Sicherheits-Personal kontrolliert die Körpertemperatur von Reisenden an einem Bahnhof in Beijing.
Reuters/Koki Kataoka
Schnelle Verbreitung

Xi sieht „ernste Lage“ durch Coronavirus

In China werden die Maßnahmen gegen die Verbreitung des neuartigen Coronavirus permanent verschärft. Bei einem Krisentreffen der chinesischen Führung in Peking sprach Präsident Xi Jinping von einer „ernsten Lage“. Die USA, Russland und Frankreich wollen Landsleute nun aus Wuhan herausbringen.

Xi sprach am Samstag auf dem Krisentreffen von einer ernsten Herausforderung, so die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. „Es ist unsere Verantwortung, sie einzudämmen und zu kontrollieren.“ Alle Ebenen von Partei und Regierung müssten dem Kampf gegen das Coronavirus höchste Priorität einräumen. Seine Verbreitung habe sich beschleunigt. Die Partei habe eine führende Arbeitsgruppe auf höchster Parteiebene eingerichtet, um das Vorgehen zu lenken. Teams würden in die schwer betroffene Provinz Hubei im Herzen Chinas entsandt, um dort die Arbeit zu steuern.

Die Teilnehmer des Treffens hätten die lokalen Funktionäre aufgefordert, „noch energischere Maßnahmen“ zu ergreifen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern und die Erkrankten zur Behandlung in „zentralisierte Quarantäne“ zu bringen. Sie unterstrichen laut Xinhua auch, dass Informationen über die Krankheit „zeitgemäß, korrekt und transparent“ veröffentlicht werden sollten, um Sorgen im In- und Ausland zu begegnen.

Vertuschungsvorwürfe aufgekommen

Zuvor waren Vertuschungsvorwürfe gegen die KP aufgetaucht. Das chinesische Staatsfernsehen berichtete am Samstag über mittlerweile 42 Todesopfer und rund 1.370 Infizierte in der Volksrepublik – rund ein Drittel mehr als noch am Vortag. Ärzte in Wuhan äußerten den Verdacht, dass sich dort schon wesentlich mehr Menschen angesteckt haben dürften als offiziell angegeben. Auch sei offenkundig weitaus mehr Krankenhauspersonal betroffen als jene 15 Beschäftigten, von denen bisher offiziell die Rede sei. „Es lassen sich infizierte Krankenhausmitarbeiter in fast allen größeren Krankenhäusern in Wuhan finden“, sagte ein Arzt der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“.

Coronavirus: Infizierte in Frankreich

Das Coronavirus hat erstmals Europa erreicht. In China ist die Zahl der Todesfälle durch das Virus auf 41 gestiegen.

Wohl auch um den Vorwürfen zu begegnen, ist für Sonntag eine Pressekonferenz vom Informationsbüro des Staatsrats geplant. Dabei soll die Vorsitzende der Staatlichen Kommission für Gesundheitswesen, Li Bin, Fragen beantworten.

„Virusnotstand“ in Hongkong

In China wurden die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft. Von Montag an werden sämtliche Gruppenreisen chinesischer Reiseagenturen ins Ausland ausgesetzt, berichtete der Staatssender CCTV am Samstag. Gruppenreisen im Inland dürfen demnach ab kommendem Freitag nicht mehr stattfinden. Peking stoppte aus Angst vor einer Einschleppung den Busverkehr mit den Provinzen. In der Hauptstadt gibt es rund 30 bestätigte Fälle.

Hongkong stoppte sämtliche Flug- und Schnellzugsverbindungen von und nach Wuhan, wie Regierungschefin Carrie Lam sagte. Sie verhängte einen „Virusnotstand“, mit dem die Ausbreitung des Erregers in der Finanzmetropole eingedämmt werden soll. So bleiben Hongkonger Schulen bis zum 17. Februar und damit länger als bis zum Ende der Ferien anlässlich des chinesischen Neujahrsfestes geschlossen. Sämtliche öffentlichen Neujahrsfeiern in der chinesischen Sonderverwaltungszone werden abgesagt, ebenso wie offizielle Besuche von Hongkonger Politikern in der Volksrepublik. In Hongkong sind fünf Corona-Fälle bestätigt. Bei 122 Patienten besteht der Verdacht, dass sie mit dem Virus infiziert sind.

Wuhan abgeschottet

Die Stadtverwaltung von Wuhan, dem vermuteten Ursprungsort des neuen Virus, erließ ein Fahrverbot. Ab Sonntag dürften keine Autos mehr ins Zentrum der Metropole fahren, berichtet die Zeitung „People’s Daily“. Ausnahmen gelten demnach nur für unverzichtbare Fahrten. Den Gesundheitseinrichtungen in Wuhan drohen inzwischen wegen der Abschottung medizinische Hilfsmittel auszugehen. In der Hauptstadt der Provinz Hubei seien die Vorräte an solchen Produkten sehr knapp, sagte ein Behördenvertreter. In- und ausländische Hersteller von Atemmasken und Schutzanzügen werden um weitere Lieferungen gebeten.

Eine Grafik zeigt Länder mit Corona-Virus-Erkrankungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Gleichzeitig wird in Wuhan eine zweite Sonderklinik für Patienten mit dem Coronavirus gebaut. Wie „People’s Daily“ meldete, soll das Krankenhaus mit 1.300 Betten innerhalb eines halben Monats fertiggestellt sein. Die Bauarbeiten an der ersten Sonderklinik haben bereits begonnen. Es soll am 3. Februar fertig sein.

Ausländer werden herausgeholt

Russland, die USA und Frankreich bemühten sich indes, Landsleute aus Wuhan herauszubringen. Moskau spreche mit den chinesischen Behörden über die Möglichkeit, zitierte die Nachrichtenagentur RIA den Presseattache der russischen Botschaft in China. Es seien keine Fälle einer Infektion bei Russen bekannt. Auch Frankreich will seine Bürger aus Wuhan in Sicherheit bringen. Das Generalkonsulat werde in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden eine Busverbindung nach Changsha anbieten, zitierte die „South China Morning Post“ aus einer E-Mail des französischen Konsulats. Die Busse stünden Franzosen und ihren chinesischen sowie ausländischen Ehepartnern sowie ihren Kindern zur Verfügung.

Die USA wollen ihre Bürger und Diplomaten einem Zeitungsbericht zufolge mit einem Charterflug für 230 Personen am Sonntag aus Wuhan bringen. Das berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider. Das chinesische Außenministerium habe dem Vorhaben nach tagelangen Verhandlungen zugestimmt. Das US-Konsulat in Wuhan solle vorübergehend geschlossen werden.

Fälle in Europa

Das Virus ist bereits in Europa angekommen. Drei Patienten befanden sich in Frankreich unter Quarantäne im Krankenhaus, wie das französische Gesundheitsministerium mitteilte. Sie sind Ärzten zufolge aber offenbar nicht schwer erkrankt. Ein Fall trat in Bordeaux auf, die anderen beiden Lungenerkrankungen wurden in Paris diagnostiziert. Alle Patienten hätten sich zuvor in China aufgehalten, hieß es. Auch in Australien wurde ein Fall bestätigt. Eine Person aus China sei in einem Vorort von Melbourne im Krankenhaus, teilten Behördenvertreter mit. Der Patient sei am 19. Jänner aus dem chinesischen Guangzhou eingereist.