Mitarbeiter mit Desinfektionsmittel in chinesischem Bahnhof
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Nach Wuhan

Weitere Metropolen in China abgeschottet

Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in China ist die rund zehn Millionen Einwohner zählende Stadt Wuhan seit Donnerstag von der Außenwelt weitgehend abgeschottet. Nun wird auch die nur 70 Kilometer östlich gelegene Metropole Huanggang isoliert. Auch hier werden im Laufe des Tages der Bahnverkehr und andere öffentliche Verkehrsverbindungen eingestellt.

Außerdem würden alle Kinos, Internetcafes und der zentrale Markt der Stadt geschlossen. Die Maßnahmen treten um Mitternacht (Ortszeit, 17.00 Uhr MEZ) in Kraft, wie die Verwaltung der 7,5-Millionen-Einwohner-Stadt am Donnerstag mitteilte. Ähnliche Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus gibt es zudem im nahe gelegenen Ezhou. Agenturberichten zufolge wurde am Donnerstag der Hauptbahnhof der 1,1 Millionen Menschen zählenden Stadt geschlossen.

Zählt man Wuhan dazu, gelten die im Kampf gegen das Coronavirus von den Behören verhängten Beschränkungen für fast 20 Millionen Menschen. „Das ist einmalig in der neueren Geschichte“, sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. Auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist nach Angaben eines Sprechers kein vergleichbarer Fall bekannt.

Peking sagt Neujahrsfeiern ab

In dieser Form ist eine solche Maßnahme laut Schmidt-Chanasit wahrscheinlich nur in China umsetzbar. Über die Abriegelung der Stadt sei ohne Rücksprache mit der WHO entschieden worden, hieß es von der Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Die Aktion sei zu begrüßen, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Massenansammlungen seien ein Risikofaktor für die Verbreitung. Er stellte klarere Reisehinweise zum Ende der Beratungen des Notfallausschusses am Donnerstagabend in Aussicht.

Eine internationale Notlage wurde von der WHO am Donnerstag angesichts der rasanten Ausbreitung aber nicht ausgerufen. Ein Expertenrat, der die WHO berät, sah dafür keinen Anlass. Es sei „noch etwas zu früh“ dafür, sagte der Vorsitzende des Komitees.

In Peking wurden am Donnerstag die Großveranstaltungen zur Feier des chinesischen Neujahrsfests am Wochenende abgesagt. Auch einige touristische Attraktionen würden nach Angaben der Stadtverwaltung geschlossen. Die städtische Tourismusbehörde teilte mit, dass damit „die Ansammlungen von Menschen verringert werden sollen“. Die Anweisung gilt ab sofort und betrifft auch die traditionellen Jahrmärkte in den Tempeln der Hauptstadt, die normalerweise während der zwei Wochen dauernden Neujahrsfeierlichkeiten stattfinden.

Auch Macao streicht Veranstaltungen

Seit Donnerstag sind diese auch in Macao gestrichen. Das teilte das Tourismusbüro der chinesischen Sonderverwaltungszone mit, nachdem dort ein zweiter Krankheitsfall bestätigt wurde. Den Angaben zufolge seien sämtliche von der Behörde zwischen 25. Jänner und 8. Februar geplanten Neujahrsaktivitäten und -veranstaltungen betroffen.

Während der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten machen sich traditionell Hunderte Millionen Chinesen auf den Weg, um Verwandte und Freunde zu besuchen. Aus Angst vor einer Epidemie wollen die Behörden die Reisetätigkeit einschränken. So können sich Chinesen ab Freitag Bahntickets landesweit komplett zurückerstatten lassen. Das teilte die staatliche Eisenbahngesellschaft China State Railway Group mit.

Schutzmaskenpflicht in Wuhan

Wegen der drastischen Maßnahmen, mit denen die Behörden eine weitere Ausbreitung der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit verhindern wollen, werden Metropolen zu einer Art Sperrzone. In Wuhan wurden nicht nur Flüge, Züge, Fähren, Fernbusse und der Nahverkehr gestoppt, auch die Ausfallstraßen wurden am Donnerstag nach und nach gesperrt. Zudem sollen in der Öffentlichkeit Schutzmasken getragen werden. Wer in Hotels, Restaurants, Einkaufszentren und Parks keine Schutzmaske trage, werde bestraft, berichtete die Zeitung „China Daily“.

Staatliche chinesische Medien berichteten, dass die Autobahnmautstellen in der Nähe von Wuhan geschlossen würden, wodurch die Straßenausfahrten abgeschnitten seien. Eine Einwohnerin der zentralchinesischen Stadt sagte, sie könne Wuhan nicht verlassen, weil Wachposten die Zufahrt zur Autobahn blockierten. Menschen drängten sich in Krankenhäusern für Untersuchungen, räumten die Regale der Supermärkte leer, und an den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen.

Wuhan von Außenwelt abgeschottet

Die meisten mit dem neuartigen Coronavirus Infizierten gibt es bisher in Wuhan. Die über zehn Millionen Einwohner zählende Metropole ist seit Donnerstag weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.

Wuhan bezeichnet sich als größtes Logistik- und Frachtverteilungszentrum im Landesinneren Chinas. Ein „flexibles, multimodales Transportsystem“ mit Schnellstraßen, Hochgeschwindigkeitszügen und dem Wassertransport auf dem Jangtse-Fluss mache die Stadt zum Knotenpunkt. Obwohl fast 1.000 Kilometer vom Meer entfernt, ist Wuhan auch für Hochseeschiffe erreichbar.

Abgesperrter Bahnhof in Wuhan
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Der von Polizisten abgeriegelte Hankou-Bahnhof in Wuhan

Kein Verdachtsfall bei Flug aus Wuhan in Rom

In Rom wurden am Donnerstag 202 Flugpassagiere und Besatzungsmitglieder, die aus Wuhan kamen, nach Angaben eines Flughafensprechers auf Anzeichen einer Infektion mit dem Coronavirus überprüft. Sie seien an Bord einer Maschine der China Southern Airlines in die italienische Hauptstadt gekommen. Es sei das erste Mal, dass eine derartige Überprüfung vorgenommen werde, seit die italienischen Gesundheitsbehörden diese Woche Sonderkontrollmaßnahmen anordneten, um eine Übertragung des Virus zu verhindern. Informationen über mögliche Verdachtsfälle lagen zunächst nicht vor.

Passagiere am Flughafen Rom
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Einer der letzten von Wuhan kommenden Flüge erreichte am Donnerstag Rom. Alle Insassen wurden auf Symptome untersucht.

Im Gegensatz zum Ausbruch des SARS-Virus, das in China seinen Ursprung hatte und in den Jahren 2002 und 2003 fast 800 Menschen tötete, veröffentlicht die chinesische Regierung regelmäßig neue Zwischenstände, um Panik in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Die stellvertretende chinesische Ministerpräsidentin Sun Chunlan sagte staatlichen Medien zufolge während eines Besuchs in Wuhan, dass die Behörden offen im Umgang mit dem Virus und mit dessen Bekämpfung sein müssten.