SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi Wagner
APA/Roland Schlager
SPÖ-Basis entscheidet

Rendi-Wagner stellt Vertrauensfrage

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner geht in die Offensive und lässt die Parteibasis entscheiden, ob sie an der Spitze der Sozialdemokratie bleiben soll. Eine entsprechende Frage werde es bei der geplanten Mitgliederbefragung im März und April geben, sagte sie am Freitag in einem Pressestatement zwischen Parteipräsidium und -vorstand.

Sie sei überzeugt, dass sowohl sie selbst als auch die gesamte Sozialdemokratie Vertrauen und Rückhalt der Basis brauche. Der Schritt sei von ihr persönlich entschieden worden und kein Präsidiumsbeschluss. „Es ist eine Frage, die ich mir persönlich in den letzten Tagen gut überlegt habe“, so Rendi-Wagner. Es sei wichtig, die Frage zu stellen. Abgestimmt werden kann laut Auskunft der Partei sowohl in Briefform als auch online. Anonymität soll garantiert werden.

In einem Schreiben, das nach Rendi-Wagners Ankündigung vom Vormittag an die SPÖ-Mitglieder versendet wurde, hieß es: „Ich bitte dich, mir zu sagen, ob ich Bundesparteivorsitzende der SPÖ bleiben soll, um für unsere wichtigen Themen gemeinsam mit allen in der Partei zu kämpfen.“ Es sei an der Zeit, dass die Mitglieder erstmals in der Geschichte der SPÖ darüber entscheiden, „wer an der Spitze unserer Bewegung Verantwortung übernimmt“.

SPÖ-Chefin hofft auf Stärkung

Nach dem Parteivorstand am Nachmittag zeigte sich Rendi-Wagner zuversichtlich, dass die Basis ihre Vertrauensfrage positiv beantwortet: „Ich bin überzeugt davon, dass ich diesen Rückhalt bekommen werde“, sagte sie in einer Pressekonferenz. Erfolgreich könne die Sozialdemokratie nur sein, wenn alle an einem Strang zögen. Rendi-Wagner argumentierte ihren in der SPÖ bisher einmaligen Schritt damit, dass eine entsprechende Stärkung durch die Basis nicht nur ihr, sondern auch der ganzen Partei helfen werde.

Die Parteichefin wäre auch zu weiteren Schritten bereit gewesen, nämlich die Mitglieder auch zu befragen, ob sie künftig den Parteivorsitz direkt wählen wollen. Das war aber offenbar nicht mehrheitsfähig. Dazu habe es unterschiedliche Standpunkte gegeben, sagte Rendi-Wagner auf Nachfrage. Daher habe man nun eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die verschiedene Modelle auch aus dem Ausland, etwa jene aus Spanien oder Deutschland, betrachten wolle.

Die Abstimmung im SPÖ-Vorstand über den Fragenkatalog zur Mitgliederbefragung dürfte dabei sehr knapp ausgegangen sein. Vorstandsmitglieder sagten gegenüber der APA, es habe bloß zwölf Pro-Stimmen gegeben. Denen wären zehn Kontra-Stimmen gegenüberstanden. Die übrigen fünf Anwesenden hätten ihre Entscheidung offengelassen. In der Parteizentrale wollte man diese Informationen nicht bestätigen. Andere Zahlen wurden allerdings auch nicht genannt. Im Anschluss an die Sitzung sprach Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch nur von einer mehrheitlichen Zustimmung.

Kaiser „überrascht“, „nicht notwendig“ für Dornauer

Der Kärntner SPÖ-Chef Peter Kaiser zeigte sich „überrascht“ über die Abstimmung über die Parteichefin – und zwar, weil es keine Notwendigkeit dafür gebe. Es sei aber trotz des damit verbundenen Risikos ein mutiger Schritt, den es so in der Geschichte der Sozialdemokratie noch nicht gegeben hat – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer hält die Frage für „nicht notwendig“, denn die Vorsitzende sei „von niemandem infrage gestellt worden“. „Aber wenn Pamela Rendi-Wagner das für ihre Arbeit als notwendig erachtet, respektiere und unterstütze ich das“, meinte der Tiroler SPÖ-Chef. Er gehe davon aus, dass sie die „breite Unterstützung der Partei“ erhalten werde. „Alles andere wäre für mich eine Überraschung“, so Dornauer.

