Schneebedeckte Ortschaft mit Kirche vor Bergmassiv
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5G, Glasfaser

Die Hürden zu schnellem Internet

Österreich braucht schnelleres Internet, besser gestern als morgen – das war die einhellige Meinung einer hochkarätig besetzten Veranstaltung am Montag in Wien. Nur über den Weg dorthin – ob 5G oder Glasfaser, welche Inhalte und Dienste treibende Kraft sein könnten und wie viel Eingriff aus der Politik es braucht – scheiden sich die Geister.

Mit einem digitalen Aktionsplan, der vergangene Woche im Ministerrat beschlossen wurde, will die Regierung Österreich bei der Digitalisierung voranbringen – was der Plan enthalten soll, das war dominierendes Thema beim Konvent der Vereinigung „Internetoffensive Österreich“ zum Thema Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) in der Aula der Wissenschaften.

Gemeinsam mit der Politik wollen die IKT-Unternehmen bis 2025 fünf Milliarden Euro investieren – wo und unter welchen Bedingungen wurde in zahlreichen Panels unter reger Beteiligung der Politik wie Digitalisierungsministerin Margarete Schrammböck (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) diskutiert. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), für 5G eigentlich zuständig, war in Brüssel verhindert.

5G als dominierendes Thema

Großes und alles umklammerndes Thema war dabei der neue schnelle Mobilfunkstandard 5G – mittlerweile sind alle Mobilfunker mit einem eigenen Netz gestartet, das nun jeweils sukzessive ausgebaut wird und an die Kunden und Kundinnen gebracht werden soll. Waren es bei 3G mobile Daten und bei 4G Videos, fehle bei 5G allerdings eine „Killerapplikation“ als bahnbrechendes Verkaufsargument für Endverbraucher, hieß es in einem 5G-Panel.

Höhere Geschwindigkeit reiche nicht, für viele Nutzer und Nutzerinnen sei oft 4G ausreichend. „Sie werden für schnelles Netz alleine nicht mehr bezahlen wollen“, so Karim Taga von der Beratungsfirma Arthur D. Little, es brauche viel mehr „Usecases, Usecases, Usecases“.

Ausgebaut werde 5G so oder so. Aber erst mit den entsprechenden Anwendungen und Services, die etwa von der deutlich geringeren Latenz, der Verzögerung etwa beim Aufruf von Websites, bei 5G profitieren, könnten Firmen die Kunden wirklich erreichen. Verwiesen wurde jedoch auch auf die höheren Kapazitäten bei 5G, die eine „Verkehrsentlastung“ bringen sollen. Überlastungen merkt man vor allem dort, wo viele Menschen gleichzeitig Onlinedienste nutzen wie bei Großveranstaltungen.

Breitband soll mit 5G ins Land

5G ist allerdings auch das politische Mittel der Wahl, um mehr Menschen mit schnellem Internet zu versorgen, vor allem im ländlichen Raum. Damit die Mobilfunker nicht nur dort ausbauen, wo Kunden und Gewinne locken, wurde für die kommende Frequenzauktion an bestimmte Frequenzen die Bedingung geknüpft, die Hälfte von 2.000 ausgesuchten Katastralgemeinden, die wenig bis gar nicht online sind, entsprechend anzubinden. Mittels Rabatt sollen die Mobilfunker zudem gelockt werden, auch die restlichen Gemeinden zu versorgen.

Ein Mann mit Laptop sitzt auf dem Steg eines Sees
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Schnell surfen, egal wo – das soll mit 5G erreicht werden

Bis 2030 sollen Österreichs Siedlungsgebiete so dann flächendeckend mittels 5G und Glasfaserausbau mit Internet bis 100 MBit/s versorgt sein, sagte RTR-Geschäftsführer Klaus Steinmaurer gegenüber ORF.at. Dabei schließen sich 5G und Glasfaser nicht aus, so Steinmaurer, im Gegenteil: „5G zieht das Glas ins Land“, denn die Mobilfunkmasten werden ihrerseits an Glasfaserleitungen angebunden. Zudem steige die Nachfrage nach Daten exponentiell und damit nach Glasfaser.

„Glasfaser ist Daseinsvorsorge“

Beim Gemeindebund hat das Thema Glasfaserausbau ohnedies höchste Priorität: „Glasfaser ist Daseinsvorsorge“, so Gemeindebundsekretär Walter Leiss. Es sei dabei Aufgabe der Politik, wie einst bei Elektrizität und Wasser, für eine breite Verfügbarkeit von Glasfaser zu sorgen – gerade wenn die Verlegung für die Wirtschaft nicht rentabel scheint. Der Gemeindebund setzt dabei auf Open Access, sprich das Glasfasernetz wird von einer öffentlichen Infrastrukurgesellschaft gebaut und jeder interessierte Dienstanbieter bekommt Zugang.

