Eurofighter im Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg
ORF.at/Roland Winkler
Eurofighter

Österreich erhöht Druck auf Airbus

In der Eurofighter-Causa erhöht Österreich den Druck auf Hersteller Airbus. Sie fordere „vollumfassende Kooperation“ und „endgültig Wiedergutmachung“ auch für Österreich, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) am Donnerstag. Airbus reagierte mit einem Gesprächsangebot. Der frühere Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) verlangte zuvor die Stilllegung der Eurofighter.

Tanner forderte am Donnerstag, dass Airbus jene 14 Personen und Organisationen nennt, an die Geld geflossen sein soll. „Nach 17 Jahren haben die Steuerzahler endlich Wahrheit und Klarheit verdient.“ Es könne nicht sein, dass in Deutschland, Großbritannien und den USA Wiedergutmachung geleistet werde „und bei uns nicht“, so Tanner weiter. Der Ausstieg aus dem Vertrag und eine Rückabwicklung sei eine Option, sagte sie einmal mehr. „Airbus wird mich noch kennenlernen“, zeigte sie sich demonstrativ kämpferisch.

In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz gab Tanner Donnerstagnachmittag dann bekannt, dass Airbus auf die jüngsten Entwicklungen in Österreich reagiert habe: „Unser Druck hat Wirkung gezeigt, Airbus hat sich vor wenigen Stunden gemeldet und um einen Termin ersucht." Der Termin soll gemeinsam mit der Finanzprokuratur und unter Einbindung aller Wehrsprecher der Parlamentsparteien stattfinden. Ein konkretes Datum gibt es noch nicht, man will das Treffen aber so bald wie möglich machen, hieß es am Rande der Pressekonferenz.

Tanner (ÖVP): „Airbus wird mich noch kennenlernen!“

Beim Thema Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag erhöht Verteidigungsministerin Tanner den Druck auf den Hersteller Airbus.

Peschorn: „Die Sache ist sehr zäh“

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, Anwalt der Republik, sagte am Abend in der ZIB2: „Die Sache ist sehr zäh“. Der Verdacht, dass bei der Aufklärung jemand „auf der Bremse“ stehe, sei nicht von der Hand zu weisen. Das auch deshalb, weil es in anderen Ländern Vergleiche bzw. Zugeständnisse gebe, in Österreich gebe es vom Vertragspartner aber nicht nur keine Zugeständnisse, sondern vielmehr werde das Gegenteil behauptet. „Das ist eine Schieflage, die auch eine Ursache haben muss.“

Peschorn sieht „Bewegung in Causa Eurofighter“

Nach 17 Jahren und zahllosen Vorwürfen kommt nun doch Bewegung in die Causa Eurofighter, sagt Wolfgang Peschorn, Leiter der Finanzprokuratur.

Gefragt, wer Interesse an einer Verschleppung haben könnte, sagte Peschorn: „Natürlich jene Menschen, die von den Vorwürfen, die wir erhoben haben, profitiert haben. Es steht ja im Raum, dass Österreich mit den rund zwei Milliarden Euro, die wir im Jahr nach dem Kaufvertrag, im Jahr 2003, bezahlt haben, tatsächlich unsere Korruption selbst bezahlt haben – weil in diesem Kaufpreis 183,4 Millionen eingepreist waren.“ Über diesen Betrag sei Österreich getäuscht worden, das sei auch im letzten Untersuchungsausschuss festgestellt worden.

Peschorn verwies zudem auf das Eingeständnis von Airbus gegenüber US-Behörden, wonach nicht deklarierte Zahlungen über 55,1 Mio. Euro im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verkauf an Österreich im Jahr 2003 an 14 Personen flossen. Diese 55,1 Mio. Euro seien Teil der 183,4 Mio. gewesen, so Peschorn. Gefragt nach Hinweisen, wer diese 14 Personen sind, sagte er, es gebe zumindest auf drei Personen Hinweise. Es sei „sehr bezeichnend“, dass es sich dabei um Personen handle, gegen die es in Österreich einen Verdacht gegeben habe, bei denen die Strafverfolgung aber rechtskräftig eingestellt worden sei.

„Jemand muss eine Entscheidung treffen“

Doskozil, der Eurofighter wegen Betrugs angezeigt hat, plädierte beim „roten Foyer“ mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Donnerstagvormittag dafür, die Eurofighter stillzulegen. Alle Fakten lägen auf dem Tisch, „es muss endlich jemand im Verteidigungsministerium eine Entscheidung treffen“, so der burgenländische Landeshauptmann.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
APA/Helmut Fohringer
Rendi-Wagner und Doskozil bei der Pressekonferenz

Die Eurofighter sollten stillgelegt, das Betrugsverfahren fortgeführt und ein Einflottensystem als Leasingvariante angeschafft werden. „Das würde dem Steuerzahler sehr viel Geld ersparen“, so Doskozil weiter. Er sei dagegen, dass man mit Unternehmen, die die Republik betrogen haben, weiter Geschäfte mache. Die Frage, wie realistisch eine Rückabwicklung des Kaufvertrags ist, beantwortete Doskozil nicht.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe in der ÖVP-FPÖ-Regierung eine Entscheidung über die drängende Frage der Luftraumüberwachung, die mit dem Ausscheiden der veralteten Saab 105 Ende 2019 schon längst akut ist, nach Ende des letzten Eurofighter-Untersuchungsausschusses versprochen. Nun heiße es weiter warten.

