Menschen auf der Straße mit Gesichtsmasken
Reuters/Carlos Garcia Rawlins
Coronavirus

Erstmals weniger Neuinfektionen in China

In China gibt es offenbar erste Erfolge bei der Eindämmung des neuen Coronavirus. Wie aus am Mittwoch in Peking veröffentlichten Zahlen hervorgeht, ist die Zahl der Neuinfektionen erstmals zurückgegangen. Die Zahl der Todesopfer stieg über Nacht jedoch. Unterdessen gibt es offenbar einen „Durchbruch“ auf der Suche nach einem Gegenmittel.

Konkret wurden am Dienstag 1.459 neue Fälle bestätigt. Am Montag waren noch 1.700 gemeldet worden. Die Zahl der Todesopfer stieg unterdessen um 26 auf 132. Mit über 5.900 Erkrankten in China ist die Zahl der Fälle mittlerweile höher als seinerzeit bei der SARS-Epidemie. In den Jahren 2002 und 2003 gab es in Festlandchina rund 5.300 Fälle der Lungenkrankheit.

Nach dem Ausbruch der Krankheit in der Provinz Hubei, deren Hauptstadt Wuhan ist, hatten die Behörden drastische Eindämmungsmaßnahmen verhängt, von Ausreisesperren bis zum kompletten Stopp des öffentlichen Nahverkehrs. Den aktuellen Zahlen zufolge bleibt die Krankheit stark auf die Provinz Hubei begrenzt. So wurde am Dienstag lediglich ein neuer Todesfall außerhalb der Provinz vermerkt. Außerhalb Chinas wurden bisher rund 50 Fälle von Infektionen verzeichnet – in Österreich haben sich mehrere Verdachtsfälle bisher nicht bestätigt.

Nun wurde auch bei einem weiteren Verdachtsfall in Wien Entwarnung gegeben. Bei der Betroffenen wurde eine milde Grippesymptomatik festgestellt, hieß es am Dienstag aus dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). Die chinesische Touristin wurde erst an der Rudolfstiftung in der Notfallaufnahme behandelt und dann in der 4. Medizinischen Abteilung des Kaiser-Franz-Josef-Spital aufgenommen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Virus konnte im Labor reproduziert werden

In der südchinesischen Stadt Shenzhen haben einem Medienbericht zufolge unterdessen klinische Studien zum möglichen Einsatz von HIV-Medikamenten gegen das neue Coronavirus begonnen. Das berichtete die staatlich unterstützte Finanzzeitung „Securities Times“ unter Berufung auf einen Beamten der nationalen Gesundheitskommission. An der Suche nach möglichen Wirkstoffen zur Behandlung des neuen Coronavirus war auch ein steirisches Start-up beteiligt – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Dr Mike Catton und Dr Julian Druce bei einer Pressekonferenz
APA/AFP/William West
Australische Wissenschaftler meldeten die erfolgreiche Reproduktion des Coronavirus

Indes gaben australische Wissenschaftler bekannt, dass ihnen die Reproduktion des Coronavirus im Labor gelungen sei. Der „bedeutende Durchbruch“ könnte dazu beitragen, die globale Ausbreitung der Krankheit zu bekämpfen. „Mit dem echten Virus haben wir jetzt die Möglichkeit, alle Testmethoden zu validieren und zu verifizieren und ihre Empfindlichkeiten und Besonderheiten zu vergleichen“, sagte Julian Druce, Leiter des Labors für Virusidentifikation am Peter-Doherty-Institut in Melbourne. Die gezüchtete Virusprobe könne so bei der Entwicklung eines Impfstoffs helfen.

Experte rechnet mit Höhepunkt in rund einer Woche

Der Ausbruch in China wird nach Einschätzung eines führenden chinesischen Lungenexperten erst in sieben bis zehn Tagen seinen Höhepunkt erreichen. Wie der Chef des nationalen Expertenteams im Kampf gegen das Virus, Zhong Nanshan, am Mittwoch der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua sagte, sei es „schwierig“ vorherzusagen, wann der Ausbruch seinen Höhepunkt erreicht. „Aber ich glaube, in einer Woche oder zehn Tagen wird der Höchststand erreicht werden – und danach wird es keinen Anstieg im großen Stil mehr geben.“

Männer mit Gesichtsmasken stehen vor einer Absperrung
Reuters/Carlos Garcia Rawlins
In China – wie hier in einem Vorort Pekings – gibt es strenge Kontrollen

Japan und USA begannen mit Rückholaktion

Japan und die USA flogen am Mittwoch Bürgerinnen und Bürger ihrer Länder aus der Millionenmetropole Wuhan aus. In der Stadt war das Virus erstmals bei Menschen festgestellt worden. Eine aus Wuhan kommende Maschine mit rund 200 Japanern an Bord landete in der Früh auf dem Flughafen von Tokio. Die Passagiere benutzten nicht den normalen Flugterminal für reguläre Passagiere, sondern wurden in einem Spezialbus in eine medizinische Einrichtung gebracht, hieß es. Noch am selben Abend solle eine weitere Maschine nach Wuhan starten, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf einen Regierungsbeamten.

Auch ein Flugzeug mit US-Bürgerinnen und -Bürgern an Bord hob am Mittwoch aus Wuhan ab, wie das Außenministerium in Washington mitteilte. Nach Angaben des Verkehrsministeriums des US-Bundesstaats Alaska, wo die Maschine einen Tankstopp einlegen sollte, sollten 240 Menschen in dem Flugzeug reisen.

