Familie lädt ein E-Auto
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Mit E-Auto auf Urlaub

Der Weg ist das Ziel

Ein Sommerurlaub am Meer ist durch die jüngsten Öffnungen nun doch wieder möglich. Bei Österreichern und Österreicherinnen traditionell hoch im Kurs stehen Kroatien und Italien, sind diese Länder doch auch per Auto gut erreichbar, und man kann auf das Flugzeug verzichten. Aber sind Urlaubsorte im Süden auch mit einem E-Auto zu erreichen?

590 Kilometer sind es von Wien bis Jesolo in Italien. Nach 770 Kilometern erreicht man die kroatische Hafenstadt Split. „Eine Urlaubsreise mit dem E-Auto war auch schon vor zehn bis 15 Jahren möglich. Aber es ist heute ein bisschen weniger abenteuerlich geworden“, sagt Steffan Kerbl, Leiter der ÖAMTC-Testabteilung, im ORF.at-Interview. Die geringe Reichweite, die lange Ladedauer und fehlende Ladestationen waren häufig genannte Gründe für den E-Auto-Einsatz nur auf kürzeren Strecken.

Die Reichweite neuer E-Autos ist höher als jene der ersten Generationen. Auch die Ladedauer wurde geringer, und die Ladestationen wurden in ganz Europa ausgebaut. Aber eine Reise mit dem E-Auto bleibt eine Frage der Organisation und der Vorbereitung. Nicht nur die Kaffee- und Toilettenpause, auch die Besuche von Sehenswürdigkeiten werden nach der Verfügbarkeit von Ladestationen ausgewählt.

Ladestationen für Österreich-Urlauber

Je weiter in den Süden die Reise geht, desto spärlicher werden die Ladestationen, und desto genauer muss geplant werden. Relativ dicht ist das Ladestationennetz im Norden Italiens und Kroatiens. „Das richtet sich vor allem nach den österreichischen Urlaubern“, so Kerbl. Die Infrastruktur wachse mit der Nachfrage.

Ladestation für E-Autos
ORF.at/Christian Öser
Je weiter südlich, desto spärlicher sind Ladestationen zu finden

Österreich liegt beim Anteil der E-Auto-Inhaber europaweit im oberen Spitzenfeld. Über 32.000 E-Autos (Stand: April 2020) sind in Österreich inzwischen angemeldet, 2016 waren es noch rund 20.000 weniger. Im vergangenen Jahr kamen 9.242 E-Auto-Zulassungen dazu. Ihr Anteil am Gesamtmarkt liegt inzwischen bei knapp drei Prozent.

Autobahnen mäßig ausgestattet

In Österreich gibt es laut Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) derzeit 5.000 öffentliche zugängliche Ladepunkte mehrerer Anbieter. Mäßig ist bisher die Ausstattung entlang der Autobahnen. Bisher sind 28 von 87 Raststationen mit Stromtankstellen ausgestattet. Im Lauf des Jahres möchte der staatliche Autobahnbetreiber ASFINAG drei weitere einrichten.

Die Zahl der Ladestationen wurde in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut. Offen ist, wie dieser Ausbau fortgeführt wird. Kerbl: „Heute ist die Euphorie sehr groß, und viele Energieanbieter nehmen Geld in die Hand. Irgendwann stellt sich die Frage, ob hier auch Geld zurückfließt?“

Preisfrage bleibt

Schwierig ist die Frage nach den Tankkosten zu beantworten. Eine Akkuladung könne sich zwischen fünf und 35 Euro bewegen, sagte Kerbl. Es gebe keine einheitliche Preisgestaltungslinie der Energieanbieter. Kerbl: „Einige verrechnen nach Zeit, andere nach verbrauchter Energie.“ Je mehr Ladeleistung zur Verfügung steht, desto höher ist auch der Zeittarif. Andere haben Pauschaltarife. Strom als Antriebsquelle ist aber nach wie vor günstiger als Benzin und Diesel, man muss sich aber auch mit anderen Tarifstrukturen auseinandersetzen.

Wie früher im Mobilfunkbereich gibt es für das Stromtanken über die Grenze Roamingabkommen. Trotz Abkommen heimischer Energieanbieter mit Partnern im Ausland lässt es sich bisher in vielen Fällen nicht vermeiden, dass man Karten mehrerer Anbieter mitführen muss – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Auch über eine allfällig notwendige Registrierung bei den Ladestellen muss man sich im Vorfeld informieren. Es werde daran gearbeitet, dieses System einheitlich zu gestalten, so Kerbl. Der Trend gehe hin zu Bezahlung per Kreditkarte und Handy.

Mit einer eigenen App lässt sich herausfinden, ob eine Ladestation etwas kostet und wie viel. Derzeit deckt dieser Ladetarifrechner Österreich, Deutschland, Frankreich, die Benelux-Staaten, Slowenien und Kroatien ab. Italien soll folgen.

