Arbeitsunterlagen von Finanzminister Blümel bei einer Pressekonferenz während der Regierungsklausur in Krems
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„Sparen im System“

Wie die Steuerreform finanziert werden soll

Die ÖVP-Grünen-Regierung hat sich nach der Arbeitsklausur in Krems zufrieden mit ihren Ergebnissen gezeigt. Der Startschuss für die ökosoziale Steuerreform sei gefallen, sagten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grünen) unisono. Mit „Sparen im System“ will man die Entlastung von vier Milliarden Euro gegenfinanzieren.

In den kommenden Jahren sollen die ersten drei Tarifstufen der Lohn- und Einkommensteuer gesenkt werden. Schon ab Jänner 2021 soll der Eingangssteuersatz von 25 auf 20 Prozent fallen, ab 2022 die nächsten zwei Stufen von 35 auf 30 Prozent und von 42 auf 40 Prozent. Zudem kommen weitere Kostenstellen wie die Erhöhung des Familienbonus und des Kindermehrbetrags sowie Maßnahmen für die Landwirtschaft. Die Kosten – Entlastung – belaufen sich auf vier Milliarden Euro, wurde bei der Klausur in Krems bekannt.

Details zur Gegenfinanzierung finden sich im Ministerratsvortrag aber kaum. Die Steuerreform soll durch „Sparen im System, sparsamen Umgang mit Steuergeld, einen strengen Budgetvollzug, mehr Steuergerechtigkeit im Bereich der Steuerbetrugsbekämpfung und der Digitalwirtschaft sowie die Verlängerung des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent für Einkommen über eine Million Euro erreicht werden“, heißt es etwa im Ministerratsvortrag.

„Ordentlicher Budgetvollzug“

In der ZIB2 am Donnerstag zeigte sich Kanzler Kurz sicher, dass die Gegenfinanzierung steht. Die verspricht er sich von einem soliden Wirtschaftswachstum, niedriger Arbeitslosigkeit und „natürlich durch einen ordentlichen Budgetvollzug“. Es gäbe Ausgaben im öffentlichen Bereich, die man dank der Digitalisierung reduzieren könnte. Der ÖVP-Chef nannte ein Beispiel: Ein Prozent weniger Ausgaben in den Ministerien würden rund 800 Millionen Euro jährlich bedeuten. Man können also schon an „großen Schrauben drehen“, so Kurz.

Bundeskanzler Kurz über die Regierungsklausur

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erläutert im ZIB2-Interview die Art der Zusammenarbeit in der Regierung und die Ergebnisse der Regierungsklausur in Krems.

Kurz erinnerte daran, dass man – auch dank guter Konjunktur – im Jahr 2019 einen Budgetüberschuss von 1,4 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. „Es wird uns auch 2020, 2021 gelingen, keine neuen Schulden zu machen und gleichzeitig die Steuerlast zu senken“, so der Kanzler, der wiederholte, dass man in der öffentlichen Verwaltung sparsam sein wolle. „Mein Verständnis ist nicht, ein immer größerer Staat, der den Menschen immer mehr wegfrisst, sondern mein Verständnis ist ein starker Sozialstaat für alle, die ihn brauchen.“

Grafik zeigt Daten zur angestrebten Steuerreform
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Bundesregierung

Das Budget wird am 18. März präsentiert. „Alle Experten, die sich jetzt zu Wort melden, werden furchtbar überrascht sein, denn es wird rauskommen, dass wir wieder keine Schulden machen und die Entlastung weiter fortgesetzt wird“, so Kurz. Was allerdings ein wenig mehr Aufwand sei, sagte der Bundeskanzler, sei die Ökologisierung des Steuersystems. Eine Taskforce unter der Leitung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) soll die Maßnahmen genauer erarbeiten und im Sommer ein Paket präsentieren.

Kaum Details zur Ökologisierung

Die grüne Handschrift bei der Steuerreform ist die Ökologisierung. Die ersten sechs Schritte werden im kommenden Jahr gesetzt, weitere dann ab 2022. Das erste Paket für 2021 umfasst die angekündigte Vereinheitlichung der Flugticketabgabe auf zwölf Euro. Ebenfalls 2021 umgesetzt werden soll die „Ökologisierung“ der Normverbrauchsabgabe (NoVA). „Ökologisiert“ werden sollen auch die Pendlerpauschale und die bestehende Lkw-Maut. Bei Dienstwagen sind stärkere Anreize für CO2-freie Autos vorgesehen. Auch zur Eindämmung des Tanktourismus und des Lkw-Schwerverkehrs aus dem Ausland will die Bundesregierung Maßnahmen setzen.

Regierungsklausur 2020
ORF.at/Roland Winkler
Bei der Regierungsklausur in Krems stand die ökosoziale Steuerreform im Vordergrund

Gewessler erwartet sich für die Flugticketabgabe Einnahmen von rund 110 Millionen Euro. Details zu den anderen Maßnahmen wurden nicht bekannt. Auch wie eine Reform der Pendlerpauschale aussehen soll, ist noch unbekannt. Die Leiter von Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und Institut für Höhere Studien (IHS), Christoph Badelt und Martin Kocher, wünschen sich etwa eine Änderung, die umweltfreundliches Verhalten wirksam fördert. Denn die jetzige Pendlerpauschale sei nicht optimal, weil sie dazu verleite, aus der Stadt hinauszuziehen. Und pendle jemand mit einem SUV aus Klosterneuburg ein, brauche er die Pauschale wohl gar nicht.

Opposition kritisiert „Marketingschmäh“

Bei allen Pendlerförderungen zusammen geht es laut Badelt und Kocher um rund 1,2 bis 1,3 Mrd. Euro jährlich, zu denen nochmals rund eine Milliarde als Verkehrsabsetzbetrag hinzukommt. Besser als ein Absetzbetrag wäre hier ein Freibetrag – wobei die Pauschale, die ein Freibetrag sei, durch eine Prämie ersetzt werden sollte, so Badelt. Man könne auch das Gesamtvolumen in eine Prämie für die Benützung Öffentlicher Verkehrsmittel umwandeln.

Grafik zeigt Daten zur angestrebten Steuerreform
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Bundesregierung

Im Ö1-Morgenjournal kritisierte am Freitag die Opposition die Pläne der Regierung. SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer forderte eine Steuerfreiheit von bis zu einem Einkommen von 1.700 pro Monat. Das Regierungsmodell gleiche laut Krainer nicht einmal die kalte Progression aus. NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sagte, dass die Pläne der Regierung weder mit einer Entlastung noch mit einem großen Wurf zu tun hätten.

Positiv sei aber das Bekenntnis, dass man keine neuen Schulden machen wolle, so Schellhorn weiter. FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs erinnerte daran, dass die Steuerreform unter der ÖVP-FPÖ-Regierung geplant worden sei. Es sei nicht verständlich, warum ÖVP und Grüne eine Klausur für eine Reform benötigten, die bereits vorliege – mehr dazu in oe1.ORF.at.