Australier werden auf Weihnachtsinsel gebracht

Australische Staatsangehörige werde unterdessen „in manchen Fällen“ die Ausreise ermöglicht, sagte Premierminister Scott Morrison. Wie vielen der rund 600 in der Region Hubei registrierten Australier geholfen werden könne, ließ Morrison offen. „Aber ich betone, dass es hier eher ein begrenztes Zeitfenster gibt.“ Die Menschen würden auf der Weihnachtsinsel unter Quarantäne gestellt, so Morrison. Die Weihnachtsinsel, ein australisches Territorium im Indischen Ozean, liegt rund 1.500 Kilometer vom Festland entfernt.

Auch EU startet Rückholaktion

Auch die EU holt Menschen aus der Region zurück. Zwei Flugzeuge sollen schon am Mittwoch Hunderte Personen nach Hause fliegen. Wie die EU mitteilte, soll eine der zwei Maschinen in Frankreich starten und etwa 250 Franzosen und Französinnen aus China ausfliegen. Das zweite Flugzeug soll im Laufe der Woche folgen und mehr als 100 Europäer und Europäerinnen aus anderen EU-Ländern heimbringen.

Frankreich hat EU-Angaben zufolge über den europäischen Zivilschutz entsprechende Unterstützung für Europäer in Wuhan und Umgebung erbeten. Die EU werde die Transportkosten der beiden Flugzeuge mitfinanzieren. Allerdings dürfen nur gesunde oder symptomfreie Personen die Reise antreten.

Sicherheitsbeamter mit Schutzmaske untersucht mit einem Messgerät die Körpertemperatur der Passagiere auf dem Internationalen Flughafen in Wuhan, China
AP/Dake Kang
Am Flughafen in Wuhan wird bei allen Personen die Körpertemperatur gemessen

Nach den zwei Flügen kann bei Bedarf weitere EU-Unterstützung mobilisiert werden, berichtete der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, in Brüssel. Die Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides, sagte: „Wir stehen bereit, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen und eine starke und koordinierte EU-Antwort auf die Entwicklung des Coronavirus außerhalb und innerhalb der Union zu geben.“

Heimische Unternehmen in China bereiten sich vor

Auch in China ansässige Unternehmen bereiten sich auf das Virus vor. Der Vorstand des börsennotierten Stahlriesen voestalpine werde sich noch diese Woche mit dem Thema befassen, hieß es am Dienstag. Allerdings hätten österreichische voestalpine-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen in China schon jetzt die Möglichkeit, zurückzukehren. Überwiegend sind in den chinesischen voestalpine-Werken lokale Arbeitskräfte tätig, die entsandten Österreicher und Österreicherinnen sind hauptsächlich in der Geschäftsführung bzw. in Projekten tätig, teils sind sie mit Familie dort – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Flughafenmitarbeiter mit Schutzmaske beladet ein Flugzeug mit Paletten von in Folien und Netzen eingepacktem Gepäck
AP/Xinhua/Cheng Min
Gesundheit geht vor: Auf dem Flughafen in Wuhan tragen Mitarbeiter Gesichtsmasken

Der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing beschäftigt im Faserwerk in Nanjing (300 Kilometer von Shanghai entfernt) und in einem Büro in Hongkong rund 500 Mitarbeiter. „Bei uns ist bereits der Health Emergency Plan aktiviert“, sagte Sprecher Filip Miermans. Es gebe „sehr strenge Kontrollmaßnahmen“. Der oberösterreichische Industriezulieferer Miba beschäftigt 1.100 Menschen in China und hat Standorte in Suzhou in der Nähe von Schanghai und in Shenzhen nahe Hongkong. Bisher hat man keine speziellen Maßnahmen getroffen, die Mitarbeiter wurden aber von der Betriebsärztin informiert.

Telefonhotline zu Coronavirus

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hat unter 0800-555621 eine Gratistelefonhotline montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr für Fragen von Bürgerinnen und Bürgern eingerichtet.

Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S will seine westlichen Mitarbeiter vorerst nur in Ausnahmefällen nach China reisen lassen. AT&S beschäftigt in China in zwei Werken rund 7.000 Mitarbeiter, darunter 80 Ausländer – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Der Frucht-, Zucker- und Stärkekonzern Agrana hat in China drei Produktionsstandorte mit rund 380 Beschäftigten. Auch dort steht die Produktion wegen der Neujahrsferien derzeit still. Die Austrian Airlines führen ihre Flüge von Wien nach Peking und Schanghai (fünf bzw. vier pro Woche) derzeit plangemäß durch.

Toyota stoppt vorläufig Produktion in China

Der japanische Autohersteller Toyota kündigte an, angesichts der Ausbreitung des Coronavirus den Betrieb seiner Werke in China für die nächsten Tage einzustellen. Aufgrund von Faktoren wie den Richtlinien der chinesischen Behörden sowie der derzeitigen Lage bei der Teilezulieferung habe man entschieden, den Betrieb der Fabriken bis 9. Februar auszusetzen. Das teilte eine Sprecherin des Konzerns in Tokio mit. Man werde die Situation beobachten und entscheiden, wie ab dem 10. Februar weiter vorgegangen werde.