Ärzte behandeln Patienten in einer Intensivstation in einem Krankenhaus in Wuhan
Reuters/China Daily CDIC
Coronavirus in China

Medizinisches Personal zunehmend betroffen

Überarbeitet und schlecht ausgerüstet: In China ist die Situation für medizinisches Personal inmitten der Coronavirus-Krise verheerend. Neuen Zahlen zufolge sind landesweit bereits mehr als 1.700 Ärzte sowie Pfleger mit dem Virus infiziert. Zudem kamen nach Behördenangaben mindestens sechs Helfer ums Leben. Das teilte der Vizechef der chinesischen Gesundheitskommission Zeng Yixin am Freitag mit.

Mehr als 1.100 der Infektionen unter Ärzten und Pflegern wurden laut Zeng in der Metropole Wuhan in der Provinz Hubei nachgewiesen, wo das Virus im Dezember erstmals aufgetreten war. Rund 400 weitere seien in anderen Städten in Hubei bestätigt worden. Zeng hob die großen Risiken hervor, denen Ärzte und Krankenpfleger angesichts der Engpässe bei Schutzanzügen und Atemschutzmasken bei der Behandlung von Coronavirus-Patienten ausgesetzt seien.

Vor allem in Wuhan führten die Engpässe zuletzt dazu, dass Ärzte dieselbe Schutzbekleidung mehrfach tragen mussten. Ein Arzt aus Wuhan sagte, er und 16 seiner Kollegen hätten Symptome, die auf eine mögliche Coronavirus-Infektion hindeuteten. Dazu gehören Husten und Atemnot. Trotzdem müssten sie weiter Patienten behandeln.

Ein Arzt in einem Schutzanzug macht eine Pause
Reuters/China Daily CDIC
Lange Arbeitstage und schlechte Schutzausrüstung machen dem medizinischen Personal in einigen Gegenden Chinas zu schaffen

Tod von Arzt löste Bestürzung aus

Die chinesischen Gesundheitsbehörden legten die Zahlen genau eine Woche, nachdem der junge Augenarzt Li Wenliang an dem Erreger gestorben war, vor. Li hatte als einer der ersten vor dem Virus gewarnt. Nach seiner Schilderung versuchte die Polizei jedoch, ihn mundtot zu machen. Sein Tod löste in chinesischen Onlinediensten große Bestürzung aus, vielfach wurde der Ruf nach Meinungsfreiheit laut.

Ärzte ohne Grenzen vermeldete unterdessen die Entsendung spezieller medizinischer Schutzausrüstung nach Wuhan – in das Jinyintan-Krankenhaus der Provinz Hubei. „Medizinische Schutzausrüstung ist entscheidend. Wir wollen also dazu beitragen, die Mitarbeiter an vorderster Front mit der spezifischen Schutzkleidung zu unterstützen, die sie benötigen, um bei einem Ausbruch dieser Größenordnung sicher arbeiten zu können“, erklärte Gert Verdonck von Ärzte ohne Grenzen.

Auch Österreich will China mit Hilfsleistungen unterstützen. Das kündigten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) nach einem Gespräch mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz an. Schallenberg sagte, es würden unter anderem „2,4 Millionen Stück Schutzhandschuhe“ und „100.000 Stück chirurgische Masken“ zur Verfügung gestellt.

Neue Infektionswelle befürchtet

Wie Chinas Gesundheitskommission am Samstag mitteilte, wurden landesweit 143 neue Todesfälle bestätigt. Damit sind nun nach offiziellen Angaben 1.523 Todesopfer auf dem chinesischen Festland bestätigt worden. Die Zahl der neu nachgewiesenen Erkrankungen stieg dort um 2.641 auf 66.492 Fälle. Außerhalb des chinesischen Festlands sind im Rest der Welt bisher etwa 600 Erkrankungen bestätigt.