Lob für Tanner

„Mutig“ sei Tanners Forderung nach Aufklärung über irreguläre Zahlungsflüsse von Airbus, sagte der Landeshauptmann. „Das hätte ich nicht erwartet, ich kann sie nur bestärken und ihr dazu gratulieren.“ Bisher habe die ÖVP wenig Interesse an Aufklärung in dieser Angelegenheit gehabt, kritisierten Doskozil und Rendi-Wagner. „Es war immer die ÖVP, die sich hinter den Eurofighter-Kauf gestellt und die Gegengeschäfte verteidigt hat“, so Rendi-Wagner.

Verteidigungsministerin Tanner zur Causa Eurofighter

Laut Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) liegen für eine Wiedergutmachung alle Optionen auf dem Tisch – diese würden auch bis zu einer Rückabwicklung des Vertrags reichen.

Eine Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufvertrags aufgrund von Schmiergeldzahlungen könnte juridisch schwierig werden, denn der Vertrag enthält eine Klausel – besser bekannt als Schmiergeldklausel –, wonach der Eurofighter-Deal nur dann nichtig ist, wenn Schmiergeldzahlungen durch den Bieter direkt erfolgen, nicht aber durch Dritte.

Vorwürfe gegen Justizministerium

Der burgenländische Landeshauptmann ließ zudem mit der Aussage aufhorchen, dass er schon bei seiner Betrugsanzeige als Verteidigungsminister in den Jahren 2016 und 2017 dem Justizministerium nicht vertraut habe und daher die Anzeige an die US-Behörden nicht über das Justizressort gemacht habe, sondern mit Hilfe der Finanzprokuratur über einen Anwalt in den Vereinigten Staaten.

Causa Eurofighter: SPÖ wirft ÖVP Vertuschung vor

Vertuschung wirft die SPÖ der ÖVP in der Causa Eurofighter vor. Ex-SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sagte, er habe bei der Anzeige gegen Airbus deshalb den direkten Weg zur US-Justiz genommen.

Er habe als Minister ein Jahr lang heimlich Ermittlungen durchgeführt und die Betrugsanzeige vorbereitet, um eventuellen Widerständen auszuweichen. Für Doskozil ist es kein Zufall, dass in der Causa Eurofighter zehn Jahre lang nur ein einziger Staatsanwalt ermittelt hat. Er erinnerte auch an das Agieren von Strafsektionschef Christian Pilnacek, der laut einem Mitschnitt in einer Dienstbesprechung davon gesprochen hatte, Verfahrensteile in der Causa Eurofighter niederzuschlagen. Doskozil sprach hier vom Auftrag, mit Scheuklappen durch das Verfahren zu gehen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Dazu befragt, bestätigte Peschorn am Abend in der ZIB2, dass die Anzeige mit Hilfe der Finanzprokuratur über einen Anwalt in den Vereinigten Staaten direkt beim US-Justizministerium eingebracht wurde. Man habe sich dazu entschieden, weil man nicht riskieren wollte, „dass in den bürokratischen Gängen etwas liegen bleibt, weder in Österreich noch woanders“. Auf die Frage, ob er den Eindruck hatte, dass Personen im Justizministerium „kein so großes Interesse“ an einer raschen Aufklärung haben, sagte er: „Nein, ich hatte den Eindruck, dass es richtig ist, dass wir direkt an die US-Behörden herantreten.“ Dies sei „aufgegangen“, „die Sache kommt jetzt ins Rollen“.

„Dringend nötig“

Rückendeckung für Tanner gab es auch von den Grünen. Diese sicherten Tanner bereits Unterstützung bei einer „möglichen Rückabwicklung des Kaufvertrags“ zu. „Die Eurofighter-Causa ist einer der größten Korruptionsskandale dieser Republik und muss endlich vollständig aufgeklärt werden“, teilte Verteidigungssprecher David Stögmüller am Donnerstag per Aussendung weiter mit.

Nach dem Bekanntwerden des Airbus-Vergleichs sei ein Handeln Österreichs „dringend nötig“ gewesen, so der grüne Abgeordnete. Die Grünen zeigten sich erfreut, dass die Aufklärung gemeinsam mit der Finanzprokuratur unter Einbeziehung der Verteidigungssprecher aller Parteien passieren soll.

„Warum erst jetzt?“

Auch NEOS begrüßte Tanners Ankündigung, eine Rückabwicklung des Kaufs in Betracht zu ziehen, es stelle sich gleichzeitig aber auch die Frage: „Warum erst jetzt?“. Geht es nach NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos, müsse die Regierung nun jedenfalls jetzt „alles daran setzen“, dass die Steuerzahler zu ihrem Recht kommen. In diesem Zusammenhang rief Hoyos die ÖVP auf, in der Causa Eurofighter „endlich ihre politische Verantwortung“ wahrzunehmen. Schließlich habe die Volkspartei gemeinsam mit den Freiheitlichen den Steuerzahlern dieses „Milliardengrab“ eingebrockt.

55 Millionen nicht deklarierte Zahlungen

Airbus hatte sich Ende Jänner mit der französischen, der britischen und der US-amerikanischen Justiz auf Strafzahlungen in Höhe von fast 3,6 Mrd. Euro geeinigt. Im Zuge der Ermittlungen hatte Airbus Bestechungszahlungen bei internationalen Geschäften eingestanden.

In den vom US-Justizministerium veröffentlichten Unterlagen gibt Airbus u. a. auch nicht deklarierte Zahlungen über 55,1 Mio. Euro in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verkauf an Österreich im Jahr 2003 zu. Dabei handelt es sich um politische Zuwendungen, Provisionen und Vermittlungsgebühren in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Deal. Der Vorwurf von Bestechungszahlungen sei von der US-Justiz in diesem Zusammenhang aber nicht erhoben worden, betonte ein Airbus-Sprecher.