Tesla vs. Kia

Ein mit Daten der Website A better Routeplanner produzierter grafischer Vergleich zeigt: Machbar ist eine Fahrt von Wien nach Split sowohl mit dem Luxus-E-Auto Tesla Model 3 (ab 49.480 Euro) als auch mit dem Kia e-Niro (ab 37.990 Euro).

Die Strecke mit dem Tesla-Modell. Durch Zoomen lassen sich Details der Route herauslesen.

Die Unterschiede zeigen sich vor allem bei der Dauer der Ladetätigkeit. Der Model 3 mit fünf kürzeren Stopps von fünf bis 16 Minuten hat eine gesamte Reisezeit von achteinhalb Stunden – davon insgesamt eine Stunde Ladezeit.

Die Strecke mit dem Kia e-Niro. Durch Zoomen lassen sich Details der Route herauslesen.

Als Gegenstück brauchte der beim Kauf günstigere e-Niro, wie der Tesla bei einem angenommenen Akkuladestand von 90 Prozent gestartet, schon nach der ersten Etappe von 190 Kilometern eine Ladezeit von 35 Minuten. Insgesamt muss der e-Niro zwei Stunden und 20 Minuten auf der Strecke geladen werden – was die Reisezeit auf neuneinhalb Stunden erhöht.

Pausen alle 300 bis 400 Kilometer

Auch bei den neueren E-Autos sind nach wie vor nicht alle geeignet, um längere Urlaubsreisen zu machen. Wichtige Kriterien sind die Reichweite, das mögliche zusätzliche Ladegewicht und die Ladekapazitäten. Der ÖAMTC warnt etwa vor Angaben bei der Reichweite mit „bis zu“. Das sollte man in der Praxis vor dem Kauf testen. Zusätzlich einplanen in den Akkuverbrauch muss man die Heizung im Winter und – etwas weniger stark im Verbrauch – die Klimaanlage im Sommer.

Abseits des E-Auto-Pioniers Tesla schaffen inzwischen auch andere E-Auto-Modelle der jüngeren Generation tatsächlich rund 400 Kilometer bis zur nächsten Ladung. Entsprechend länger dauert es aber auch, bis die Akkus wieder vollständig aufgeladen sind. Im Schnitt müsse man zumindest alle 300 bis 400 Kilometer eine Pause von 30 bis 40 Minuten einplanen, so Kerbl. Bei Schnellladungen wird der Akku nur bis zu 80 Prozent aufgeladen, um diesen zu schonen. Danach wird langsamer geladen.

Frage des Gewichts

Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl eines E-Autos für den Urlaub ist das zulässige Zusatzgewicht, da die Fahrzeuge aufgrund des Akkus meist schon ein sehr hohes Eigengewicht haben. Es sei etwa eine mögliche Höchstzuladung von 350 Kilogramm keine Seltenheit, so Kerbl: „Wenn man mit vier Passagieren unterwegs ist, geht sich nicht mehr viel Gepäck aus.“ Auch Anhänger seien bei E-Autos eine „Illusion“.

Stecker für E-Autos
Reuters/David W Cerny
Der Typ2-Stecker setzt sich für das Laden von E-Autos zunehmend durch

Geringer wird das Steckerproblem. Weitgehend durchgesetzt hat sich das in der EU als Standardsteckverbindung festgelegte Combined Charging System (CCS) mit den Steckerarten Typ2 und Combo2 für die Schnellladefunktion. „Gegenspieler“ dieser Steckertypen ist das bisher vor allem von japanischen Herstellern bevorzugte Ladesystem CHAdeMO (CHarge DE MOve). Tesla hat einen eigenen Supercharger-Anschluss geschaffen. Die Fahrzeuge lassen sich aber auch bei anderen Ladestationen laden.

Achten sollte man allerdings auf die Ladekapazitäten des E-Autos. Ein Typ2-Stecker unterstütze theoretisch bis zu 43 kW Ladeleistung, so Kerbl. Einige Ladestationen bringen bereits eine Leistung von 22 kW. Kerbl: „Das kann aber nicht jedes Auto.“ Manche E-Autos schaffen nur 3,5 kW. Das sei nicht viel besser als die Ladung über eine gewöhnliche Haushaltssteckdose.

Regierung will E-Auto-Förderung erhöhen

Erst am Montag kündigte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) eine „Offensive für E-Mobilität“ an. Ab dem 1. Juli bekommt man für den Kauf eines Pkw mit Elektroantrieb nun 5.000 Euro an Förderung. Zuvor waren es 3.000 Euro. Neben Pkws sollen auch Zweiradfahrzeuge und der Ausbau der privaten Ladestationen stärker gefördert werden. So gibt es für E-Motorräder im Zukunft 1.200 statt 1.000 und für Elektromopeds 800 statt 700 Euro. Für Heimladestationen soll es außerdem in Zukunft 600 statt bisher 200 Euro geben. Der Umfang der E-Mobilitätsförderung betrage für die Jahre 2019/2020 insgesamt 93 Mio. Euro.