US-Präsident Donald Trump
AP/Evan Vucci
Ukraine-Affäre

Neues Video belastet Trump

Mitten im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump gerät der US-Präsident durch ein offenbar verdeckt aufgenommenes Video weiter unter Druck. Laut „New York Times“ untermauert auch ein Dokument von Trumps Ex-Sicherheitsberater John Bolton die Vorwürfe gegen Trump. Dieser dementiert.

In dem am Samstag von Medien veröffentlichten Video von einem Abendessen mit Spendern im April 2018 ist Trump zu hören, wie er die Entlassung seiner damaligen Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, fordert. Ein Jahr später wurde Yovanovitch von ihrem Posten abberufen.

„Werdet sie los“, ist Trumps Stimme zu hören. „Schafft sie morgen raus.“ An dem Spendendinner in einem Hotel nahmen auch der ukrainischstämmige Geschäftsmann Lev Parnas und sein Partner Igor Fruman teil, wie die Aufnahmen zeigen. Die beiden, die seit Oktober der Verstöße gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung beschuldigt werden, spielen in der Ukraine-Affäre eine Schlüsselrolle.

Von den oppositionellen Demokraten bereits zuvor veröffentlichte Dokumente sollen nachweisen, dass Trumps persönlicher Anwalt Rudi Giuliani zusammen mit seinem Geschäftspartner Parnas Druck auf Kiew ausübte, Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsanwärter Joe Biden einzuleiten. Sie sollen gemeinsam mit ukrainischen Vertretern versucht haben, Yovanovitch aus ihrem Amt zu drängen.

Trump will Parnas und Fruman nicht kennen

Auf dem nun veröffentlichten Video schildert Parnas die US-Botschafterin als Hemmschuh, die den Präsidenten zudem in privaten Gesprächen verunglimpfe. Kurz darauf ist zu hören, wie Trump die Entlassung von Yovanovitch fordert: "Es ist mir egal. Schafft sie morgen raus. Schafft sie raus. Okay? Tut es.“ Das knapp eineinhalbstündige Video scheint verdeckt aufgenommen worden zu sein: Zu Beginn sind der Raum und einige Gäste aus der Froschperspektive zu sehen, dann sind nur noch Stimmen vor braunem Hintergrund zu hören – als wäre die Kamera verborgen.

Die ehemalige US-Botschafterin der Ukraine, Marie Yovanovitch
AP/Andrew Harnik
Yovanovitch gilt als wichtige Figur in der Ukraine-Affäre

Das Video wurde von Parnas’ Anwalt Joseph Bondy den Medien zur Verfügung gestellt. Er sagte CNN, er habe es auch an die Ermittler des US-Repräsentantenhauses übergeben. Laut Bondy verfügt Parnas über weitere Videoaufnahmen und Fotos, die er öffentlich machen könnte. In einem Fernsehinterview in der vergangenen Woche hatte Parnas den US-Präsidenten bereits schwer belastet. Er sagte zu seinen und Frumans Bemühungen in der Ukraine, Trump hätte „genau gewusst, was ablief“. Das nun veröffentlichte Video bestätigt zu großen Teilen seine Aussagen. Unter anderem widerlegt es Versicherungen des US-Präsidenten, er kenne Parnas und Fruman nicht.

Video erhöht Druck auf Senat

Das Video erhöht indes auch den Druck auf den US-Senat, weitere Zeugen im Impeachment-Verfahren anzuhören – was von der republikanischen Senatsmehrheit bisher strikt abgelehnt wird. Vor Veröffentlichung des Videos begannen zudem die Plädoyers von Trumps Anwaltsteam im Senat. Die Verteidigung sei bemüht, sich auf „die Fakten“ zu konzentrieren, sagte der oberste Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone. Wer auf die Fakten schaue, sehe klar, dass der Präsident nichts falsch gemacht habe, so Cipollone.

Mit Blick auf die Präsentation der Ankläger in den Vortagen kritisierte er: „Sie haben immer und immer wieder Dinge gesagt, die einfach nicht wahr sind.“ Die Demokraten hätten Wesentliches schlicht nicht erwähnt und das Impeachment-Verfahren nur angestrengt, „um die Ergebnisse der letzten Wahlen aufzuheben“. Cipollone nannte das Amtsenthebungsverfahren „die größte Einmischung in eine Wahl in der amerikanischen Geschichte“.

Pat Cipollone spricht während des Amtsenthebungsverfahrens gegen US Präsident Donald Trump.
AP/Senate Television
Trump-Verteidiger Cipollone übte scharfe Kritik an den Argumenten der Demokraten

Bolton wird zu Schlüsselfigur

Am Sonntag berichtete zudem die „New York Times“ von einem Dokument des Ex-Sicherheitsberaters John Bolton, das die Vorwürfe gegen den Präsidenten zu untermauern scheint: Trump habe Bolton im August gesagt, dass er die Militärhilfe für die Ukraine zurückhalten wolle, bis Kiew bei Ermittlungen gegen Demokraten helfe.