Ausgebaut wird nur, wo die Versorgung schlecht ist – es sei die „klassische Aufgabe der öffentlichen Hand“, so Leiss gegenüber ORF.at, derartige Schlüsselinfrastrukturen zu bauen. Bedingung sei, dass die Bürger und Bürgerinnen auch tatsächlich darüber angebotene Dienste nutzen, denn schließlich müsse sich die Investition rentieren – Anschlussgebühren wie bei der Aufschließung von Grundstücken mit Kanal und Wasser würden dafür keine fällig.

Mobilfunker beklagen komplizierte Prozesse

Wichtig sei ein überregionaler Netzplan, damit man wisse, wo Lücken sind. Für das Füllen schließt auch Leiss 5G nicht aus, der Mobilfunk sei für eine schnelle flächendeckende Breitbandversorgung Österreichs wichtig. Ziel sei dabei immer, den ländlichen Raum mit neuen Technologien zu erhalten und eine Abwanderung in die Städte zu verhindern – obwohl man nicht jeden Hochstand mit Glasfaser versorgen müsse.

Der Wunsch nach mehr Kooperation und Abstimmung beim Ausbau kam auch von den Mobilfunkern – verbunden mit der Forderung an die Politik, die Genehmigungsprozesse zu vereinfachen. Mit jeder Gemeinde müsse einzeln verhandelt werden, jedes Land habe eigene Regularien, überall gebe es andere Förderungen – das treibe die Kosten und die würden durchgereicht, beklagten die Mobilfunker unisono. Boris Nemsic, früher A1-Chef, rechnete zudem vor, dass in Österreich die Erstellung eines Breitbandanschlusses 3.000 Euro kostet – in Spanien hingegen 160 Euro.

Die Frage des 5G-Ausbaus stellt sich freilich nicht nur in Österreich, sondern in vielen Ländern weltweit – mit unterschiedlichen Fragestellungen und unterschiedlicher Dringlichkeit. In vielen Ländern, allen voran den USA, entsponn sich zuletzt auch eine Debatte darüber, welche 5G-Entwickler und –Anbieter auch politisch vertrauenswürdig und damit opportun sind. Das war am Montag in Wien offiziell kein Thema.

Was wird die „Killerapplikation“?

Ob via Mobilfunk oder via Glasfaser – am Ende dreht sich also alles um Services und Dienste, die auch tatsächlich genutzt werden. Wirtschaft und Politik ist es naturgemäß wichtig, dass die Wertschöpfung im Land bleibt. Die Politik setzt auf digitale Services im Bereich der Verwaltung, wie das digitale Amt und die elektronische Gesundheitsakte ELGA, beides wurde von Panelteilnehmer aus Deutschland lobend hervorgehoben – ebenso wie die Qualität der heimischen Mobilfunknetze im Vergleich zu Deutschland, wo in vielen ländlichen Gebieten quasi eine Art Netzversorgungsnotstand herrscht. Bis Ende 2020 folgt laut Schramböck ein Pilotprojekt für den digitalen Ausweis.

Die Ministerin erhielt zudem die gesammelten Vorschläge, die am IKT-Tag in einer Art Speeddating aus den Reihen der Wirtschaft für den Aktionsplan eingebracht wurden, darunter eine Plattform für Kreislaufwirtschaft und Bildung. Bei den Panels waren auch einige Forschungsarbeiten etwa im Bereich autonomes Fahren, Virtuelle Realität (VR) und Tests mit Drohnen zu sehen, die alle auf 5G basieren. Die Stadt Wien präsentierte die vier Gewinner eines Calls, darunter eine telemedizinische Wundversorgung für mobile Pflegedienste.

Ob das „Killerapplikationen“ für 5G sein könnten, blieb offen – schnellere Filmdownloads seien es jedenfalls nicht, so Natalie Michulec vom Infrastrukturministerium. Allerdings ist noch ein wenig Zeit, denn die ganzen Vorzüge und Features von 5G werden nach entsprechendem Ausbau und den nötigen Frequenzen stand-alone erst 2021 zur Verfügung stehen, wie auch Steinmaurer bestätigt. Bis dahin gibt es mal 4,5G.