Debatte über Fragenkatalog

In der Debatte hatte sich laut Vorstandsmitgliedern nicht nur Kritik an der Vertrauensfrage der Vorsitzenden entsponnen, sondern auch an dem von manchen als zu mutlos empfundenen Fragenkatalog. Bei den inhaltlichen Fragen lässt die SPÖ die Mitglieder nicht nur Inhalte bewerten, sondern auch gewichten. Das heißt, die Basis soll nicht nur entscheiden, was sie gut findet, sondern auch, was sie für wichtig hält. Daraus will Rendi-Wagner dann die Schwerpunkte der künftigen SPÖ-Politik destillieren.

Basis soll über SPÖ-Chefin entscheiden

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wird der Parteibasis die Vertrauensfrage stellen. Sie erwartet sich dadurch eine Stärkung nicht nur ihrer eigenen Position, sondern auch mehr Geschlossenheit in der Partei.

So soll unter anderem eruiert werden, wie gut es der SPÖ derzeit gelinge, nach außen eine klare gemeinsame Linie zu zeigen. Dafür gibt es bei den Inhalten typisch sozialdemokratische Themen, wo wohl zwischen Partei und Basis kein Löschblatt passt – etwa Fragen nach 1.700 Euro Lohn steuerfrei und ob nach 45 Jahren die Pension abschlagsfrei bleiben soll.

Mitglieder werden angeschrieben

Die Befragung der Mitglieder wird zwischen 4. März und 2. April stattfinden. Die Mitglieder werden von der Partei aktiv angeschrieben. Die Ergebnisse würden garantiert anonym ausgewertet, betonte Deutsch.

Wie viele Mitglieder sich an der Befragung beteiligen werden, wollte Rendi-Wagner nicht schätzen. Sie selbst werde aber alles dafür tun, dass die Beteiligung möglichst hoch ausfällt. Rund 160.000 Mitglieder sind zur Teilnahme eingeladen. Das Ergebnis dieses „Herzstücks des Erneuerungsprozesses“ soll in der Woche nach Ostern vorliegen, die Inhalte sollen auch beim großen Themenrat am 25. April debattiert werden.

Erneuerungsprozess in der SPÖ

Die SPÖ steht derzeit vor einem Erneuerungsprozess. Nach den Verlusten bei den vergangenen Wahlen kündigte man eine Reform der Partei an. Ende Jänner berichtete Rendi-Wagner, dass 75 Prozent der Organisationsreform bereits umgesetzt seien. Ziel des Erneuerungsprozesses sei es, die SPÖ inhaltlich, organisatorisch und kommunikativ zu erneuern und zu stärken. Das passiere aber nicht zum Selbstzweck, sondern weil es eine starke Sozialdemokratie brauche, um das Leben der Menschen zu verbessern.

„Die Öffnung der Partei ist dringend notwendig“, so Rendi-Wagner. Die Neuausrichtung der SPÖ wird in „Zukunftslabors“ erarbeitet und mit Hilfe einer großen Mitgliederbefragung, die in den nächsten zwei Monaten durchgeführt werde. Abgeschlossen wird der Prozess Ende April mit einem großen Zukunftskongress. Rendi-Wagner bezeichnete die „Zukunftslabors“ als ihr „Herzensanliegen“. Es gebe rund 30 solche „Zukunftslabors“.

Nach der Landtagswahl im Burgenland Ende Jänner hatte die SPÖ-Chefin gesagt, dass sie auch am nächsten Parteitag wieder als Obfrau kandidieren werde. Unbeeindruckt zeigte sich die SPÖ-Chefin auch von internen Andeutungen, man werde vor der kommenden Nationalratswahl wohl darüber reden müssen, wer der nächste Spitzenkandidat sein soll. Rendi-Wagner sagte damals, sie wolle ihre „Verantwortung nicht bei erstbester Gelegenheit an den Nagel hängen“. Inhaltlich gehe es darum, vor allem mit sozialen Themen alle Wähler zu erreichen.

Experte: „Flucht nach vorne“

Für die Wiener Gemeinderatswahl sei jetzt Druck aufgebaut, so Politikberater Thomas Hofer. Für ihn ist Rendi-Wagners Ankündigung eine „Flucht nach vorne“: „Sie möchte ihre Person außer Streit stellen, und das kann zumindest kurzfristig gelingen, nämlich mit Blickrichtung auf den Wiener Wahlkampf. Da braucht man eine Personaldebatte so nötig wie einen Kropf. Nach geschlagener Wien-Wahl geht die Debatte wieder los, das ist maxmial eine Verschnaufpause“, meinte Hofer gegenüber „Wien heute“. Er glaubt nicht, „dass Rendi-Wagner die nächste Kanzlerkandidatin der SPÖ sein wird“ – mehr dazu in wien.ORF.at.