Infektionsabteilung des Kaiser-Franz-Josef-Spitals in Wien
APA/Helmut Fohringer
Coronavirus-Verdacht in Wien

Frau „geht es gut“, Warten auf Ergebnisse

Der chinesischen Staatsbürgerin, die am Samstag als Coronarvirus-Verdachtsfall in ein Wiener Spital aufgenommen worden ist, „geht es heute subjektiv und objektiv gut“, so Oberärztin Sabine Hagenauer bei einer Pressekonferenz. Ob sie tatsächlich an dem Virus erkrankt ist, werden weitere Tests zeigen. Ergebnisse sollen am Montag vorliegen. In China ist die Zahl der Toten indes auf 56 gestiegen.

Die Frau wurde am Samstagabend als Verdachtsfall mit einer grippalen Symptomatik in die 4. Medizinische Abteilung des Kaiser-Franz-Josef-Krankenhauses (KFJ) aufgenommen. Eine milde Symptomatik habe bei der jungen Frau den Verdachtsfall gerechtfertigt, so Oberärztin Hagenauer. Sie sei in einem Isolierzimmer untergebracht.

„Die Frau hatte sich zwei Tage in Wuhan aufgehalten“, sagte Hagenauer. Als Flugbegleitern einer Crew sei sie dann in relativ knappem zeitlichen Abstand nach Wien gekommen. Die Alarmierung der Rettung erfolgte durch die Patientin selbst. „Die Patientin hatte Sorge, infiziert sein zu können und hat die Rettung angerufen.“ Die Flugbegleiterin hatte in einem Hotel in Wien übernachtet. Das Hotelzimmer wurde gesperrt.

Sabine Hagenauer, Michael Binder und Judith Aberle
APA/Herbert Pfarrhofer
Oberärztin Sabine Hagenauer, der Medizinische Direktor des Wiener Krankenstaltenverbandes (KAV), Michael Binder, und Virologin Judith Aberle

Kontaktpersonen allesamt symptomfrei

Gleichzeitig erfolgte über das Gesundheitsamt Wien eine Überprüfung der Kontaktpersonen der erkrankten Chinesin – also vor allem der übrigen Crewmitglieder. Sie seien allesamt symptomfrei, so Ursula Karnthaler vom Wiener Gesundheitsamt. Ihnen wurde aufgetragen, ihren Zustand im Auge zu behalten. Falls sich der Verdachtsfall bestätigen sollte, würden weitere Personen informiert werden, so Karnthaler – mehr dazu in wien.ORF.at.

Gelände des Kaiser Franz Josef-Krankenhauses
ORF.at/Dominique Hammer
Die Frau wird im KFJ in Favoriten behandelt

Weitere Tests – also auch auf andere grippale Infekte und Influenza – laufen derzeit. Es könne jedenfalls sehr leicht auch eine andere Infektion bei der jungen Frau vorliegen, so Judith Aberle, Expertin für Viruserkrankungen an der MedUni Wien. Um die Kriterien für einen Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus zu erfüllen, müsste man Fieber, Husten oder Atembeschwerden und einen Aufenthalt in einem Risikogebiet aufweisen, erklärte Aberle. Mittlerweile besteht der Verdacht, dass sich das Virus per Tröpfcheninfektion übertragen könnte.

Innenministerium beruft Einsatzstab ein

Das Innenministerium beruft überdies am Montag einen Einsatzstab ein, um über die weitere Vorgehensweise zu beraten. Bei der Lagebesprechung werden unter anderem Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) anwesend sein, teilte das Innenministerium der APA am Sonntag mit.

„Derzeit gibt es keinen Grund zur Sorge in Österreich. Gleichzeitig ist es unsere Pflicht, im Hintergrund alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um die Österreicherinnen und Österreicher zu schützen“, sagte Nehammer. Seit Samstag analysieren Experten des Gesundheits-, Außen- und Innenministerium gemeinsam laufend die Entwicklungen. Das Innenministerium ist für das Krisen- und Katastrophenmanagement sowie die Koordination für Fragen der zivilen Sicherheit zuständig.

