Zadic sprach von einem „konstruktiven Gespräch“, in dem Klarheit geschaffen werden konnte. Sie freue sich zudem, den Startschuss für eine Justizreform geben zu können. Dabei handle es sich um ein Maßnahmenpaket, das konkret drei Punkte beinhalte: schnellere Ermittlungsverfahren, Vorantreiben der Digitalisierung und eine Stärkung des Rechtsschutzes.
Letztere brauche es vor allem, um Vorgänge wie die rechtswidrige Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in Zukunft unterbinden zu können. Hier könnte etwa auf einen Richtersenat zurückgegriffen werden. Eine Digitalisierung der Akten hingegen solle etwa verhindern, dass vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Rasche Ermittlungsverfahren sollen die Effizienz der Justiz stärken. So solle sichergestellt werden, dass Schuldige rasch bestraft werden und Unschuldige nicht „jahrelang mit falschen Vorwürfen“ konfrontiert seien, so Kurz.

Standesvertreter: 150 Millionen für Erhalt von Status quo
Für eine Verkürzung der Verfahrensdauer brauche es vor allem mehr Personal, so Zadic. Neben Staatsanwälten und Staatsanwältinnen fehle es auch an IT- und Wirtschaftsexperten, die es etwa bei der Datenauswertung benötige. Die Präsidentin der Vereinigung österreichischer Staatsanwälte, Cornelia Koller, meldete den Bedarf nach 150 Mio. Euro zur Erhaltung des Status quo und mehr Mittel für beschleunigende Maßnahmen an.
Andreas Mayer-Bohusch (ORF) vom Bundeskanzleramt
Andreas Mayer-Bohusch (ORF) spricht über den Dreipunkteplan von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Wie viel zusätzliches Geld die Justiz bekommen soll, verrieten weder Kurz noch Zadic. Das sei Sache der Budgetverhandlungen. Er habe jedoch schon Gespräche mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) geführt, sagte Kurz. Zadic hat laut eigener Aussage aber dank intensiver Gespräche alle Zahlen parat, um gut vorbereitet in die Verhandlungen gehen zu können.
Wirtschaftskompetenz bleibt
Die Frage, ob der WKStA in Zukunft die Wirtschaftskompetenz abgesprochen werde, verneinte Zadic. Im Regierungsprogramm habe man sich auf eine Präzisierung der Zuständigkeiten geeinigt, bei einem Herauslösen der Wirtschaftskompetenzen würde es sich allerdings um einen Umbau und nicht um eine Präzisierung handeln, denn: „62 Prozent der WKStA sind reine Wirtschaftscausen“, so die Justizministerin.
Vorwürfe „ausgeräumt“
Der Anlass des Gesprächs war allerdings die in der Vorwoche vom „Falter“ bekanntgemachte Attacke von Kurz gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Das sagte nach dem Treffen auch Koller: „Warum wir Standesvertreter den Termin eingefordert haben, waren die kolportierten Angriffe.“ Aus Sicht des Chefs der Justizgewerkschafter, Christian Haider, sei diese Causa nun allerdings ausgeräumt. Der Bundeskanzler habe versichert, dass er hohes Vertrauen in die Justiz habe.
Kurz seinerseits versicherte, es sei ihm darum gegangen, Missstände anzusprechen – er habe allerdings nie versucht, der Justiz generell einen Vorwurf zu machen. Er freue sich, dass es dazu jetzt „Reformen“ geben werde und dass es beim Thema des parteipolitischen Einflusses Einigkeit gegeben habe, dass dieser „egal von welcher Partei“ abzulehnen sei.

Zadic sieht „keine Netzwerke“
Zadic sieht die von der ÖVP ins Spiel gebrachten „roten Netzwerke“ in ihrem Ministerium nicht. „Ich habe keine Netzwerke gesehen“, sagte Zadic bereits vor dem Treffen. Ihr Ministerium hatte diesbezüglich auch eine „Klarstellung“ im Internet veröffentlicht. In dieser heißt es: „Es ist der gesetzliche Auftrag der Staatsanwaltschaften, objektiv und unabhängig von Parteizugehörigkeit oder sonstigem Hintergrund der Beschuldigten zu ermitteln.“
Dem Ministerium würden keinerlei Hinweise vorliegen, die ein politisches Agieren einer Staatsanwaltschaft nahelegen würden. Dass österreichische Staatsanwaltschaften objektiv und unabhängig von Parteizugehörigkeiten ermitteln und somit Paragraf 3 Strafprozessordnung Folge leisten würden, stehe „außer Frage“.

Das von der ÖVP zitierte, 23 Jahre alte Protokoll einer Sitzung, in der SPÖ-Justizpolitiker darüber sprachen, Parteigenossen zum Weg in den Richterdienst zu motivieren, wollte Zadic nicht überbewerten: „Das Papier ist aus dem letzten Jahrtausend.“
Edtstadler sah sich durch Aussagen von Ex-SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim indes bestätigt, dass die SPÖ hier eine „Strategie“ verfolgt habe – und appellierte, dass Parteizentralen keinen Einfluss auf die Karriereplanung von Richtern oder Staatsanwälten nehmen dürften.
Aussprache mit Justiz
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) trafen mit führenden Vertretern der Staatsanwaltschaft zu einer Aussprache zusammen.
„Informationen von leitenden Journalisten“
Zadic betonte nach dem Treffen: „Der Bundeskanzler und ich sind uns einig, dass jede parteipolitische Einflussnahme abzulehnen ist.“ Die Justiz solle unabhängig agieren, stehen Vorwürfe im Raum, etwa die Weitergabe von sensiblen Informationen durch Staatsanwälte, komme es ohnedies zu Ermittlungsverfahren. Es gebe jedoch weder Indizien dafür, noch seien Verfahren anhängig, so Zadic. Koller argumentierte, dass Staatsanwälte „die Letzten“ seien, die Interesse daran haben, wenn Details von Ermittlungen öffentlich bekanntwerden, würden sie damit doch an ihrer Arbeit gehindert.
Kurz betonte indes, dass ihm gegenüber zwei „leitende Journalisten“ zugegeben hätten, Informationen direkt von der Staatsanwaltschaft bekommen zu haben. Auf die Frage, ob daraufhin ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet wurde, antwortete Kurz, dass er hier „Vertraulichkeit wahre“. Sowohl die FPÖ als auch NEOS kündigten bereits an, Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen unbekannt einbringen zu wollen. Auf Twitter schrieb der Nationalratsabgeordnete Kai Jan Krainer, dass die SPÖ bereits eine Anfrage eingebracht habe.