Frau mit Teddybär auf einem Schiff
AP/Jae C. Hong
Wegen Coronavirus unerwünscht

Schiffe als schwimmende Gefängnisse

Das neuartige Coronavirus hat Chaos auf allen Verkehrswegen in Asien verursacht. Einreisebestimmungen wurden verschärft, unzählige Flüge gestrichen. Auch die Schifffahrtsbranche hat es schwer erwischt. Davon betroffen sind Tausende Reisende, die nun nicht mehr von Bord der teuer gebuchten Kreuzfahrtschiffe dürfen. Ein unter niederländischer Flagge fahrendes Schiff darf nicht einmal mehr anlegen.

Die „MS Westerdam“ hätte in Laem Chabang rund 120 Kilometer südöstlich von Bangkok anlegen sollen. Am Montag schrieb die Reederei noch, dass das Anlegen am Donnerstag in Hongkong geplant sei. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass jemand an Bord das Virus in sich trage. Doch Thailand stellte sich als das vorerst letzte Land heraus, das dem Schiff das Anlegen verweigerte.

Gesundheitsminister Anutin Charnvirakul schrieb am Dienstag auf Facebook, er habe untersagen lassen, dass das Schiff festmacht. Zuvor hatten das schon Taiwan und Japan verweigert. Das Schiff steht nicht unter Quarantäne, auch ist kein Fall von Ansteckung an Bord bekannt.

Beschwerden über Unklarheit

Thailands Regierungschef Prayut Chan-o-cha versicherte, der „Westerdam“ würden bei Bedarf Treibstoff, Wasser und Lebensmittel gebracht. An Bord waren nach Angaben der Reederei rund 1.500 Gäste und 800 Besatzungsmitglieder. Die Gäste seien in Sicherheit, die Reederei habe auch eine Reihe von medizinischen Vorsorgemaßnahmen getroffen. Den Passagieren wurde bereits eine hundertprozentige Erstattung des Ticketpreises versprochen.

Kreuzfahrtschiff unter Quarantäne

Auf dem Kreuzfahrtschiff „Diamond Princess“ sitzen 3.600 Passagiere und Crewmitglieder seit einer Woche fest.

„Wir wissen, dass dies für unsere Gäste und ihre Familien verwirrend ist, und wir schätzen ihre Geduld sehr“, so das Unternehmen in einer Erklärung. Einige Passagiere beschwerten sich, dass das Anlageverbot Thailands ihnen nicht mitgeteilt worden sei, wie Reuters berichtete. „Wir dachten, es sei alles abgeschlossen. Alle buchten bereits ihre Flüge! Jetzt ist wieder alles in der Schwebe“, so ein Passagier per Mail. Eine andere Passagierin schrieb: „Ich wünschte, jemand würde das Anlegen erlauben und warten, bis bewiesen ist, dass es hier kein Coronavirus gibt. Wir sind alle sehr besorgt.“

Zu wenige Messgeräte in Japan

Erkrankung heißt Covid-19

Die Lungenerkrankung, die durch das neuartige Virus verursacht wird, hat nun einen eigenen Namen bekommen. Sie wird nun von der WHO Covid-19 genannt. Zugleich erhielt auch das neue Coronavirus einen eigenen Namen: SARS-CoV-2.

Die „Westerdam“ gehört der Reederei Holland America, einer Tochtergesellschaft der Carnival Corporation. Dieser wiederum gehört auch die „Diamond Princess“, die wegen des Virus in Japan festsitzt. Die „Diamond Princess“ stand allerdings am Dienstag weiter unter Quarantäne, am Mittwoch wurden mehr als 170 Infektionen unter den Passagieren an Bord bestätigt. Doch auch nach gut einer Woche herrschte weiter Unklarheit über das genaue Ausmaß der Infektionen.

In der japanischen Regierung werde darüber diskutiert, ob alle an Bord verbliebenen 3.600 Menschen auf den Erreger getestet werden sollen, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am Dienstag. Alle Menschen an Bord auf das Coronavirus zu testen gestalte sich schwierig, da es im Land nur eine begrenzte Zahl an Testgeräten gebe, hieß es.