Auf dem Flughafen Wien-Schwechat herrschte indes „erhöhte Aufmerksamkeit“. „Wir sind zudem in ständigem Kontakt mit den Behörden“, sagte Flughafen-Sprecher Peter Kleemann am Sonntag der APA. Der Flughafen verfüge über eine medizinische Station, die rund um die Uhr geöffnet ist. Kleemann verwies zudem auf entsprechende Einsatzpläne, die sich etwa bei einem Fall einer SARS-Erkrankung im Jahr 2014 bewährt hätten. „Diese können sehr schnell in Kraft treten“, sagte Kleemann. Von Wien-Schwechat gibt es keine Direktflüge in die betroffenen Gebiete in China.

Anschober erlässt Anzeigenpflicht

Gesundheitsminister Anschober erließ bereits am Samstag gemäß Österreichischem Epidemiegesetz eine Verordnung, wonach das Coronavirus einer Anzeigepflicht unterworfen wird. Anzeigepflichtig sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle. „Das ist kein Grund zur Panik, aber für verstärkte Vorsorge, Information und Aufmerksamkeit“, so der Minister. Man sei mit den internationalen Gremien, etwa der Weltgesundheitsorganisation (WHO), in permanenter Abstimmung.

In China sind weiter keine Österreicher von dem Coronavirus „akut betroffen“. Das sagte Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer am Sonntag auf APA-Anfrage. In der besonders betroffenen Region Hubei leben keine Auslandsösterreicher, die Stadt Wuhan sei keine Touristenregion. In China halten sich laut dem Außenministerium derzeit rund 3.000 Österreicher auf – sowohl Auslandsösterreicher als auch Touristen. Die Behörden sind mit ihnen in Kontakt.

Erste Krankheitsfälle in Frankreich

In Frankreich wurden drei Krankheitsfälle bestätigt. Die drei Personen sind offenbar nicht schwer erkrankt. Auch aus Kanada wurde der erste Fall einer Ansteckung mit dem Coronavirus gemeldet. Die Gesundheitsbehörde von Toronto teilte mit, es handle sich um einen Mann, der kürzlich aus Wuhan zurückgekommen sei. Sein Zustand sei stabil.

Eine Grafik zeigt Länder mit Corona-Virus-Erkrankungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Auch in den USA, Thailand, Südkorea, Japan und Australien wurden bereits Erkrankungen mit dem neuen Virus registriert. Ein Verdachtsfall in Berlin hat sich indes nicht bestätigt. Die USA kündigten an, Mitarbeiter des US-Konsulats in Wuhan auszufliegen. Auch Russland und Frankreich wollen ihre Staatsbürger aus China ausfliegen.

Weitere Todesfälle in China

In China ist die Zahl der Todesfälle indes weiter angestiegen. Laut chinesischen Behörden starben bisher mindestens 56 Menschen an der Atemwegserkrankung. Die Zahl der Infizierten in der gesamten Volksrepublik wird mit rund 2.000 angegeben. Trotz der steigenden Zahl der Todesopfer ist das neuartige Virus nach Einschätzung der dortigen Gesundheitsbehörden nicht so gefährlich wie der SARS-Erreger.

Der chinesische Gesundheitsminister Ma Xiaowei erklärte am Sonntag jedoch, dass die Übertragungsfähigkeit des Coronavirus nach dem Ausbruch stärker werde und die Zahl der Infektionen weiter steigen könnte. Die Behörden wüssten nur wenig über das neue Virus und seien sich nicht sicher, welche Risiken durch Mutationen des Virus entstehen, sagte er bei einer Pressekonferenz. Klar sei allerdings, dass der Erreger auch während der Inkubationszeit übertragen werden könne. Diese Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit bei einer Person liege zwischen einem und 14 Tagen, also schon bevor ein Infizierter Symptome der Krankheit bemerkt. „Das ist ganz anders als bei SARS“, sagte Ma.

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping berief am Samstag in Peking ein Krisentreffen ein. Alle Ebenen von Partei und Regierung müssten dem Kampf gegen das Coronavirus höchste Priorität einräumen, sagte er laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die Partei habe eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um das Vorgehen zu lenken. Teams würden in die Provinz Hubei entsandt, um die Arbeit an Ort und Stelle zu steuern.

