Sozialwirtschaft: „35-Stunden-Woche nicht machbar“

Die Arbeitgeber der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) haben der Forderung der Arbeitnehmerseite nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich in der Verhandlungsrunde gestern nicht zugestimmt. Begründet wurde das vor allem mit der Situation in der stationären Langzeitpflege: Die Arbeitgeber sehen die Versorgung in den Pflegeheimen gefährdet, teilten sie heute per Aussendung mit.

„Durch den Fachkräftemangel würde eine Arbeitszeitverkürzung die Versorgungslage in den Pflegeheimen akut zuspitzen“, befürchtet SWÖ-Verhandlungsführer Walter Marschitz. „Aus Verantwortung gegenüber den uns anvertrauten Menschen und ihren Angehörigen, aber auch gegenüber den verantwortungsvollen Beschäftigten in diesem Bereich können wir eine derartige Situation nicht zulassen“, teilte er mit.

Bereits jetzt Personalmangel

Bereits jetzt führe der Personalmangel in Pflegeheimen dazu, dass zahlreiche benötigte Plätze nicht angeboten werden könnten, hieß es in der Mitteilung der Sozialwirtschaft. Diese Situation würde durch eine Arbeitszeitreduktion verschärft werden. Deshalb sei eine Einigung „nicht machbar“ gewesen.

Als Alternative zu einer Arbeitszeitverkürzung bot die Arbeitgeberseite nun eine Entgelterhöhung in Höhe von 2,35 Prozent an. „Wir sind zuversichtlich, die Lohnverhandlungen auf dieser Basis konstruktiv fortsetzen zu können“, sagte Marschitz. Die Verhandlungstür sehen die Arbeitgeber noch nicht endgültig zugeschlagen, auch bei Fragen der Arbeitszeit.

ÖGB erteilte Streikfreigabe

Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) erteilte heute nach der erneuten Unterbrechung die Streikfreigabe. Wird in der nächsten Verhandlungsrunde zum Kollektivvertrag wieder keine Einigung erzielt, soll es zu Streiks kommen, kündigte die Gewerkschaft an.

Bis dahin finden in den Betrieben Vorbereitungen dafür statt. Die Forderung nach einer Einführung der 35-Stunden-Woche bekräftigten die Arbeitnehmer auch für die bevorstehende Runde am 10. Februar.

SPÖ vermutet ÖVP-Einmischung

Die SPÖ vermutet, dass die ÖVP Einfluss auf die KV-Verhandlungen nimmt. „Es gibt offenbar eine Einmischung der ÖVP, die den Arbeitgebern aufgetragen hat, nicht abzuschließen“, teilten Sozialsprecher Josef Muchitsch und Gesundheitssprecher Philip Kucher mit. Die beiden SPÖ-Politiker forderten die Volkspartei auf, sich nicht in die Verhandlungen einzumischen. „Parteipolitik hat in solchen Verhandlungen nichts verloren“, sagte Muchitsch und sprach sich klar gegen „parteipolitisches Kalkül“ aus. ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger wollte auf APA-Anfrage keinen Kommentar zu dem Thema abgeben.