Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
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Kurz zu EU-Budget

„1,11 Prozent sind nicht akzeptabel“

Während in Wien der Opernball stattfindet, wird Bundeskanzler Sebastian Kurz am 20. Februar in Brüssel eines der schwierigsten EU-Kapitel verhandeln: den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen. Am Samstag stellte er auf Ö1 klar: Österreich sei nicht bereit, mehr als ein Prozent zu zahlen – andernfalls werde man ein Veto einlegen.

Ende Februar findet ein EU-Sondergipfel zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021–27 in Brüssel statt. Hinter dem sperrigen Namen verbergen sich die entscheidenden Fragen, wie groß die künftigen EU-Haushalte sein sollen, wofür wie viel Geld ausgegeben werden kann und welche Mehrbelastung Nettozahlern wie Österreich zuzumuten ist.

Die Fronten innerhalb der Union sind verhärtet. EU-Kommission, Europaparlament sowie die Mehrheit der EU-Staaten treten für eine Erhöhung des Budgets ein. Die EU-Kommission schlägt 1,11 Prozent vor, das EU-Parlament fordert sogar 1,3 Prozent. Eine Gruppe von Nettozahlern will der Post-Brexit-EU hingegen nicht mehr als ein Prozent der Wirtschaftsleistung fürs Budget zugestehen.

Kurz: „Wir sind alles andere als alleine“

Und Kurz bleibt dabei: Sollte die Kommission ihren Vorschlag von 1,11 Prozent nicht doch noch abändern, werde Österreich ein Veto einlegen, sagte der Kanzler am Samstag in der Ö1-Sendereihe „Im Journal zu Gast“ – audio dazu in oe1.ORF.at. Kurz: „Wir sind alles andere als alleine. Wir sind in einer Gruppe der fünf Nettozahler gut abgestimmt und haben hier eine klare Position.“ Allerdings verwies der Kanzler auch darauf, dass man noch „mitten in den Verhandlungen sei“: „Ich hoffe doch, dass wir einen neuen Vorschlag präsentiert bekommen, der dann hoffentlich auch für uns akzeptabel ist.“

EU-Kommissar für Budget Johannes Hahn
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In Budgetkommissar Hahn wird Kurz in Brüssel einen Gegenspieler finden

Budgetkommissar Hahn will „unbequem sein“

In Budgetkommissar Johannes Hahn (ÖVP) hat das EU-Parlament jedenfalls einen Verbündeten im Kampf um ein höheres Budget und mehr Eigenmittel. Er wolle „unbequem sein, um klarzumachen, worum es geht“, hatte Hahn im Oktober bei seiner Anhörung gesagt. Die rote Linie sei das von der EU-Kommission vorgeschlagene Budgetvolumen von 1,1 Prozent. „Das ist das Mindestmaß“, sagte Hahn.

„Meine Aufgabe ist es, die Interessen Europas zu vertreten“, so Hahn. „Das kann man, auch wenn man persönlich befreundet ist“, sagte er mit Blick auf Kurz. Hahn äußerte zugleich Verständnis für die Nettozahlerposition Österreichs. Schließlich gehe niemand mit der Position in Verhandlungen, „was man alles bereit ist, mehr zu zahlen“.

Opposition reagiert mit Unverständnis

Kritik an der Vetoankündigung von Kurz kam am Samstag dagegen vonseiten der Opposition. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gab zu bedenken, dass eine niedrigere Beitragsleistung „negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft oder die Kohäsionsmittel für die Mitgliedsländer“ haben würde. Dass die Bundesregierung einerseits fordere, keine EU-Mittel für die Landwirtschaft zu kürzen und gleichzeitig auf ein Prozent Beitragsleistung beharre, sei schwer argumentierbar, so Kaiser.

Für NEOS-Europasprecherin und EU-Abgeordnete Claudia Gamon ist diese Haltung „reiner Populismus“: „Ausgerechnet am Tag nach dem Brexit, der uns erinnern sollte, dass wir mit der EU keinen kurzsichtigen Populismus betreiben sollen, macht Sebastian Kurz genau das. Er droht gleich mit einem Veto, um Stimmung gegen die EU zu machen, obwohl die Verhandlungen erst im Laufen sind.“ Die EU-Sprecherin der FPÖ, Petra Steger, meinte wiederum, Kurz „widerspricht sich selbst“, da auch ein Beitrag von 1,0 Prozent mittlerweile „einem Anstieg um mehrere Millionen Euro“ in absoluten Zahlen entspreche.

V.l.n.r.: Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bei der Regierungsklausur in Krems
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In Krems beschloss die Regierung den ökosozialen Umbau des Steuersystems ab 2022

Zu innenpolitischen Themen befragt wiederholte Kurz am Samstag, was er bereits nach der Regierungsklausur diese Woche mit den Grünen betont hatte: Der ökosoziale Umbau des Steuersystems solle auf jeden Fall 2022 kommen, unabhängig davon, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt. „Das wollen wir beide, das haben wir so vereinbart und das wird halten“, sagte Kurz.

Investitionen in Pflege und Sicherheit

In Bezug auf die anstehenden Budgetverhandlungen mit den Ressorts stellte Kurz Investitionen in den Bereichen Pflege und Sicherheit außer Streit. „Natürlich gibt es Bereiche, wo wir mehr investieren werden“, sagte er. So werde es mehr Polizisten auf der Straße und Verbesserungen im Pflegebereich geben. In anderen Bereichen werde man so sparsam mit dem Steuergeld umgehen, dass es gelingt, keine neuen Schulden zu machen. Er sei optimistisch, dass die Budgetgespräche bis Ende März abgeschlossen sein werden.

Befragt zu der heuer stattfindenden Wien-Wahl sagte Kurz, dass er mit Zugewinnen der ÖVP rechne – ob diese dann auch eine Koalition mit den Grünen eingehen sollte, um die SPÖ-Mehrheit zu brechen, wollte der Kanzler nicht bewerten. „Wir werden sicherlich nicht die Koalitionsgespräche in Wien auf Bundesebene ziehen“, sagte er. Dass seine früheren Koalitionspartner Heinz-Christian Strache oder Herbert Kickl (FPÖ) im Wien-Wahlkampf „Schmutzwäsche“ waschen könnten, befürchtet Kurz nicht. „Wir hatten mit den Freiheitlichen eine sehr gute Zusammenarbeit, insbesondere mit Heinz-Christian Strache hat das immer sehr respektvoll funktioniert.“