US-Flaggen vor dem Kapitol in Washington DC
Reuters/Yuri Gripas
Impeachment

Nervenzehrender Auftakt erwartet

Im US-Senat beginnt am Dienstag der inhaltliche Teil des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump. Bereits der Start könnte zum Kraftakt werden, dafür spricht eine Resolution der Republikaner: Sie sieht Eröffnungsplädoyers der Anklagevertreter und Verteidigung über 24 Stunden – verteilt auf zwei Tage – vor.

Der Senat kommt um 13.00 Uhr (Ortszeit/19.00 Uhr MEZ) zusammen. Dann müssen Verfahrensfragen geklärt werden. Eine vorbereitete Resolution des Senatsführers, des Republikaners Mitch McConnell, sieht die 24-Stunden-Plädoyers vor – verteilt auf zwei Tage. Damit könnte es zu zwölfstündigen Marathonsitzungen gleich in den ersten Tagen des Verfahrens kommen. Es wird erwartet, dass über die Resolution am Dienstag abgestimmt wird.

Wann der Senat eine Entscheidung im Amtsenthebungsverfahren trifft, ist völlig unklar. Abhängen wird es auch davon, ob neue Zeugen gehört werden oder nicht. Darüber streiten Republikaner und Demokraten seit Wochen. Die Demokraten pochen darauf, dass Zeugen geladen und Dokumente angefordert werden, die Trump be- oder entlasten könnten.

Abstimmung über Zeugen erst später im Prozess

Die Republikaner stellen die Forderung als Beweis dafür dar, dass sich die Demokraten ihrer Sache selbst nicht so sicher seien, wie sie stets behaupten. Für Unmut bei den Demokraten sorgt nun, dass eine Abstimmung darüber, ob Zeugen geladen oder Dokumente angefordert werden, erst später im Prozess stattfinden soll. Stimmt der Senat dafür, sollen beide Seiten Zeugen vorschlagen können, über die die Senatoren dann erneut abstimmen müssten. So sehen es zumindest die vorgeschlagenen Verfahrensregeln vor.

Ukraine-Intervention im Fokus

Die Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des US-Repräsentantenhauses vor. Trump habe seinen Eid verletzt, indem er versucht habe, sich bei der kommenden Präsidentschaftswahl einen Vorteil zu verschaffen und die nationale Sicherheit zu untergraben. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden von den Demokraten gedrängt haben, um im US-Wahlkampf einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen.

Von der Ankündigung solcher Ermittlungen habe Trump ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar (rund 360 Mio. Euro) für die Ukraine abhängig gemacht, so der Vorwurf. Für seine Schuld habe das Repräsentantenhaus „überwältigende Beweise“ angehäuft, erklärten die sieben Anklagevertreter des Repräsentantenhauses am Montag.

Trumps Verteidiger sagen, mit Blick auf die Ukraine habe er sich nichts zuschulden kommen lassen. „Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen“ seien das Einzige, worauf sich die Demokraten berufen könnten, um ihre „Fabel“ weiterspinnen zu können, dass Trump von der Ukraine eine Gegenleistung gefordert habe. Die Verteidiger erklärten praktisch die komplette Anklage für ungültig: Die Anklagepunkte seien nicht nur „dünn“ und unspezifisch, sondern auch verfassungswidrig.

Machtmissbrauch „reicht nicht aus“

Etwas als Machtmissbrauch zu bezeichnen „reicht nicht aus“, hieß es von Personen, die mit Trumps Rechtsteam zusammenarbeiten: „Es muss ein Verstoß gegen geltendes Recht vorliegen.“ Machtmissbrauch als Grund für ein Impeachment anzuführen würde die Präsidentschaft nachhaltig schwächen und der Gewaltenteilung Schaden zufügen. Als Gründe für ein Impeachment nennt die Verfassung „Hochverrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen“ – eine nähere Definition gibt es nicht.

Die Verteidiger drängen auf einen schnellen Prozess. „All das ist eine gefährliche Verdrehung der Verfassung, was der Senat schnell und eindeutig verurteilen sollte“, erklärten sie in einer ausführlichen Stellungnahme, in der die Argumente zur Verteidigung Trumps dargelegt wurden und die das Weiße Haus am Montag veröffentlichte. Die Demokraten pochen weiter darauf, dass neue Beweise herangezogen werden.

„Alptraum der Gründerväter“

Machtmissbrauch sei sehr wohl ein Vorwurf, der ein Amtsenthebungsverfahren rechtfertige, argumentierten unterdessen die Anklagevertreter und schreiben über den Präsidenten: „Er ist der schlimmste lebendig gewordene Alptraum unserer Gründerväter.“ Trump selbst sucht derzeit das globale Rampenlicht. Am Dienstag eröffnet er mit einer Rede offiziell die 50. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos in der Schweiz.

Dort kritisierte Trump das gegen ihn laufende Amtsenthebungsverfahren als „Scherz“. Es sei Teil einer „seit Jahren andauernden Hexenjagd“, sagte Trump. Er bezeichnete das Amtsenthebungsverfahren als „schändlich“. Auf die Frage von Journalisten, warum er nach Davos gereist und nicht in Washington sei, sagte Trump: „Wir treffen uns mit Weltpolitikern, den wichtigsten Menschen in der Welt, und wir bringen enorme Geschäfte mit nach Hause.“