Am Donnerstag war die Zahl erfasster Infektionen um etwa 15.000 gestiegen, weil sich die Zählweise in der besonders betroffenen Provinz Hubei verändert hatte. Die Vorgabe ist dort nun, auch klinische Diagnosen von Covid-19 zu erfassen, nicht mehr nur über Labortests bestätigte. Die Rückreise von zig Millionen Chinesen, die nach den wegen des Virus verlängerten Ferien wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, lässt nun neue Infektionswellen befürchten.

WHO-Experten treffen in China ein

Nach eigenen Angaben habe China die Epidemie nun aber im Griff. „Durch unsere Anstrengungen ist die Epidemie im Großen und Ganzen unter Kontrolle“, sagte Außenminister Wang Yi während eines Deutschland-Besuchs. Die Regierung habe rigorose und entschiedene Maßnahmen ergriffen. Wang erklärte, ein potenzielles Problem sei allerdings, dass die USA Reisen zwischen beiden Ländern verboten hätten. Dadurch gerieten die Abmachungen zur Beilegung des Handelsstreits zwischen beiden Ländern in Gefahr.

Um die Reaktion auf den Ausbruch des Virus weiter zu verbessern, treffen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Wochenende mindestens zwölf internationale Virusexperten in China ein. Sie wollen mit chinesischen Kolleginnen und Kollegen Empfehlungen entwickeln, um die Reaktion auf den Ausbruch von Covid-19 weiter zu verbessern, wie WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte.

70 Airlines stellten Flüge ein

Die Lufthansa entschied angesichts der Entwicklungen, alle Flüge zum chinesischen Festland bis zum Ende des Winterflugplans am 28. März auszusetzen. Bis dahin werden nun die Flüge von Lufthansa sowie der Lufthansa-Gesellschaften Swiss und Austrian Airlines von und nach Peking und Schanghai gestrichen, wie das Unternehmen mitteilte. Diese Flüge waren zuvor bereits bis zum 29. Februar gestrichen worden.

Nach Angaben der Internationalen Luftverkehrsvereinigung (ICAO) haben derzeit 70 Airlines alle Flüge von und nach China eingestellt; 50 weitere Fluggesellschaften reduzierten ihren Flugverkehr mit der Volksrepublik. Die UNO-Organisation erwartet Umsatzeinbußen von bis zu fünf Milliarden Dollar (4,6 Milliarden Euro) für Fluggesellschaften weltweit.

Irrfahrt von „Westerdam“ nahm ein Ende

Aufatmen konnten die Menschen auf dem Kreuzfahrtschiff „Westerdam“: Nach tagelanger Irrfahrt durch asiatische Gewässer konnten die ersten von knapp 2.300 Gästen und Crewmitgliedern am Freitag in Kambodscha das Schiff verlassen. In Thailand sollte noch am Freitag die „Aidavita“ im Hafen von Laem Chabang ankommen. Das Kreuzfahrtschiff mit rund 1.100 Passagieren, größtenteils aus Deutschland, hatte nicht in Vietnam anlegen dürfen.

Eine Sicherheitskraft steht neben einem unter Quarantäne stehenden Schiff in Yokohama, nahe bei Tokio (Japan)
AP/Jae C. Hong
Nach tagelanger Irrfahrt konnten erste Gäste und Crewmitglieder an Bord der „Westerdam“ in Kambodscha das Schiff verlassen

Aida Cruises teilte mit, die Asienfahrten der „Aidavita“ und „Aidabella“ wegen der Epidemie und zunehmender Reiseeinschränkungen für diese Saison einzustellen. Weder auf der „Westerdam“ noch auf der „Aidavita“ waren Infektionen mit dem Virus bekannt. Asiatische Länder zögern aber nach dem Nachweis von inzwischen mehr als 200 Infektionen auf der vor Yokohama in Quarantäne liegenden „Diamond Princess“, Kreuzfahrtschiffe überhaupt noch in ihre Häfen einlaufen zu lassen.