Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) in der ORF-Pressestunde
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Steuer-„Ökologisierung“

Gewessler bleibt bei heißen Eisen vage

Seit ziemlich genau einem Monat leitet Leonore Gewessler (Grüne) das oft als „Superministerium“ titulierte Ressort für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Mit dem Ministerium hat sie einige heiße Eisen übernommen, darunter die viel zitierte „Ökologisierung“ des Steuersystems inklusive Pendlerpauschale und Dieselprivileg. Die Reform sei bereits sehr konkret, sagte Gewessler am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Dort blieben Details aber wieder vage.

Eines der größten Reizthemen im Paket ist das Dieselprivileg. Dazu hatte Gewessler schon einmal erklärt, dass sie dieses „selbstverständlich tabulos diskutieren“ wolle, so auch am Sonntag wieder – auch wenn sich Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gegen eine Abschaffung ausspricht. Trotzdem sieht die Umweltministerin hier keine wirklichen Differenzen.

Gewessler wiederholte mehrfach, man werde mit dem Koalitionspartner ÖVP eine umfassende ökosoziale Steuerreform umsetzen, man werde auch über das Dieselprivileg reden. Diskutiert werde demnächst in der im Februar startenden „Task Force ökosoziale Steuerreform“, die sie gemeinsam mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) leiten wird. Auch darauf verwies Gewessler wiederholt und betonte auch: Sie wolle ihrem Ministerkollegen nicht mit Details vorgreifen. Das Dieselprivileg sei jedenfalls ein „strukturelles Thema“, da es dazu geführt habe, dass der österreichische Gesamtfuhrpark aussehe wie er aussieht – „diesellastig“.

Klimaneutralität bis 2040 „eine Ansage“

Dass das Thema „Ökologisierung“ im Hinblick auf mögliche Abgabenerhöhungen bzw. Kürzungen von Förderungen auf der anderen Seite verunsichern könnte, glaubt Gewessler nicht. „Im Gegenteil“, sagte sie, das Regierungsprogramm bringe viel Klarheit.

Umweltministerin Leonore Gewessler (l., Grüne) in der ORF-Pressestunde mit Ulla Kramar-Schmid (ORF) und Gerold Riedmann (Vorarlberger Nachrichten)
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Gewessler sieht die Koalition it ihrem Programm gut aufgestellt – und eine deutliche grüne Handschrift

Klimaneutralität bis 2040 „ist eine Ansage“, und diese brauche unterschiedliche Weichenstellungen, etwa den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, möglichst viele Menschen müssten umweltfreundlich unterwegs sein, deutlich mehr emissionsfreie Fahrzeuge auf die Straße.

Nur Grundsätzliches zu Pendlerpauschale

Nächste heißes Eisen: Pendlerpauschale. Wie das konkret reformiert werden könnte, umriss die Ministerin ebenfalls nur sehr allgemein. Grundsätzlich würden Pendlerinnen und Pendler nicht gleich behandelt, sagte Gewessler. Besserverdiener profitierten – da Steuergutschrift – mehr. Das sei vom sozialen Standpunkt aus nicht gerecht.

Reform der Pendlerpauschale

Gewessler will das Pendlerpauschale ökologisch und sozial treffsicherer machen – wie genau, ist noch offen und Thema der „Taskforce“.

Die zweite Frage laute, wie man sie ökologischer machen könne, etwa durch Anreize für einen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Sie schränkte allerdings auch ein: Pendeln per Auto werde es weiter geben, da es eben auch Regionen gebe, wo um vier Uhr in der Früh kein Bus fahre.

Das Pauschale werde jedenfalls auch in der „Taskforce“ auf den Tisch kommen. Es sei eine Maßnahme unter anderen, trotzdem ein „großes Projekt“, das man nicht hier und jetzt „auf dem Notizblock ausrechnen“ könne. Gewessler verwies auch auf die im Regierungsprogramm festgelegten Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gemeinsam mit den Ländern.

Konkrete Ansage: Tempo 140 ist Geschichte

Konkreter wurde die Ministerin beim Thema Tempo 140 auf der Autobahn, als Pilotversuch gestartet von ihrem Amtsvorgänger Norbert Hofer (FPÖ). Die Regelung, die bisher auf zwei Teststrecken in Nieder- und Oberösterreich gilt, wird per Verordnung von ihr mit 1. März wieder Geschichte sein. Man dürfe keine falschen Signale setzen, sagte Gewessler in der „Pressestunde“.

CO2-Emissionen von Autos

Tempo 140 auf der Autobahn sei ein falsches Signal, sagt die Ministerin und stoppt das Pilotprojekt ihres Vorgängers Norbert Hofer (FPÖ).

Mögliche Tempoprivilegien für E-Autos müsse man sich „gut überlegen“, die Geschwindigkeit habe schließlich „mehrere Auswirkungen“ auf die Luftqualität, ein Faktor sei etwa auch Feinstaub. Es gehe darum, die Gesamtbelastung durch den Verkehr, die sie als „Handlungsauftrag“ versteht, zu reduzieren.

„Deckel bei der NoVa der richtige Weg?“

Weniger konkret wieder die Antworten auf Fragen zu den Plänen der ÖVP-Grünen-Regierung mit der Normverbrauchsabgabe (NoVa). Man müsse sich die Frage stellen, ob die aktuelle Regelung im Hinblick auf die Ziele im Klimaschutz sinnvoll sei, insbesondere, wenn viele leistungsstarke Fahrzeuge gekauft werden. „Ist der Deckel bei der NoVa der richtige Weg?“ Auf dem richtigen Weg sieht die Ministerin die Regierung jedenfalls mit ihrem „Mobilitätsmasterplan“, den sie mehrfach erwähnte.

Ticketabgabe „ein Signal“

Neben der Ticketabgabe über zwölf Euro soll eine Anti-Dumping-Regelung verhindern, dass weiter um Spottpreise geflogen werden kann, parallel dazu müsse, besonders auf der Kurzstrecke, eine Alternative geboten werden. Auf der Kurzstrecke werde die Ticketabgabe jedenfalls „ein Signal“ sein.

Klimaschutzmaßnahmen im Flugverkehr

Ticketabgabe, Anti-Dumping-Preisregelung und mehr Bahn sollen zum Umstieg bewegen.

Bahnverbindungen sollen über bessere Verbindungen und dichtere Takte attraktiver gemacht werden. Auch den Nebenstrecken, viele davon in den vergangenen Jahren eingestellt, wolle man sich übrigens „speziell“ widmen. Bahnfahren soll über das 1-2-3-Ticket – ebenfalls verankert im Regierungsprogramm – jedenfalls auch billiger werden.

Entscheidungsfaktor Klimaschutz

Gefragt nach dem Grund, warum sich der Plan der ÖVP-FPÖ-Vorgängerkoalition, für den Klimaschutz kontraproduktive Förderungen zu streichen, nicht auch im neuen Regierungsübereinkommen finde, verwies Gewessler auf den dort verankerten „Klimacheck“, dem alle neuen Gesetze unterzogen würden.

Klimacheck bei bestehenden Förderungen

Gewessler versichert: Auch bestehende Förderungen werde man angehen, „in der einen oder anderen Weise“.

Der sei ein Mechanismus, der garantieren solle, dass Klimaschutz zu einem Entscheidungsfaktor werde. Auch die anderen, nicht neuen Themen, werde man „angehen“, versprach die Ministerin, wie etwa die Kerosinbesteuerung auch auf europäischer Ebene. Eingangs hatte die Ministerin in der „Pressestunde“ versichert, dass die ökosoziale Steuerreform jedenfalls schon sehr konkret sei.