Zugpassagiere werden auf Fieber untersucht
APA/AFP
Coronavirus

Laut Experten bereits Tausende infiziert

Die Zahl der mit dem neuen Coronavirus Infizierten ist aktuellen Berechnungen zufolge wohl rund zehnmal so hoch wie die Zahl der bestätigten Fälle. Experten des Imperial College London gehen davon aus, dass bis zum 18. Jänner bei etwa 4.000 Menschen in der chinesischen Metropole Wuhan Symptome aufgetreten sind.

Nach offiziellen Angaben der chinesischen Gesundheitsbehörde wurde das Virus bis Freitag bei 629 Menschen nachgewiesen. Die von britischen Experten vermutete weit höhere Zahl an Infizierten beruht auf einem Rechenmodell, in dem die im Ausland festgestellten Infektionen mit der Zahl der Flugreisenden, der Bevölkerung und der angenommenen Inkubationszeit verknüpft wurden.

Die Forscher des Imperial College gehen von einer Inkubationszeit von fünf, sechs Tagen aus. Dabei handelt es sich um eine Schätzung auf Grundlage von Erfahrungen mit ähnlichen Krankheiten. Zwischen dem Ausbruch der Krankheit und der Diagnose würden aber wohl häufig weitere vier, fünf Tage vergehen, heißt es in dem Bericht.

Von Schlangen übertragen?

Es wird vermutet, dass das neuartige Virus von einem Tiermarkt in Wuhan kommt. Auf der Suche nach dem ursprünglichen Wirt wurden nach Fledermäusen am Donnerstag auch Schlangen genannt. Eine umfassende Analyse der Gensequenz des Virus 2019-nCoV und ihr Vergleich mit anderen Viren habe ergeben, dass Schlangen die wahrscheinlichsten Träger des Virus in freier Wildbahn sind, heißt es in einer Studie, die am Mittwoch im Fachblatt „Journal of Medical Virology“ veröffentlicht wurde.

Dieses Ergebnis müsse aber durch weitere experimentelle Studien überprüft werden, führten die Autoren aus. Bereits am Dienstag erschien im Fachmagazin „Science China Life Sciences“ eine Studie, die nach Ähnlichkeiten des neuen Virus mit anderen Erregern suchte. Laut dieser Studie besteht eine enge Beziehung zwischen dem in Wuhan auftretenden Erreger und einem in Fledermäusen auftretenden Virus.

„Es wäre die logische und naheliegendste Schlussfolgerung, dass Fledermäuse der natürlich Wirt des Wuhan-CoV sind, auch wenn es wahrscheinlich ist, dass es einen oder mehrere Zwischenwirte bei der Übertragungskaskade von Fledermäusen zu Menschen gab“, schrieben die Autoren, die an verschiedenen Forschungsinstituten in China arbeiten. Möglicherweise stammt es ursprünglich von Fledermäusen und ist von diesen Säugetieren auf den Menschen „übergesprungen“, hieß es zuletzt auch von Virologinnen und Virologen der MedUni Wien.

Markt in Wuhan als Ausgangspunkt

Die beiden Untersuchungen könnten den chinesischen Behörden bei der Suche nach dem Ursprung des neuartigen Coronavirus helfen. Als Ausgangspunkt gilt ein Tiermarkt in Wuhan, auf dem außer Meeresfrüchten auch Wildtiere wie Füchse, Krokodile, Schlangen und Pfauen verkauft werden.

Die durch das Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit, von der vor allem Menschen in der chinesischen Millionenmetropole betroffen sind, hat nach bisherigen Erkenntnissen 17 Menschenleben gefordert.

Eine Grafik zeigt Länder mit Corona-Virus-Erkrankungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Mehr Daten „dringend erforderlich“

In Europa gab es bis Mittwoch keine Nachweise. Die EU-Präventionsbehörde ECDC sprach von einem moderaten Risiko, dass der Erreger in die Europäische Union eingeschleppt wird. Noch sei unklar, wie schwerwiegend und wie tödlich die Krankheit sei, meinte ECDC-Direktorin Andrea Ammon. „Mehr epidemiologische Daten sind dringend erforderlich, um ein besseres Verständnis des Virus zu gewinnen.“

Österreichs Gesundheitsbehörden seien „mit den relevanten Gremien im Rahmen der WHO- und der EU-Mitgliedschaft ausgezeichnet vernetzt und in permanenter Abstimmung“, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung des Gesundheitsministeriums. „Derzeit ist absolut kein Grund zur Aufregung, aber es braucht größte Aufmerksamkeit und internationale Abstimmung. Das wird durch die österreichischen Gesundheitsbehörden in allen Bereichen gut sichergestellt“, so Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).