Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)
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Eurofighter

Tanner will von Airbus Geld zurück

Zuletzt war es eher ruhig um die Eurofighter, nun kommt wieder Bewegung in die Causa. Nachdem der Flugzeughersteller Airbus gegenüber den US-Behörden unlauteres Verhalten eingestand, sieht das Verteidigungsministerium einen bereits länger gehegten Betrugsverdacht beim Verkauf der Jets an Österreich und „massives Fehlverhalten“ bestätigt. Ressortchefin Klaudia Tanner (ÖVP) will Geld zurück.

Tanner forderte vom Hersteller Wiedergutmachung, der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, rechnet mit einer Anklage gegen Airbus auch in Österreich. "Ich habe mich unmittelbar nach meinem Amtsantritt der Angelegenheit angenommen und den Auftrag erteilt, die Ansprüche der Republik Österreich auf Wiedergutmachung gegen Airbus mit Nachdruck zu verfolgen“, wurde Tanner in einer Aussendung ihres Ministeriums zitiert.

„Wir verfolgen seit Jahren mit allen rechtsstaatlichen Mitteln die berechtigten Ansprüche der Republik Österreich gegen Airbus. Durch das nunmehrige Eingeständnis von Airbus sollte es auch in Österreich zur Anklage kommen können“, sagte Peschorn. Anlass für die neue Wendung ist eine veröffentlichte Vereinbarung zwischen Airbus und den US-Behörden, das sogenannte Deferred Prosecution Agreement, in welcher der Luftfahrtkonzern gegenüber dem Justiz- und dem Außenministerium in Washington in mehreren Fällen massives Fehlverhalten eingesteht und sich auch zu hohen Strafzahlungen verpflichtet.

Andreas Mayer-Bohusch (ORF) zur Causa Eurofighter

Airbus hat in den USA Fehlverhalten bei der Eurofighter-Anschaffung in Österreich eingestanden. Andreas Mayer-Bohusch erläutert, inwieweit sich die Republik eine Rückabwicklung oder Entschädigung erwarten kann.

Betrugsverdacht wieder auf dem Tisch

Die Vereinbarung bestätigt ausdrücklich unlauteres Verhalten von Airbus im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eurofighter Typhoon im Jahr 2003 an die Republik Österreich, wie das Nachrichtenmagazin „profil“ unter dem Titel „Das Eurofighter-Geständnis“ berichtete. Die Vereinbarung erhärte außerdem den vom Verteidigungsministerium unter Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Jahr 2017 angezeigten Betrugsverdacht, dass ein Teil des von der Republik Österreich für die Eurofighter als Kaufpreis bezahlten Betrags von 183,4 Mio. Euro via Deutschland „in das dubiose Vector-Netzwerk und zu anderen über Broker und Briefkästen geflossen war, um unlauteren Geschäften zu dienen“, schrieb das Ministerium am Samstag.

Ein Eurofighter auf der Rollbahn im Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg
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Die Entscheidung für den Eurofighter Typhoon fiel 2002, fünf Jahre später landete der erste der Kampfjets in Österreich

Dass Airbus Rekordstrafzahlungen von fast 3,6 Milliarden Euro zahlen muss, war bereits vor einigen Tagen bekanntgeworden, „profil“ fand nun heraus, dass sich das Geständnis, das Airbus im Rahmen des strafrechtlichen Vergleichs mit den US-Behörden abgelegt hat, auch auf Österreich und auf den umstrittenen Verkauf der Eurofighter-Kampfjets an das Bundesheer im Jahr 2003 erstreckt.

Der Airbus-Konzern, in dem die damalige Jetfirma European Aeronautic Defence and Space (EADS) aufgegangen ist, gebe diesbezüglich nämlich auch „politische Zuwendungen“ zu, wie aus den Gerichtsunterlagen aus den USA hervorgehe. Insgesamt habe Airbus Zahlungen an 14 Einzelpersonen, Berater oder Organisationen geleistet, die gemeldet werden hätten müssen, heißt es. Das Unternehmen beziehungsweise „seine Verkäufer“ hätten rund 55 Millionen Euro an entsprechenden politischen Zuwendungen, Honoraren oder Provisionen in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verkauf an Österreich „bezahlt, angeboten oder zu zahlen akzeptiert“.

Personen in Akten anonymisiert

Angeführt sind mehrere, aus Sicht der US-Behörden besonders bemerkenswerte Fälle. In den Akten sind Personen und Firmen zwar anonymisiert. Bei einem der Beispiele geht es jedoch allem Anschein nach um den früheren EADS-Lobbyisten Erhard Steininger, der zwischen April 2002 und Dezember 2009 – laut den Gerichtsdokumenten – von Airbus knapp 17 Millionen Euro plus ein Erfolgshonorar im Wert von 2,75 Millionen Euro erhielt. Bisher waren 17 Millionen Euro bekannt.

Eurofighter: Airbus gesteht Fehlverhalten

Der Flugzeugbauer Airbus hat laut „profil“ in den USA gestanden, dass es 2003 rund um den Verkauf der Kampfflugzeuge an Österreich politische Zuwendungen gegeben hat.

Ein zweiter angeführter Fall bezieht sich offenbar auf 87.600 Euro, die Steininger für Airbus an die Firma der Ehefrau des früheren Kommandanten der Luftstreitkräfte, Erich Wolf, bezahlte. Auch Wolf ist im Akt nicht namentlich genannt. Die Rede ist aber von einem „österreichischen Regierungsbeamten“. Ermittlungen gegen Wolf in Österreich wurden schon vor Jahren eingestellt.

Hohe Strafzahlungen für Airbus

Fest steht, dass nun schon in einem zweiten Land Verfehlungen in Zusammenhang mit dem österreichischen Eurofighter-Deal geahndet werden: Im Februar 2018 verhängte die Staatsanwaltschaft München ein Bußgeld von 81,25 Millionen Euro, da die Airbus Defence and Space GmbH seinerzeit „keine geeigneten Kontroll- und Sicherungssysteme implementiert“ gehabt habe, um „Geldflüsse für unklare Zwecke“ wirksam zu verhindern. Nachweise für Bestechungszahlungen hatten die deutschen Ermittler einer damaligen Pressemitteilung zufolge nicht gefunden.

Bereits mehrere U-Ausschüsse

Die Finanzprokuratur, die Rechtsvertretung der Republik, hatte sich im Februar 2017 mit einer Schadenersatzforderung von mindestens 183,4 Mio. Euro dem Betrugsverfahren in Österreich gegen Airbus und andere angeschlossen. Airbus räumte zuletzt auch gegenüber französischen und britischen Behörden gravierendes Fehlverhalten und rechtswidrige Geschäftspraktiken ein. Dafür musste der Luftfahrtkonzern erhebliche Strafzahlungen leisten.

Vom Ministerium hieß es am Samstag: „In Österreich war im Bericht des Verfahrensrichters zum parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der erst 2019 beendet worden war, unmissverständlich festgehalten worden, dass die Republik Österreich beim Kauf getäuscht worden war und nur deswegen € 183,4 Mio. zu viel gezahlt hatte.“

Die Causa Eurofighter war bereits Thema in drei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, bei dem es um den Ankauf und die dabei geschlossenen Gegengeschäfte mitsamt Vorwürfen diverser Unregelmäßigkeiten ging. Österreich hatte sich 2003 für den Kauf von 18 Eurofightern entschlossen, später wurde auf 15 Jets reduziert. Der Kauf ist bis heute das größte Rüstungsgeschäft der Nachkriegsgeschichte.