Das SMZ-Süd in Favoriten
ORF.at/Dominique Hammer
Coronavirus

Zwei Verdachtsfälle in Wien negativ

Die beiden Coronavirus-Verdachtsfälle in Wien haben sich als negativ herausgestellt. Wie es Dienstagvormittag aus dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) hieß, haben sich weder der behandelte Mann noch die Frau mit dem neuen Virus infiziert. Derzeit gibt es keinen weiteren Verdachtsfall in der Bundeshauptstadt.

Die Frau und der Mann wiesen nach einer China-Reise grippeähnliche Symptome auf und begaben sich unabhängig voneinander und selbstständig ins Spital. Dann wurden sie auf die 4. Medizinische Abteilung im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital überstellt, die auf Diagnose und Behandlung derartiger Virenerkrankungen spezialisiert ist. Dort wurde schließlich Entwarnung gegeben. In Klagenfurt wurde am Dienstag eine Person unter Quarantäne gestellt, teilte die Stadtpresse Klagenfurt in einer Erstmeldung mit – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Hier gibt es noch keinen Befund.

In Deutschland wurde erstmals eine Coronavirus-Infektion bestätigt. Ein Mann aus dem Landkreis Starnberg in Bayern habe sich infiziert, teilte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in München Montagabend mit. Der Patient befinde sich klinisch in einem guten Zustand. „Er wird medizinisch überwacht und ist isoliert.“

Karte von Italien
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Menschen, die engen Kontakt mit dem Patienten hatten, würden ausführlich aufgeklärt und über mögliche Symptome, Hygienemaßnahmen und Übertragungswege informiert. Der Ministeriumssprecher sagte: „Das Risiko für die Bevölkerung in Bayern, sich mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, wird von der ‚Taskforce Infektiologie‘ des LGL und vom Robert-Koch-Institut (RKI) derzeit als gering erachtet.“

Erste Mensch-zu-Mensch-Ansteckung außerhalb Asiens

Bei dem Fall in Bayern handelt es sich offenbar um die erste bekannten Mensch-zu-Mensch-Ansteckung außerhalb Asiens. Bislang sei außerhalb des Ursprungslands China nur eine Übertragung von Mensch zu Mensch in Vietnam nachgewiesen worden, sagte eine Sprecherin des Robert-Koch-Instituts in Berlin am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Der 2019-nCoV-Patient im bayerischen Landkreise Starnberg hatte sich nach Angaben seines Arbeitgebers wohl bei einer aus China angereisten Kollegin infiziert.

Bei dem Patienten in Bayern handelt es sich um den ersten nachgewiesenen 2019-nCoV-Fall in Deutschland. Er wurde isoliert und wird im Klinikum München Schwabing behandelt. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) bezeichnete seinen Zustand am Dienstag als „gut“.

Telefonhotline zum Coronavirus

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bietet unter der Gratisnummer 0800-555621 montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr Antworten auf Fragen von Bürgerinnen und Bürgern.

Die bayerischen Behörden überprüfen 40 Kontaktpersonen in der Firma und der Familie. Das sagte der Leiter der Taskforce Infektiologie, Martin Hoch, am Dienstag in München. „Die Zahl kann noch steigen.“ Der Kindergarten, in den die Kinder des Mannes gehen, wird ebenfalls überprüft.

Koordination aller EU-Länder

Im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus will die EU-Kommission ein koordiniertes Vorgehen aller EU-Länder bei der Überwachung von Einreisen. Man habe deshalb um kontinuierliche und detaillierte Informationen gebeten, hieß es am Dienstag nach einer Sitzung des Ausschusses für Gesundheitssicherheit in Brüssel.

Das Koordinierungsgremium der europäischen Gesundheitsbehörden (Health Security Committee, HSC) habe sich bereits zum dritten Mal getroffen, teilte eine Sprecherin der EU-Kommission mit. Im Zentrum der Diskussion seien die Abwehrmaßnahmen in den einzelnen EU-Staaten, die Information der Bevölkerung, Reisehinweise und die weitere Koordinierung gestanden. Weitere Treffen des Ausschusses seien geplant.

China: Bereits mehr als 4.000 Infizierte

Die Zahl der Todesopfer durch das Coronavirus in China ist erneut sprunghaft gestiegen. Sie wuchs um weitere 24 Fälle auf mindestens 106 Verstorbene, wie die chinesische Regierung am Dienstag mitteilte. Ferner wurden 1.291 neue Fälle von Erkrankungen durch den Erreger verzeichnet, womit die offizielle Gesamtzahl der Krankheitsfälle in der Volksrepublik auf mehr als 4.000 stieg.

