Berman hielt seine Pressekonferenz demonstrativ vor dem früheren Haus Epsteins in New York ab. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Royals: Prinz Andrew hatte zugegeben, sich in der Vergangenheit dort aufgehalten zu haben. Der 59-Jährige hatte im November zugesagt, bei den Ermittlungen zum Epstein-Skandal zu helfen.
Der einst mit Epstein befreundete britische Prinz hatte im vergangenen Jahr nach scharfer öffentlicher Kritik all seine öffentlichen Funktionen aufgegeben. Dem zweitältesten Sohn von Königin Elizabeth II. wird vorgeworfen, 2001 eine damals 17-Jährige missbraucht zu haben, die von Epstein dazu gezwungen worden war. Der Prinz bestreitet die Vorwürfe.
Gute Kontakte zu Politikern und Prominenten
Nach einem völlig missglückten Interview, mit dem er eigentlich seinen angeschlagenen Ruf wiederherstellen wollte, beschloss der Prinz, seine Aufgaben als Mitglied der königlichen Familie vorerst ruhen zu lassen. Epstein hatte sich im vorigen August in einem New Yorker Gefängnis das Leben genommen. Ihm wurde vorgeworfen, Dutzende Minderjährige missbraucht und zur Prostitution gezwungen zu haben. Gefängniswärter hatten in der Nacht seines Todes stundenlang seine Zelle nicht kontrolliert. Die Umstände seines Todes sind derzeit Gegenstand mehrerer Ermittlungsverfahren.
Epstein hätte bei einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu 45 Jahren gedroht. Eine Reihe von Frauen in den USA erheben Vorwürfe, wonach der Millionär sie auch als „Sexsklavinnen“ an Freunde und Bekannte weitervermittelt habe. Epstein unterhielt gute Kontakte zu zahlreichen Politikern und Prominenten, unter anderen zu US-Präsident Donald Trump und eben Prinz Andrew.
Epstein führte Datenbank mit Opfern
In einer neuen Klage von Mitte Jänner wurde Epstein auch vorgeworfen, dass er bis wenige Monate vor seinem Tod Minderjährige vergewaltigt haben soll. Außerdem soll der Sexualstraftäter mit Beziehungen zu zahlreichen Prominenten, eine Datenbank über teils erst elfjährige Mädchen geführt haben, die er vergewaltigt und als Sexsklavinnen gehandelt haben soll.
Die Generalstaatsanwältin der Amerikanischen Jungferninseln, Denise George, brachte Mitte Jänner eine Zivilklage gegen die Nachlassverwalter des 66-jährigen US-Millionärs ein. George verlangt Entschädigungen aus dem Epstein-Erbe für mutmaßlich von dem Millionär in dem US-Außenterritorium begangene Verbrechen in den Jahren 2001 bis 2018. Epstein besaß in dem Karibik-Gebiet zwei Privatinseln.
Anklägerin: Dutzende Mädchen vergewaltigt
Die vor dem Tod Epsteins von der US-Justiz gegen ihn erhobene Anklage – Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen und minderjährigen Mädchen in New York und Florida – hatte sich nur auf den Zeitraum 2002 bis 2005 bezogen. Damit weitete die Klage die Dimension der Epstein vorgeworfenen Straftaten erheblich aus.
Epstein selbst und seine Anwälte hatten die bis zum Tod des Beschuldigten eingebrachten Vorwürfe heftig bestritten. Epsteins Anwälte hatten zudem betont, dieser habe seit einer Verurteilung 2008 nicht mehr gegen Gesetze verstoßen. In der neuen Klage heißt es nun, der Millionär habe auf seiner Insel Little Saint James Dutzende minderjährige Mädchen vergewaltigt und gefangen gehalten. Es wird unter anderem der Fall einer 15-Jährigen beschrieben, die von Epstein missbraucht worden sei und anschließend vergeblich versucht habe, schwimmend von der Insel zu fliehen. Sie sei aufgegriffen und gefangen genommen worden.
„Umfassendes System des Menschenhandels“
Epstein habe auf den Amerikanischen Jungferninseln ein „umfassendes System des Menschenhandels und des sexuellen Missbrauchs junger Frauen“ betrieben, sagte George. Nach ihren Angaben wurden Mädchen im Alter zwischen elf und 17 Jahren mit dem Schiff, Hubschrauber und Flugzeug zu Epsteins Luxusanwesen Little Saint James gebracht. Epstein hatte laut George auch eine Datenbank angelegt, um die Verfügbarkeit und die Bewegungen von Frauen und Mädchen nachverfolgen zu können.
In der Klage fordert George die Beschlagnahmung von Epsteins zwei Anwesen – Little Saint James und Great Saint James – und die Auflösung zahlreicher Briefkastenfirmen auf den Jungferninseln. Diese sollen als Scheinfirmen fungiert haben, um Epsteins Menschenhandel abzuwickeln. Es ist laut „New York Times“ die erste Zivilklage einer Behörde gegen Epsteins Nachlassverwalter. Es sind aber bereits zahlreiche private Entschädigungsklagen von Opfern bei Gericht anhängig.
Drehscheibe für Menschenhandelsring
Die Regierung der Jungferninseln könnte dann das sichergestellte Vermögen verwenden, um Epsteins Opfer, die von den Jungferninseln stammen, zu entschädigen, so George. Die Anklägerin berief sich bei ihren Vorwürfen auf eigene Ermittlungen und Dokumente aus Verfahren, die vor anderen Gerichten anhängig sind. Sie kam in ihrer Klage zum Schluss, dass Epstein jahrzehntelang einen Menschenhandelsring zur Vermittlung Minderjähriger betrieb, wofür die Jungferninseln als zentrale Drehscheibe dienten.