der Stadt aufgetreten. Einige der Infizierten hatten jedoch den Angaben zufolge gar keinen Kontakt zu dem Fischmarkt – was Experten bereits früh vor einer Übertragung von Mensch zu Mensch warnen ließ.

Absperrband vor dem Huanan Fischmarkt
APA/AFP/Noel Celis
Die ersten Infektionen werden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht

Der chinesische Präsident Xi Jinping kündigte einen entschlossenen Kampf gegen die Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit an. „Das Leben und die Gesundheit der Menschen sollten oberste Priorität haben, und die Ausbreitung des Ausbruchs sollte entschieden eingedämmt werden“, wurde Xi am Montag vom staatlichen Fernsehen zitiert.

Oft harmlose Erkrankungen

Es wird vermutet, dass das neuartige Virus aus der Tierwelt kommt. Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen – allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie SARS und MERS dazu. Das neue Virus stammt aus der Erregerfamilie, zu der auch der tödliche SARS-Erreger gehört.

Corona-Virus Zellen
Reuters/NIAID
Über Ursprung und Verbreitung des Virus ist noch wenig bekannt

SARS steht für Severe Acute Respiratory Syndrome (Schweres Akutes Atemwegssyndrom). An der SARS-Epidemie waren in den Jahren 2002 und 2003 knapp 350 Menschen in Festlandchina sowie knapp 300 weitere in Hongkong gestorben. Von China ausgehend waren weltweit rund 8.000 Menschen an SARS erkrankt. Vor gut einer Woche hatten Fachleute die Gensequenz des neuen Virus entschlüsselt, was die Tests bei Patienten mit Lungenentzündungen unbekannter Ursache erleichtert.

WHO berief Notfallausschuss ein

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bisher keine Reisewarnung für Touristen und Touristinnen ausgesprochen, auch die österreichischen Behörden sehen dafür bisher keine Notwendigkeit. „Österreich unterhält keine Direktflüge mit der betroffenen Region. Die Lage in China wird jedoch in Abstimmung mit den Verkehrsbehörden genau beobachtet“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Am Dienstag beruft die WHO ihren Notfallausschuss ein. Die Experten sollen am Mittwoch darüber beraten, ob eine Gesundheitsnotlage ausgerufen werden soll, wie die WHO am Montag berichtete. Diese unabhängigen Experten empfehlen auch Maßnahmen, die möglicherweise ergriffen werden sollten.

Rom führt Kontrollen ein

Italien führte bereits Kontrollen auf dem Flughafen in Rom ein. Es seien Maßnahmen ergriffen worden, um in Rom-Fiumicino mögliche Verdachtsfälle an Bord von Flugzeugen aus der Stadt Wuhan zu überprüfen, teilte das Gesundheitsministerium am Montag in Rom mit. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus in die Europäische Union eingeschleppt werde, sei „gering, aber nicht auszuschließen“.

Eine Sprecherin des größten deutschen Flughafens in Frankfurt sagte, es gebe dort momentan keine besonderen Maßnahmen. Der Flughafen sei aber mit dem Gesundheitsamt und den anderen europäischen und internationalen Flughäfen in Kontakt, da einheitlich vorgegangen werden solle.

Auch Australien hat begonnen, Passagiere, die aus China kommen, zu kontrollieren. Die Gesundheitsbehörde betonte zugleich, es werde schwer sein, einen Ausbruch der Krankheit auf dem Kontinent zu verhindern.