Der neu gewählte Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Thüringen, Thomas Kemmerich
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Thüringen

Ministerpräsident muss wieder gehen

Lange war der neue Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Thüringen, Thomas Kemmerich (FDP), nicht im Amt. Am Samstag erklärte er – nach nur drei Tagen – seinen Rücktritt. Seine Wahl mit Hilfe der rechten Alternative für Deutschland (AfD) hatte nicht nur auf Landesebene für Wellen gesorgt. Nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin forderten Union und SPD Neuwahlen in Thüringen.

Kemmerich kündigte seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung am Samstag nach der Sitzung der Spitzen der Großen Koalition in Berlin an, eine entsprechende Mitteilung veröffentlichte seine Landtagsfraktion in Erfurt.

„Hiermit erkläre ich meinen Rücktritt als Ministerpräsident des Freistaates Thüringen mit sofortiger Wirkung“, ließ der FDP-Politiker wissen. Sämtliche aus dem Amt des Ministerpräsidenten und des geschäftsführenden Ministerpräsidenten entstehenden Bezüge werde er an die Staatskasse zurückgeben.

Ein weiterer Rücktritt

Kurz vor seinem Rücktritt hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Ostbeauftragten der Regierung, Christian Hirte, entlassen. Er war wegen eines Glückwunsch-Tweets für Kemmerich zur Zielscheibe der Kritik geworden. Dieser war am Mittwoch im dritten Wahlgang mit Stimmen von FDP, CDU und AfD gewählt worden.

Die SPD fordert deswegen von der Union Klarheit zur Abgrenzung von der AfD. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wiederum hatte erklärt, sie wolle von der SPD wissen, „wie sie die Verantwortung in Thüringen wahrnimmt“. Kramp-Karrenbauer fordert von SPD und Grünen, einen neuen Kandidaten für das Ministerpräsidentenamt aufzustellen. Sie hatten bisher eine Minderheitsregierung unter Bodo Ramelow (Linke) angestrebt.

Ziemliche Turbulenzen

Der frühere Ostbeauftragte Hirte selbst hatte via Twitter geschrieben, Merkel habe ihm mitgeteilt, „dass ich nicht mehr Beauftragter der Bundesregierung für die Neuen Länder sein kann“. Er habe daher um seine Entlassung gebeten. Der 43-Jährige, der auch stellvertretender Landesvorsitzender der CDU in Thüringen ist, hatte nach der Wahl Kemmerichs getwittert: „Herzlichen Glückwunsch. Deine Wahl als Kandidat der Mitte zeigt noch einmal, dass die Thüringer RotRotGrün abgewählt haben. Viel Erfolg für diese schwierige Aufgabe zum Wohle des Freistaats Thüringen!“ Das hatte scharfe Kritik insbesondere von SPD und Linken ausgelöst.

Sitzverteilung im Landtag (Tortengrafik)
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Nicht mit der AfD

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten in einer gemeinsamen Erklärung nach der Sitzung des Koalitionsausschusses eine Neuwahl in Thüringen gefordert. Die Große Koalition bezeichnete die Wahl Kemmerichs mit den Stimmen der AfD als „unverzeihlichen Vorgang“. Deshalb solle dieser „die einzig richtige Konsequenz“ ziehen und zurücktreten – was er laut Ankündigung umgehend tat.

Thüringens Ministerpräsidenten tritt zurück

Im ostdeutschen Bundesland Thüringen tritt der erst kürzlich überraschend gewählte Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) mit sofortiger Wirkung zurück.

„Aus Gründen der Legitimation der Politik sind die Koalitionspartner davon überzeugt, dass unabhängig von der Wahl eines neuen Ministerpräsidenten baldige Neuwahlen in Thüringen erforderlich sind“, beschlossen die Parteichefs von CDU, CSU und SPD bei ihrem Treffen mit Merkel. Regierungsbildungen und politische Mehrheiten mit Stimmen der AfD schließen die CDU, CSU und SPD kategorisch aus. „Das ist und bleibt die Beschlusslage der die Koalition tragenden Parteien für alle Ebenen.“

Linke appelliert an CDU und FDP

Die Linke rief CDU und FDP dazu auf, Ramelow die Rückkehr ins Amt zu ermöglichen. „Wir fordern CDU und FDP dazu auf, im ersten Wahlgang mit einer deutlichen Mehrheit für Bodo Ramelow zu stimmen“, teilte der Landesverband am Samstagabend in Erfurt mit.

Den Rücktritt Kemmerichs nannte die Linke einen „längst überfälligen Schritt“. Es müsse nun schnellstmöglich eine „handlungsfähige Landesregierung mit Bodo Ramelow“ gebildet werden. Anschließend könne dann „der Weg zu geordneten Neuwahlen beschritten werden“. Der Thüringer CDU-Generalsekretär Raymond Walk hatte am Freitag eine Enthaltung der CDU-Abgeordneten bei einer erneuten Kandidatur Ramelows in Aussicht gestellt.

Gauland: AfD könnte Ramelow wählen

Die Rechtspopulisten erwägen unterdessen, bei der Wahl des Ministerpräsidenten für Ramelow zu stimmen. „Denn er dürfte das Amt dann auch nicht annehmen“, sagte AfD-Fraktionschef Alexander Gauland am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Gauland spielte damit auf Kemmerichs Rücktritt an. „Die kopflose Reaktion von CDU und FDP bringt mich zu der Empfehlung an die thüringischen Freunde, das nächste Mal Herrn Ramelow zu wählen, um ihn sicher zu verhindern – denn er dürfte das Amt dann auch nicht annehmen“, sagte Gauland.