„Die Winter sind definitiv kürzer geworden, dafür hat sich die Vegetationsperiode verlängert. Der Frühling beginnt früher, und der Herbst endet etwas später“, erklärt ZAMG-Phänologe Helfried Scheifinger gegenüber ORF.at. Der Frühlingsbeginn zeigt sich etwa dadurch, dass Bäume austreiben, Blumen zu blühen beginnen und Vögel ihre Wanderung zu den Brutgebieten antreten.
Dass die Natur zunehmend früher aus dem Winterschlaf erwacht, ist mittlerweile auch durch zahlreiche Studien wissenschaftlich belegt, zuletzt etwa in einer Mitte Februar veröffentlichten Untersuchung eines internationalen Forschungsteams der University of Minnesota.
Frühling: Je wärmer, desto früher
Die Forscher und Forscherinnen analysierten den Zusammenhang zwischen Temperatur und Blühsaison anhand von Satellitenbildern aus Städten. Das Ergebnis: Da es in den Stadtzentren wärmer ist, blühen Pflanzen dort früher als am Land. Demzufolge wirke sich die (globale) Erwärmung stark auf den Saisonstart aus.
Phänologie
Da die Phänologie die Entwicklung der Natur im Zusammenhang mit dem Klima untersucht, liefert sie für die Klimaforschung wichtige Informationen, die nicht von instrumentellen Messungen abhängen. Scheifinger zufolge ist die Phänologie daher auch ein „guter Anzeiger für die Wirkung des Temperaturanstiegs auf die Vegetation“, schließlich werde diese in ihrem Jahresverlauf wesentlich von der Temperatur gesteuert.
Das bestätigt auch die ZAMG: „Das, was wir bis jetzt beobachten, was sich die vergangenen Jahrzehnte ereignet hat, scheint sehr stark mit dem Problem der globalen Erwärmung in Zusammenhang zu stehen“, so Scheifinger. Die Natur würde sich an die veränderten Bedingungen anpassen: „Wenn die Frühlingstemperaturen höher sind, dann können die Pflanzen früher austreiben. Wenn es kühler ist, verzögert sich hingegen die saisonale Entwicklung. Wir sprechen von einer Empfindlichkeit der Pflanzen auf Temperaturänderungen in einer Größenordnung von etwa 3-7 Tagen pro Grad Celsius“, so der Experte.
„Alle heuer etwas früher dran als sonst“
Schneeglöckchen etwa würden durchschnittlich erst ab dem 19. Februar blühen, heuer hätten ehrenamtliche Beobachter und Beobachterinnen auf dem phänologischen Beobachtungsnetz „Naturkalender“ die ersten jedoch bereits deutlich früher gemeldet. „Schneeglöckchen, Haselblüte, Haselkätzchen, Erle, Leberblümchen, Winterjasmin – sie alle sind heuer etwas früher dran als sonst“, sagt Scheifringer.
Dass die Hasel dieses Jahr „früher als normal“ blühte, bestätigt auch Uwe Berger, Leiter des Pollenwarndienstes, gegenüber ORF.at. „Im Fünfjahresschnitt sei es etwa sieben bis zehn Tage früher“, so Berger. Auch er meint: Durch die Klimakrise würden die Pflanzen nicht nur früher, sondern auch länger blühen – dadurch werde auch die Pollensaison länger.
In den Sozialen Netzwerken zeigen sich User unterdessen angesichts des bereits blühenden Bärlauchs irritiert – normalerweise beginnt die Bärlauchzeit erst ab März. So schrieb ein User bereits am Wochenende: „Bärlauch, Anfang Februar? Ich hab ja schon viele sonderliche Sachen der Natur gesehen, aber Bärlauch bereits am 9.Februar… ich fasse es nicht! “
Vegetationsperiode in Österreich bis zu drei Wochen länger
Die Klimaerwärmung habe der ZAMG zufolge die Vegetationsperiode in Österreich in den letzten Jahrzehnten bereits um zwei bis drei Wochen verlängert. Vergangenen Frühling war es etwa um rund zwei Grad wärmer als im Durchschnitt, demnach war auch die Entwicklung der Natur, beispielsweise die Blüte von Marille, Apfel und Kirsche, um zehn Tage früher dran als in einem durchschnittlichen Frühling der Vergleichsperiode 1981-2000.
Laut Scheifinger werde sich die Verschiebung der Jahreszeiten in Zukunft zwar fortsetzen, allerdings nicht unendlich, da die Pflanzen in ihrem saisonalen Zyklus nicht nur von der Temperatur, sondern auch von der Tageslänge gesteuert würden, so der Phänologe. Für die heimische Flora sehe er in den veränderten klimatischen Bedingungen kein Problem. Schwieriger werde es jedoch für die Land- und Forstwirtschaft. Hier müssten Anpassungsmaßnahmen vorgenommen werden.