Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/Roland Schlager
Nach Kurz-Aussage

Staatsanwaltschaft leitet Verfahren ein

Die Staatsanwaltschaft Wien hat nach den Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag über Informanten aus der Staatsanwaltschaft von sich aus ein Verfahren gegen unbekannt eingeleitet. Das Verfahren ist unabhängig von den Sachverhaltsdarstellungen von NEOS und FPÖ in der Angelegenheit.

Das Verfahren der Staatsanwaltschaft richte sich gegen unbekannt, teilte Behördensprecherin Nina Bussek Dienstagmittag auf APA-Anfrage mit. Kurz hatte am Montag nach einem Spitzengespräch zum Thema Justiz gemeint, zwei hochrangige Journalisten hätten ihm bestätigt, dass interne Informationen aus der Staatsanwaltschaft an Medien gegangen seien. Ob er nun in dem daraus resultierenden Verfahren aussagen muss, konnte Bussek noch nicht sagen.

Die Journalisten hätten ihm das „im Vertrauen“ gesagt, deshalb wahre er auch die Vertraulichkeit und nenne die Namen nicht. Kurz hatte noch am Montag – in Bezug auf die angekündigten Sachverhaltsdarstellungen – betont, dass er im Falle einer Vorladung unter Wahrheitspflicht aussagen würde. Generell hatte Kurz auch gesagt, die Information der Journalisten sei „sehr überblicksartig“ gewesen.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die angebliche Weitergabe von Informationen durch Personen in der Behörde selbst – konkret geht es um den Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses (Paragraf 310 Strafgesetzbuch). Dazu ist die Behörde von Amts wegen verpflichtet.

Experten sehen keine Anzeigepflicht

Freilich hatten die Oppositionsparteien FPÖ und NEOS noch am Montag angekündigt, ihrerseits Sachverhaltsdarstellungen gegen Kurz einbringen zu wollen. Sie mutmaßen, bei Kurz’ Aussagen könnte es sich um Amtsmissbrauch bzw. Anstiftung zum Amtsmissbrauch handeln. Laut dem Experten für Wirtschaftsstrafrecht, Robert Kert, ist Kurz allerdings nicht anzeigepflichtig, „weil ihn diesbezüglich keine Pflichten treffen“. Für eine funktionierende Justiz „wäre es aber sinnvoll, wenn er es anzeigen würde und nicht unkonkrete Vorwürfe in den Raum stellt“, sagte Kert im Ö1-Interview – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Medienanwältin Maria Windhager meinte gegenüber „Heute“ (Onlineausgabe), Kurz könne vorgeladen werden. Er habe kein Entschlagungsrecht, wenn er Vertraulichkeit zugesichert habe. Allerdings: Würden die Namen der Journalisten bekannt, die seine Informanten gewesen sein sollen, könnten sich diese auf das Redaktionsgeheimnis berufen und daher nicht zur Aussage gezwungen werden, so Windhager auf „Heute“-Anfrage.

Strafrechtsprofessor Hubert Hinterhofer von der Uni Salzburg bestätigte in der „Presse“, dass Kurz aussagen müsste. Eine Art Redaktionsgeheimnis gebe es für Kanzler nämlich nicht. Hinterhofer betonte aber so wie Kert, dass für Kurz keine Anzeigepflicht bestanden habe.

Anwälte erfreut über Kurz’ Budgetzusage

Hocherfreut zeigte sich unterdessen Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff über das Ergebnis der Justiz-„Aussprache“, speziell über die Zusage des Kanzlers, die Budgetmittel aufzustocken. Den ebenso vereinbarten Ausbau des Rechtsschutzes in den Ermittlungen sowie die Digitalisierung aller Akten fordern die Anwälte seit Langem. Nichts hielte Wolff von einer Einschränkung der Veröffentlichung von Aktenteilen.

„Das gab es vonseiten der Regierung bisher niemals“, begrüßte der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, dass Kurz in der Aussprache mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und den Staatsanwälte-Standesvertretern die Aufstockung des Justizbudgets zugesagt hat. Bisher hätten das immer nur die Justizminister gefordert – und die Finanzminister dann nicht erfüllt. „So erbittert und kontrovers“ die Auseinandersetzung zwischen Politik und Staatsanwälten begonnen habe, so gut sei das Ergebnis gewesen – wobei man freilich hoffen müsse, dass die Vereinbarungen auch umgesetzt werden.