Trumps Aussagen finden sich laut der Zeitung im Manuskript für ein Buch Boltons. Trumps Verteidiger hatten erst am Samstag zu Beginn ihres Plädoyers im Senat betont, dass es keinen Zeugen für das „Quidproquo“ gebe. Bolton könnte nun dieser Zeuge sein. Das Bekanntwerden des Dokuments dürfte den Druck auf die den Senat kontrollierenden Republikaner erhöhen, die Einvernahme von Zeugen in dem Verfahren zuzulassen.

Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, forderte umgehend eine Zeugenladung Boltons im Impeachment-Verfahren. Auch die sieben Anklagevertreter im Verfahren sahen durch den Bericht ihre Argumentation gestärkt. Trump reagierte rasch: Er habe Bolton nie gesagt, dass Militärhilfe für die Ukraine an Ermittlungen gegen Demokraten wie etwa Ex-Vizepräsident Joe Biden geknüpft gewesen sei, twitterte Trump. „Wenn John Bolton das gesagt hat, dann nur, um ein Buch zu verkaufen.“

Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch vor

Das Repräsentantenhaus hatte Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski in einem Telefonat Ende Juli zu Ermittlungen gegen Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen die Freigabe von Militärhilfe für Kiew und ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles darangesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren.

Rechtsberater: Kein „Quid pro quo“

Mike Purpura, einer der Rechtsberater des Präsidenten und Mitglied des Verteidigerteams, sagte, das Gesprächsprotokoll des Telefonats zwischen Trump und Selenski zeige deutlich, dass der Präsident die Ermittlungen keineswegs an Militärhilfe oder ein Treffen im Weißen Haus geknüpft habe. Die ukrainische Führung habe selbst mehrfach betont, es sei kein Druck auf sie ausgeübt worden und es habe kein „Quid pro quo“ gegeben. Es gebe auch keinen einzigen Zeugen, der ausgesagt habe, dass der Präsident selbst eine Verbindung zwischen den Ermittlungen und der Militärhilfe oder einem Treffen mit Selenski genannt habe.

Der Jurist erklärte weiter, Kiew sei überhaupt erst Wochen nach dem Telefonat zwischen Trump und Selenski darauf aufmerksam geworden, dass die Militärhilfe vorerst gestoppt worden sei. Trump habe diese Hilfe nur deshalb zeitweise zurückgehalten, weil er wegen Korruption in der Ukraine besorgt und wegen einer unfairen internationalen Unterstützung Kiews unzufrieden gewesen sei.

Diese beiden Themen habe der Präsident in dem Telefonat auch offen angesprochen. Die US-Militärhilfe an Kiew habe er dagegen nicht erwähnt. Am Ende – im September – sei die finanzielle Unterstützung an Kiew schließlich auch geflossen. Purpura betonte, der Präsident habe zu jeder Zeit im nationalen Interesse gehandelt und sei seinem Amtseid gefolgt. Den Anwälten Trumps stehen, wie den Anklägern, über einen Zeitraum von drei Tagen 24 Stunden zur Verfügung. Am Samstag hielten sie sich aber kurz und beendeten ihre Ausführungen nach rund zwei Stunden.

Rundumschlag auf Twitter

Auch Trump meldete sich am Samstag zu Wort. In einem Tweet bezeichnete er unter anderem den demokratischen Anklageführer Adam Schiff als „lügenden, betrügenden, kleinen Adam Shifty Schiff“. Auch andere Demokraten sowie den TV-Sender CNN attackierte er scharf. Schiff wiederum schrieb auf Twitter, dass Trumps Anklage von der Wahrheit abzulenken und diese zu verzerren versuche.

„Die Anwälte des Präsidenten präsentieren den Senatoren eine radikal andere Ansicht der Fakten und der Verfassung mit der Absicht, die Vorwürfe der Demokraten gegen sie zu richten, während sie den gesamten Prozess als illegitim abtun“, schrieb die „New York Times“.

Schiff: Nationale Sicherheit „gefährdet“

Die demokratischen Anklageführer hatten am Freitag ihre Beweisführung im Senat abgeschlossen. Dabei bezeichneten sie Trump als eine „Gefahr“ für die Demokratie. „Er ist, wer er ist, und das wird sich nicht ändern, der Präsident der Vereinigten Staaten wird weiterhin seine Macht missbrauchen“, sagte Schiff. Trumps Verhalten „gefährdet unsere nationale Sicherheit“. Der Präsident neige dazu, „seine eigenen Interessen über die des Landes zu stellen“, fügte Schiff hinzu.

Es ist das dritte Impeachment-Verfahren gegen einen Präsidenten in der US-Geschichte. Eine Amtsenthebung Trumps gilt angesichts der Senatsmehrheit seiner Republikaner und der hohen Hürde einer Zweidrittelmehrheit als nahezu ausgeschlossen. Nach den Plädoyers von Anklägern und Verteidigern sollen die Senatoren kommende Woche die Gelegenheit bekommen, schriftlich Fragen zu stellen.

Danach soll entschieden werden, ob zusätzliche Dokumente angefordert oder neue Zeugen geladen werden. Die Republikaner lehnen das bisher ab, was die oppositionellen Demokraten als „Vertuschungsaktion“ brandmarken. Sollte es nicht zu Zeugenvernehmungen kommen, könnte das Verfahren bereits nächste Woche enden.