Regierungsmitarbeiter messen die Temperatur von Fluggästen
AP/Chinatopix
Coronavirus

WHO ruft globalen Notstand aus

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am Donnerstag angesichts der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ ausgerufen. Der Schritt sei ausdrücklich nicht als Misstrauensvotum gegen China zu verstehen, sagte Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Mit der Ausrufung des Notstands sind konkrete Empfehlungen an Staaten verbunden, um die Ausbreitung über Grenzen hinweg möglichst einzudämmen. Noch sei die Zahl der Infektionen außerhalb Chinas relativ gering, sagte Tedros am Donnerstagabend. Aber man wisse nicht, welchen Schaden das Virus in einem Land mit einem schwachen Gesundheitssystem anrichten würde.

In der vergangenen Woche hatte die WHO noch darauf verzichtet, den Ausbruch als Notstand einzustufen. Die Maßnahmen der Chinesen lobte der WHO-Generaldirektor dennoch ausdrücklich: Es bestehe „kein Grund“ für Reise- und Handelsbeschränkungen mit China, sagte er. „Die WHO empfiehlt keinerlei Einschränkungen, sondern lehnt sie sogar ab.“

Fälle in allen chinesischen Provinzen

Mit der ersten Erkrankung in Tibet sind nun in allen Regionen und Provinzen Chinas Infektionen nachgewiesen. Der Anstieg ist rasant. Vor zwei Wochen waren erst 40 Fälle gezählt worden. Der Höhepunkt der Epidemie wird frühestens in einer Woche erwartet. Außerhalb der Volksrepublik sind in rund 20 Ländern etwas mehr als 100 nachgewiesene Infektionen gezählt worden. Darunter sind Thailand, Japan, Singapur, Malaysia, die USA, Australien und Südkorea.

Neu hinzu kamen am Donnerstag Indien, die Philippinen und Italien – Regierungschef Giuseppe Conte bestätigte am späten Abend die ersten zwei Fälle in dem Land. Man werde den Luftverkehr zwischen China und Italien abriegeln. In Frankreich wurde eine sechste Infektion bestätigt, in den USA die erste Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch nachgewiesen. Vielfach sind die Infizierten Reisende aus China, aber es kommt auch zu neuen Ansteckungen außerhalb des Landes.

Entwarnung auf Kreuzfahrtschiff

Entwarnung wurde unterdessen an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Costa Smeralda“ gegeben, das am Donnerstag wegen eines Verdachts auf Coronavirus im Hafen der italienischen Stadt Civitavecchia festgehalten wurde. Wie aus Tests hervorging, die in dem auf Infektionskrankheiten spezialisierten römischen Spital Spallanzani durchgeführt wurden, gab es keinen Hinweis auf den Erreger der Lungenkrankheit aus China.

Wegen des Verdachts auf das Virus waren rund 7.000 Menschen – darunter etwa 6.000 Passagiere – stundenlang an Bord festgehalten worden. Zu ihnen zählten auch 37 Österreicher. Eine Touristin aus der chinesischen Sonderverwaltungszone Macao hatte an Bord Symptome wie Fieber und Atemprobleme gehabt, die ein Anzeichen für das Coronavirus sein könnten. Auch ihr Mann war untersucht worden.

Kreuzfahrtschiff Costa Smeralda
AP/Andrew Medichini
Rund 7.000 Menschen saßen am Donnerstag auf der „Costa Smeralda“ fest

Neue Verdachtsfälle in Österreich

In Österreich gibt es neue Verdachtsfälle. In Salzburg handelt es sich laut Angaben der Landeskliniken vom Freitag um ein Ehepaar aus der Stadt Salzburg, das bei einer Schiffsreise zweimal durch Peking gekommen sein soll – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Die Landessanitätsdirektion Kärnten gab am Donnerstag bekannt, dass es einen neuen Coronavirus-Verdachtsfall in Klagenfurt-Land gibt. Eine Probe des Patienten wird nach Wien geschickt, ein Ergebnis soll am Freitag vorliegen. Zwei frühere Verdachtsfälle in Kärnten ergaben keine Coronavirus-Infektion – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Telefonhotline zu Coronavirus

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hat unter 0800-555621 eine Gratistelefonhotline montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr für Fragen von Bürgerinnen und Bürgern eingerichtet.