Verkehr in Wuhan stark eingeschränkt

Die Provinzhauptstadt von Hubei, die Millionenmetropole Wuhan, ist besonders stark vom Coronavirus betroffen: Dort war der Erreger vor wenigen Wochen vermutlich auf einem Tiermarkt auf Menschen übergesprungen. In der Metropole mit elf Millionen Einwohnern werden bereits zwei Sonderkliniken für Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, gebaut. Die nationalen Gesundheitsbehörden schickten mehr als 1.200 Ärzte und anderes medizinisches Personal zur Verstärkung nach Wuhan.

Der Bürgermeister von Wuhan rechnete zudem mit weiteren 1.000 Patienten. Der Bau der Spezialkliniken solle daher beschleunigt werden, sagt er. Es gebe ausreichend Lebensmittel in der weitgehend abgeriegelten Stadt. Die Preise seien stabil. Die Engpässe bei medizinischem Material wie Schutzanzügen, Masken und Brillen seien weitgehend überwunden. Spenden von Firmen und Bürgern hätten dabei geholfen.

40 Mio. Menschen in China abgeschottet

Inzwischen wurden mehr als 40 Millionen Menschen in gut einem Dutzend Städten im Herzen Chinas weitgehend von der Außenwelt abgeschottet, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern. Im gesamten öffentlichen Verkehr würden Fiebermessstationen eingerichtet, gab die nationale Gesundheitsbehörde am Samstag bekannt. Passagiere mit Verdacht auf eine Infektion müssten „sofort“ in eine medizinische Einrichtung gebracht werden.

Passagier mit Atemnschutz am Flughafen in Toronto
AP/The Canadian Press/The Canadian Press
40 Millionen Menschen sind in China aufgrund von Quarantänemaßnahmen derzeit von der Außenwelt abgeschottet

Bewohner der südchinesischen Provinz Guangdong müssen an öffentlichen Orten nun eine Gesichtsmaske tragen. Die Pflicht zum Mundschutz gilt unter anderem in Einkaufszentren, Hotels, Restaurants, Vergnügungsstätten, Parks, religiösen Stätten, Museen und Wartehallen, ordneten die Gesundheitsbehörden Guangdongs am Sonntag an. In Peking bleiben Universitäten, Schulen und Kindergärten auch über das Ende der derzeitigen Neujahrsferien hinaus ebenfalls geschlossen.

Hongkong verhängte „Virusnotstand“

Die südchinesische Stadt Haikou verfügte, dass alle Reisenden aus der Provinz Hubei rund um Wuhan 14 Tage lang in einem Hotel isoliert und medizinisch untersucht werden sollen. Hongkong verhängte einen „Virusnotstand“ für die Finanzmetropole. Zudem verhängt Hongkong ab Montag ein Einreiseverbot für Bewohner der Provinz Hubei. Das gilt auch für Menschen, die in den vergangenen 14 Tagen in Hubei waren – nicht allerdings für Bewohner aus Hongkong.

Hongkonger U-Bahn
ORF/Josef Dollinger
Auch in Hongkongs U-Bahn sind die Einschränkungen deutlich spürbar

China verbot zudem den Handel mit Wildtieren, nachdem vermutet wird, dass das Virus von wilden Tieren auf den Menschen übertragen wurde. Alle Zuchtfarmen stehen unter Quarantäne. Auch der Transport von Wildtieren ist verboten.

Verschoben wurden die nationalen Winterspiele, eine wichtige Vorbereitung für die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Die Wettkämpfe sollten eigentlich vom 16. bis 26. Februar in der Inneren Mongolei stattfinden. Ebenfalls verschoben wird der Fußball-Supercup zwischen dem Meister Guangzhou Evergrande und Cupsieger Shanghai Greenland Shenhua, der eigentlich für den 5. Februar in Suzhou terminisiert war. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Vorwürfe der Vertuschung

Zuvor waren Vertuschungsvorwürfe gegen die Kommunistische Partei aufgetaucht. Ärzte in Wuhan äußerten den Verdacht, dass sich dort schon wesentlich mehr Menschen angesteckt haben dürften als zuletzt offiziell angegeben. Auch sei offenkundig weitaus mehr Krankenhauspersonal betroffen, als bisher offiziell zugegeben. „Es lassen sich infizierte Krankenhausmitarbeiter in fast allen größeren Krankenhäusern in Wuhan finden“, sagte ein Arzt der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“.