Bioregeln: Bauernvertreter hoffen auf neuen EU-Kommissar

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat bei seinem Besuch in Österreich lobende Worte für die heimische Biolandwirtschaft gefunden. Andere EU-Staaten könnten von der „österreichischen Erfahrung“ lernen, sagte er heute bei einer Agrar-Tagung in Wien. Für aktuelle Probleme bei der Umsetzung der Bio-Verordnung werde man „Lösungen finden“. Heimische Bauernvertreter zeigten sich erleichtert.

Nach einer Prüfung durch die EU-Kommission und wegen der EU-Bio-Verordnung müssen zahlreiche Ausnahmen bei der Weidehaltung in Österreich gestrichen werden. Laut dem Landwirtschaftsministerium stellt das für „mehrere hundert Betriebe eine große Herausforderung dar“, und es droht der Verlust des Biostatus. Das Ministerium sucht nun mit dem Branchenverband Bio Austria und der Landwirtschaftskammer Österreich „nach entsprechenden betrieblichen Lösungen“.

Zugang zur Weide als Voraussetzung

Ab heuer muss jeder heimische Biobetrieb, der Rinder, Schafe, Ziegen oder Pferde hält, diesen Tieren Zugang zur Weide ermöglichen. Die Überquerung von Straßen und Bahnübergängen oder Entfernungen zu Wiesen von mehr als 200 Metern reichten bis vergangenes Jahr noch aus, um eine Ausnahme von der Weidepflicht in Anspruch nehmen zu können.

Agrarvertreter hatten den betroffenen Bauern und Bäuerinnen empfohlen, in das Agrarumweltprogramm „Tierschutzweide“ einzusteigen. Mehr als tausend Biobauern haben sich bis Mitte Dezember neu für die Weide-Fördermaßnahme angemeldet. Zuletzt erhielten rund 16.000 Biolandwirte eine finanzielle Förderung für die Weidehaltung.

„Umwelt hat wenig davon“

„Die Umwelt hat wenig davon, wenn Hunderte Biobetriebe aufhören müssen. Daher werden wir gemeinsam mit der EU-Kommission an praxistauglichen Lösungen arbeiten“, sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gestern beim Besuch eines Biobauernhofes gemeinsam mit dem EU-Kommissar. Österreich gilt weltweit als Biomusterland. Der Anteil der Bioflächen an der landwirtschaftlich genutzten Fläche beträgt derzeit rund ein Viertel. Insgesamt gibt es hierzulande rund 24.000 Biobauern.

Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, verwies anlässlich des Betriebsbesuches auf die kleinstrukturierte Landwirtschaft. Die Betriebsflächen seien oftmals nicht rund um den Hof, sondern in geschlossenen Siedlungen puzzleartig rund um das Dorf verteilt, so Moosbrugger. Man sei „daher weiterhin für nationale Spielräume, die auch Lösungen für die einzelnen Bauernfamilien und ihre Betriebe ermöglichen“.

Beratung statt Ausstieg

Der Branchenverband Bio Austria empfiehlt derzeit betroffenen Biobauern, sich beraten zu lassen und nicht vorschnell aus dem Bioprogramm auszusteigen. „Für die Ausarbeitung eines Weideplans haben die Betriebe bis Ende Juni 2020 Zeit, erst dann wird klar sein, ob und wie viele Betriebe die Vorgaben nicht einhalten können“, sagte die Bio-Austria-Obfrau Gertraud Grabmann am Rande der Wintertagung des Ökosozialen Forums zur APA. Für 2021 sei „aufgrund des Inkrafttretens der neuen EU-Bio-Verordnung allerdings noch alles offen“.

Die Bio-Vertreterin fordert, dass „individuelle betriebliche Gegebenheiten bei gesetzlichen Regelungen berücksichtigt werden müssen“. Grabmann hofft auf eine Lösung durch den neuen EU-Agrarkommissar: „Ich habe den Eindruck, dass Kommissar Wojciechowski die Herausforderungen sieht und es ihm ein Anliegen ist, diese schwierige Situation zu lösen.“