Auch beim siebenten Coronavirus-Verdachtsfall in Wien gab es Entwarnung . Ein chinesischer Tourist aus Schanghai hat die klassische Influenza, hieß es am Freitag aus dem Wiener Krankenanstaltenverbund gegenüber der APA. Der Mann war am Donnerstag kurz vor Mittag ins Wiener AKH gekommen und hatte über Halsschmerzen und Fieber geklagt.

Er wurde unter Einhaltung der Hygienebestimmungen mit der Rettung ins Kaiser-Franz-Josef-Spital (KFJ) gebracht, wo er getestet wurde. Der Mann war am 26. Jänner aus China kommend nach Budapest gereist. Am Mittwoch war er nach Wien weitergefahren. Auch die anderen sechs Verdachtsfälle in der Bundeshauptstadt waren bisher allesamt negativ.

Eine infizierte Deutsche rief unterdessen auch die zuständigen Behörden in Tirol auf den Plan. Nach Angaben der Landessanitätsdirektion Tirol hatte sich die Betroffene letztes Wochenende in Tirol, konkret auf der Dortmunder Hütte im Kühtai, aufgehalten – mehr dazu in tirol.ORF.at.

China forciert Produktion von Schutzmasken

Die chinesische Regierung ruft im Kampf gegen das Coronavirus angesichts des zunehmenden Mangels an wichtigen Medizinprodukten die Hersteller auf, diese rasch zu produzieren. Dringender Bedarf bestehe unter anderem an Schutzkleidung, Atemschutzmasken, Schutzbrillen und Medikamenten. Die Zentralregierung erklärte, sie selbst sei verantwortlich für die einheitliche Verteilung der Güter. Die lokalen Verwaltungen dürften die Lieferungen nicht abfangen und weiterleiten, aber sie müssten sicherstellen, dass die Firmen an Ort und Stelle diese Dinge herstellen.

Medienberichte zufolge gibt es in Chinas Produktionsstätten für Schutzmasken im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen keine coronavirusbedingte Verlängerung der Neujahrsferien. In Schanghai hätten alle 17 lokalen Schutzmaskenfabriken ihre Produktion bereits wieder aufgenommen, wie etwa die Zeitung „Shanghai Daily“ (Onlineausgabe) dazu am Freitag berichtete.

Angestellte in einem Supermarkt mit Atemschutzmasken
AP/Vincent Yu
Das Coronavirus sorgt für einen weltweiten Run auf Atemschutzmasken

Den Angaben zufolge sei die Produktion mittlerweile zudem verdoppelt worden. In Schanghai seien vor dem Neujahrsfest am 27. Jänner bis zu 500.000 Masken hergestellt worden – am Donnerstag seien es dann rund 1,4 Millionen gewesen. Als Ersatz für die über die Feiertage in ihre Heimatstädte gefahrenen Arbeiter seien in einigen Fabriken auch Verwaltungsangestellte, Regierungsbeamte und Freiwillige an der Produktion beteiligt. Behördenangaben zufolge würden zur Vermeidung des befürchteten Engpasses aber auch verstärkt Masken aus dem Ausland zugekauft.

Die staatliche Agentur Xinhua verwies in diesem Zusammenhang auf das Hilfsangebot aus Südkorea. Seoul wolle medizinische Hilfsgüter im Wert von umgerechnet 4,5 Millionen Euro in die vom Coronavirus besonders betroffene Metropole Wuhan liefern.

TV-Hinweis

ORF III widmet dem Thema am Montag (20.15 Uhr) ein „ORF III Aktuell“ und anschließend (21.05 Uhr) einen Themenabend mit Dokumentationen, unter anderem unter dem Titel „Auf der Spur der Superkeime“ – mehr dazu in tv.ORF.at.

„Wir sind komplett ausverkauft“

Im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus müssen auch Häftlinge in Hongkong deutlich mehr Schutzmasken produzieren als gewöhnlich. Bisher würden rund 50.000 Stück Mundschutz täglich in den Gefängnissen der chinesischen Sonderverwaltungszone angefertigt, sagte Verwaltungschef Matthew Cheung am Donnerstag. „Wir werden rund um die Uhr arbeiten, um die Produktion hoffentlich von monatlich 1,1 Millionen auf 1,8 Millionen zu erhöhen“, so Cheung.

Auch in vielen anderen Ländern hat die Angst vor einer Ansteckung vor dem Coronavirus einen wahren Ansturm auf Atemschutzmasken ausgelöst. „Wir sind komplett ausverkauft“, hieß es dazu beispielsweise bei dem in Tschechien beheimateten Produzenten Pardam.