Fast 6.000 Ärzte und Pfleger aus ganz China sind in die schwer betroffenen Provinz Hubei entsandt worden. Wie die Gesundheitskommission nach Angaben der Nachrichtenagentur Xinhua heute in Peking berichtete, seien mehr als 4.100 bereits an Ort und Stelle und hätten die Arbeit aufgenommen. Weitere 1.800 dürften bis zum Abend eintreffen, um die völlig überforderten Krankenhäuser zu unterstützen.

Hongkong macht Grenzen dicht

Hongkong macht seine Grenze für Chinesen aus der Volksrepublik weitgehend dicht. Alle Zugs- und Fährverbindungen werden ab Donnerstag gekappt, wie Regierungschefin Carrie Lam am Dienstag berichtete.

Nachdem bereits keine Pauschalreisen aus China mehr erlaubt sind, sei mit den Behörden der Volksrepublik vereinbart worden, auch alle Individualreisen chinesischer Staatsbürger auszusetzen. Hongkong halbiere auch die Zahl der Flüge aus China, sagte Lam, die mit einem Mundschutz vor die Presse trat.

WHO vertraut auf China

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte trotz der weiteren Verbreitung des Coronavirus vor Panik. Er sei zuversichtlich, dass China die Ausbreitung kontrollieren und eindämmen könne, sagte WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus am Dienstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua nach einem Treffen mit Behördenvertretern in Peking.

Er befürworte die Maßnahmen der chinesischen Regierung. Der WHO-Chef sprach sich den Angaben zufolge dagegen aus, Ausländer, die sich derzeit in China aufhalten, außer Landes zu bringen. Zugleich forderte er die Menschen auf, Ruhe zu bewahren.

Experten kritisieren offizielle Zahlen

Experten der Universität Hongkong haben am Montag die offiziellen chinesischen Angaben über die Zahl der mit dem Virus Infizierten in Zweifel gezogen. Laut dem Dekan der medizinischen Fakultät, Gabriel Leung, ist die Zahl der bereits Infizierten weitaus höher als die angegebenen rund 2.800 Fälle, wie er am Montag bei einer Pressekonferenz sagte.

Insgesamt seien mit Stichtag Samstag schon rund 44.000 Menschen allein in Wuhan mit dem neuen Virus infiziert, so Leung mit Verweis auf ein mathematisches Modell der Ausbreitung. Die Millionenmetropole Wuhan, die Haupstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei, ist besonders stark vom Coronavirus betroffen.

Dort war der Erreger vor wenigen Wochen vermutlich auf einem Tiermarkt auf Menschen übergesprungen. In der Metropole mit elf Millionen Einwohnern werden bereits zwei Sonderkliniken für Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, gebaut.

Gabriel Leung
AP/Achmad Ibrahim
Der Dekan der medizinischen Fakultät der Universität Hongkong, Gabriel Leung, bei seiner Pressekonferenz

Verdoppelung „alle sechs Tage“

Von den von Leung und seinem Team geschätzten 44.000 Infizierten würde bei 25.000 mit hoher Wahrscheinlichkeit die Krankheit auch ausbrechen, so Leung weiter. Der Mediziner geht davon aus, dass sich die Zahl der Infizierten alle sechs Tage verdopple, wie das Hongkonger Nachrichtenportal rthk weiter berichtete.

Neben Wuhan werden hauptsächlich die Städte Chongqing, Peking, Schanghai, Guangzhou und Shenzhen betroffen sein, so Leungs Prognose, Chongqing vor allem wegen der starken Verkehrsanbindung an Wuhan. Die Spitze der Infektionen sollte im April oder Mai erreicht werden. Im Juni oder Juli sollte dann die Rate der Neuinfektionen allmählich graduell zurückgehen, so Leung. Er forderte die Städte auf, unverzüglich „substanzielle und drakonische“ Maßnahmen zu ergreifen, um die Mobilität der Bevölkerung einzuschränken. Nach einer anderen Prognose werden bis 4. Februar rund 200.000 Menschen in Wuhan infiziert sein – mehr dazu in science.ORF.at.

Fünf der elf Millionen Einwohner von Wuhan haben laut Bürgermeister Zhou Xianwang zum Neujahr die Stadt verlassen. Die meisten befinden sich noch in der Region. Tausende sollen allerdings noch vor der Sperre nach Hongkong, Bangkok, Singapur und Tokyo geflohen sein, wie die „South China Morning Post“ am Montag berichtete.