Isabel Dos Santos
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Reichste Frau Afrikas

Dos Santos wegen Betrugs angeklagt

Isabel dos Santos, die erste Milliardärin Afrikas und Tochter des früheren angolanischen Präsidenten Jose Eduardo dos Santos, ist nun offiziell wegen Betrugs angeklagt worden. Ihr werden Geldwäsche und Misswirtschaft als Verwalterin der staatlichen Ölfirma Sonangol vorgeworfen. Das teilte Angolas Generalstaatsanwalt am späten Mittwochabend in der Hauptstadt Luanda mit.

„Isabel dos Santos wird der Misswirtschaft und der Veruntreuung von Geldern während ihrer Anstellung bei Sonangol beschuldigt und wird daher in erster Linie wegen der Verbrechen der Geldwäsche, der Einflussnahme auf den Handel, der Misswirtschaft (…) und anderer Wirtschaftsverbrechen angeklagt“, sagte Generalstaatsanwalt Helder Pitta Gros bei einer Pressekonferenz.

Die Ermittlungen gegen dos Santos’ 18-monatige Anstellung im Vorstand von Sonangol wurden eingeleitet, nachdem ihr Nachfolger Carlos Saturnino wegen „irregulärer Geldtransfers“ und anderer fragwürdiger Verfahren Alarm geschlagen hatte. Auch weitere Personen, denen vorgeworfen wird, in die Affäre verwickelt zu sein, wurden angeklagt, berichtete die BBC am Donnerstag. Internationale Haftbefehle würden erlassen, wenn sie sich nicht selbst den Behörden stellen – sämtliche nun Angeklagten befinden sich im Ausland. „Im Moment geht es darum, sie zu benachrichtigen und dazu zu bringen, freiwillig vor Gericht zu erscheinen“, sagte Gros.

„Luanda Leaks“ erhöhten Druck auf dos Santos

Die Causa um die reichste Frau Afrikas hatte diese Woche Fahrt aufgenommen: Ein Recherchenetzwerk warf ihr unter dem Stichwort „Luanda Leaks“ vor, ihr Heimatland „geplündert“ zu haben. Die Tochter von Ex-Präsident dos Santos soll ihr Zwei-Milliarden-Dollar-Vermögen durch Ausbeutung ihres Landes und Korruption aufgehabt haben, wie Recherchen des Internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten (ICIJ) ergaben. Dos Santos weist sämtliche Vorwürfe zurück.

Internationale Medien sind seit Veröffentlichung der „Luanda Leaks“ – Luanda ist die Hauptstadt des südwestafrikanischen Landes – damit beschäftigt, den Mythos von der „Selfmade-Milliardärin“, die es ganz alleine zu einem riesigen Vermögen gebracht habe, zu durchleuchten. Sie sei Milliardärin dank ihrer Beziehungen bzw. des Einflusses ihres Vaters, sie habe ihr Heimatland ausgepresst, schrieb die BBC schon davor. Die „New York Times“ erörterte am Montag, wie ihr große US-Unternehmen dabei geholfen haben sollen.

Soll undurchsichtiges Netzwerk aufgebaut haben

Sie habe sich die Geschichte, „die die Welt glauben wollte“, ausgedacht, schrieb das ICIJ: jene von der „Selfmade-Milliardärin“, die es in einer männerdominierten Geschäftswelt in einem afrikanischen, von jahrelangem Bürgerkrieg und Armut geplagten Land ganz nach oben geschafft habe. Die Realität sehe anders aus: Dos Santos habe skrupellose Geschäfte, die sie reich und ihr Land arm gemacht hätten, betrieben.

Eingang zur Zentrale von Sonangol in Luanda
APA/AFP/Rodger Bosch
Die Korruptionsermittlungen drehen sich um die staatliche Erdölgesellschaft Sonangol

Sie habe zudem ein undurchsichtiges Netzwerk von rund 400 Unternehmen und Subunternehmen in 41 Ländern, die irgendwie mit ihr oder ihrem Ehemann Sindika Dokolo verbunden sind, aufgebaut, fast ein Viertel davon in Steueroasen. Nicht zuletzt habe ihr ein „Kader westlicher Berater“ dabei geholfen, Geld zu verschieben und an der Steuer vorbeizuschleusen, subsumierte das internationale Recherchenetzwerk. Schon im Dezember wurden Ermittlungen wegen ihrer Zeit bei Sonangol publik.

Dos Santos und ihr 49-jähriger Ehemann sollen über die Jahre und während der Präsidentschaft ihres Vaters staatliche Unternehmenswerte in „suspekten“ Deals erworben haben, zitierte die BBC aus den Recherchepapieren. Auf Twitter werte sie sich gegen die Vorwürfe: Sie sprach von einer „politischen Agenda“ gegen sie, von gefälschten Dokumenten und falschen Interpretationen. Zu einem Video schrieb sie: „Das ist, was ich tue! Ich baue Firmen und Unternehmen auf, investiere, schaffe Jobs.“

Zweitgrößter Erdölproduzent Afrikas

Angola ist nach Nigeria der zweitgrößte Erdölproduzent Afrikas, außerdem gibt es Diamantenminen und andere Bodenschätze, unter anderem Uran. Trotzdem liegt das Land auf dem Entwicklungsindex der UNO auf Platz 149 von 189 und ist eines der ärmsten der Welt. Zwischen 1975 und 2002 tobte in Angola – mit Unterbrechungen – ein Bürgerkrieg. Darin verstrickt waren unter anderem die USA, die damalige Sowjetunion, das seinerzeitige Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) und Kuba. Vor der Unabhängigkeitserklärung 1975 war Portugal Kolonialmacht.

Dos Santos wurde in Baku in Aserbeidschan, damals noch eine Sowjetrepublik, geboren, wo ihre Eltern studiert hatten. Nach deren Trennung zog sie mit ihrer Mutter Tatiana Kukanova nach London und studierte dort Technik am renommierten King’s College. Mit 24 Jahren stieg sie ins Geschäftsleben ein, mit einem Restaurant namens Miami Beach in Luanda. 2017, als sich ihr Vater als Präsident zurückzog, verließ dos Santos Angola.

Banker tot aufgefunden

Am Donnerstag berichtete die BBC, dass ein Banker der Ölfirma Sonangol tot aufgefunden wurde. Nuno Ribeiro da Cunha war in Lissabon Vorstand der Bank EuroBic, an der dos Santos einen Anteil von 42,5 Prozent hält. Er führte auch das Konto von dos Santos. Der Mann wurde ebenfalls als Verdächtiger genannt, schreibt die Nachrichtenagentur AP. Die Todesursache wurde noch nicht offiziell bestätigt.

Das EuroBic-Konto von dos Santos wurde im November 2017 unter dubiosen Umständen leergeräumt, kurz nach ihrer Absetzung bei Sonangol. Nach Medienberichten wurden damals innerhalb weniger Stunden insgesamt rund 52 Millionen Euro auf ein Offshore-Konto überwiesen.