Syrien: Konflikt zwischen Russland und Türkei spitzt sich zu

In Syrien steuern Russland und die Türkei auf eine offene Konfrontation zu. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte gestern den von Russland unterstützten syrischen Truppen, sie würden einen hohen Preis für Angriffe auf Soldaten seines Landes zahlen. Die Regierung in Moskau forderte dagegen, alle Angriffe auf russische und syrische Kräfte in der Rebellenprovinz Idlib müssten eingestellt werden.

Das syrische Militär erklärte, man werde auf türkische Angriffe antworten. Die russische Nachrichtenagentur TASS berichtete, Russlands Präsident Wladimir Putin wolle noch heute mit Erdogan telefonieren. Die UNO warnten angesichts der Kämpfe vor einem Anschwellen der Flüchtlingswelle in Idlib im Nordwesten Syriens.

Syrische Truppen nehmen wichtige Verkehrsachse ein

Zuvor konnten syrische Truppen die strategisch wichtige Fernstraße M5 zwischen Aleppo und Damaskus unter ihre Kontrolle bringen, die seit 2012 von Rebellen beherrscht wurde. Von der Türkei unterstützte Rebellen starteten daraufhin einen Gegenangriff und rückten auf die Stadt Nairab vor. Ein Vertreter des türkischen Militärs erklärte, die Rebellen hätten einen „ausgewachsenen Angriff“ auf einen Knotenpunkt der M5 gestartet.

Am Vortag hatte sich die Situation zugespitzt, nachdem bei einem Angriff syrischer Truppen fünf türkische Soldaten getötet worden waren. Zudem endeten türkisch-russische Gespräche zur Beendigung der Kämpfe ohne konkretes Ergebnis. Erdogan kündigte an, er werde zeitnah einen Plan für Idlib vorstellen.

Waffenstillstand ausgehebelt

Durch die Entwicklung wird der auch von Russland und der Türkei vereinbarte Waffenstillstand ausgehebelt. Die Türkei unterstützt Rebellen in Idlib, während Russland und der Iran an der Seite der Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad stehen. Durch den 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg sind bisher 3,6 Millionen Syrer in die Türkei geflohen. Nach den Worten Erdogans kann sein Land keine weiteren Menschen aufnehmen.

In den vergangenen zehn Wochen sind allerdings mehr Menschen vertrieben worden als jemals zuvor. „Das ist die am rasantesten wachsende Vertreibung, die wir je in diesem Land gesehen haben“, sagte Jens Laerke von der UNO-Hilfsorganisation OCHA. Seit Dezember seien fast 700.000 Menschen geflohen, hauptsächlich Frauen und Kinder. Sollten die Kämpfe in den Gebieten um Idlib und Aleppo andauern, könnten weitere 280.000 Menschen folgen.