Mann mit Plakat
APA/AFP/Charly Triballeau
„Gebt nicht auf“: Anfeuerung für die festsitzenden Passagiere der „Diamond Princess“

Eine solche Untersuchung würde so viele Geräte binden, dass Japan im Falle eines Ausbruchs andernorts im Lande nicht in der Lage wäre, schnell zu reagieren, gab Yoshiaki Katsuda von der Kansai-Universität laut der Nachrichtenagentur Kyodo zu bedenken. Die „Diamond Princess“ verließ unterdessen zunächst den Hafen von Yokohama, das Schiff wird am Donnerstag dort zurückerwartet, wie der japanische Fernsehsender NHK meldete. Zumindest bis 19. Februar sollen die Passagiere und die Crewmitglieder an Bord bleiben.

Industrie unter Druck

In der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong durften unterdessen 3.600 Passagiere und Besatzungsmitglieder nach tagelanger Quarantäne ein Kreuzfahrtschiff verlassen. Die „World Dream“ war am Mittwoch vergangener Woche festgesetzt worden, nachdem bei drei früheren Passagieren das Virus nachgewiesen worden war.

Durch das Coronavirus sind nun weltweit Reedereien alarmiert. „Wir sind höchst aufmerksam“, sagte der Sprecher der Reederei Aida Cruises mit Sitz im deutschen Rostock, Hansjörg Kunze, der dpa. Der entscheidende Schritt sei zu verhindern, dass Infizierte an Bord kommen. Aktuell würden keine chinesischen Häfen mehr angelaufen, auch Hongkong und Macao nicht. Passagiere bekämen auf allen Schiffen vor dem Boarding einen Gesundheitsfragebogen. „Jeder, der 14 Tage vorher in China war, wird nicht mitgenommen.“

Inkubationszeit womöglich manchmal länger

Die Kreuzfahrtindustrie hatte am Freitag ihre Vorsorgemaßnahmen verschärft. Passagiere und Besatzungsmitglieder, die 14 Tage vor der Einschiffung aus oder über China gereist sind oder über Flughäfen in dieser Region im Transit – einschließlich Hongkong und Macaou –, dürfen nicht mehr an Bord eines Kreuzfahrtschiffs.

Kreuzfahrtschiff Diamond Princess
APA/AFP/Charly Triballeau
3.600 Menschen sitzen auf der „Diamond Princess“ fest

Zudem werde allen Personen die Beförderung verweigert, die möglicherweise Kontakt mit einer infizierten Person hatten, hatte der internationale Kreuzfahrtverband Cruise Lines International Association (CLIA) mitgeteilt. Etliche Kreuzfahrten, die nach China geführt hätten, wurden umdisponiert oder gestrichen.

Als Problem für Buchungen stellt sich freilich auch die Inkubationszeit dar. Sie wurde bisher mit 14 Tagen angegeben, neueren Analysen zufolge kann sie in seltenen Fällen aber auch bis zu 24 Tage betragen. Auch schienen zuletzt manche Tests fehlerhaft: So wurden zwei aus Wuhan ausgeflogene Japaner zunächst negativ getestet, einer von ihnen sogar zweimal. Sie stellten sich erst später als infiziert heraus, wie das japanische Gesundheitsministerium am Dienstag mitteilte.

WHO versammelt Experten

Das Virus ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen eine weltweite Bedrohung. Zwar beschränkten sich derzeit noch rund 99 Prozent der Infektionsfälle auf China, doch stelle das Virus auch eine „sehr ernste Bedrohung für den Rest der Welt dar“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Dienstag in Genf zum Auftakt einer internationalen Expertenkonferenz. Das zweitägige, von der WHO organisierte Treffen soll zur Eindämmung der Krankheit beitragen.

WHO: Beratungen über Coronavirus

Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beraten über das Coronavirus. Die Krankheit soll besser erforscht werden.

„Das Wichtigste ist, die Ausbreitung aufzuhalten und Leben zu retten“, sagte er vor den rund 400 Forscherinnen und Forschern aus aller Welt. „Gemeinsam können wir das schaffen.“ Der WHO-Chef forderte alle betroffenen Länder erneut auf, ihre medizinischen und wissenschaftlichen Daten zu teilen. Gleichzeitig rief er zu globaler Solidarität auf.

In China stieg die Zahl der Todesopfer durch das Coronavirus inzwischen auf über 1.100. Mehr als 44.200 Covid-19-Krankheitsfälle wurden offiziell in Festlandchina gemeldet. Außerhalb von China gibt es rund 400 weitere Infektionsfälle in rund 25 Ländern.