Panorama mit dem Mount Everest
Reuters/Tim Chong
Müll auf dem Mount Everest

Soldaten sollen in die Todeszone

Jahr für Jahr steigt die Zahl jener, die den Mount Everest bezwingen (wollen), mit ihnen steigt auch die Menge des Mülls, der zwischen Basislager und Todeszone liegen bleibt. Mit unterschiedlichen Ansätzen und mäßigem Erfolg versucht die nepalesische Regierung dem seit Jahren entgegenzuwirken. Heuer sollen erstmals Soldaten zum Frühjahrsputz ausrücken – eine schlechte und gefährliche Idee, kritisieren Everest-erprobte Sherpas.

Wie die BBC berichtet, sollen rund 35 Tonnen Müll vom Mount Everest sowie fünf anderen Gipfeln des Himalaya gebracht werden. Neben leeren Sauerstoffflaschen, Zeltresten, Seilen und Verpackungsmüll sollen nach Möglichkeit auch die Leichen jener Bergsteigerinnen und Bergsteiger geborgen werden, die bei Auf- oder Abstieg ums Leben kamen. Laut nepalesischer Regierung kostet der Einsatz der Armee rund 860 Millionen Rupien (sieben Mio. Euro). Schon im Vorjahr hätten die Soldaten zehn Tonnen Müll aus der Region gebracht.

Bigyan Dev Pandey, Sprecher der nepalesischen Armee, erklärte gegenüber der BBC, dass er zuversichtlich sei, dass sein Team heuer auch den Gipfel erreichen werde und dort bis zum Ende der Saison am 5. Juni so gut wie möglich aufzuräumen.

Soldaten entsorgen Müll vom Mount Everest
AP/Niranjan Shrestha
In tieferen Lagen räumt die Armee schon länger hinter den Touristen her, heuer sollen die Soldaten auch in die Todeszone

Sherpas wollen Aufgabe nicht abgeben

Kami Rita Sherpa, ein Bergführer, der den höchsten Gipfel der Welt bereits 24-mal erfolgreich bezwang, kritisiert die geplante Aktion. Die Soldaten hätten bisher nur weitaus leichteres Terrain von den Hinterlassenschaften der Touristen befreit – der Einsatz in der Todeszone sei für Ortsunkundige gefährlich und nicht zielführend. „Sherpas sind die geeignetsten, um die Gipfel aufzuräumen“, betont auch der 21-fach Everest erprobte Purba Tashi Sherpa – „die Regierung sollte das nicht vergessen“.

Die Todeszone

Der Begriff Todeszone bezeichnet Höhen oberhalb von 7.000 Metern. Das ist die ungefähre Grenze, ab der ein optimal akklimatisierter Mensch sich auch ohne weitere körperliche Anstrengungen nicht mehr regenerieren kann.

Bisher sind es hauptsächlich Sherpas, die nicht nur für die Sicherung der Hauptrouten und den Transport des Gepäcks auf den Mount Everest sorgen, sondern auch dafür, dass die Bergsteiger lebendig und inklusive Müll wieder hinunterkommen.

Kaution gegen Müll nur mäßig wirksam

Schon seit Jahren hebt die nepalesische Regierung eine Kaution von jedem Mount-Everest-Anwärter ein, die man nur zurückbekommt, wenn man auch seinen Müll wieder mitbringt. Angesichts der enormen Kosten einer Besteigung scheinen die 400 Dollar (rund 370 Euro) für viele den Aufwand nicht wert, und so kommt es, dass der ohnehin gefährliche Weg zum 8.848 Meter hohen Gipfel auch noch mit Hindernissen wie leeren Sauerstoffflaschen und alten Seilen gepflastert ist. Seit heuer gilt zudem ein Verbot für die meisten Plastikverpackungen und Plastikflaschen in der Region rund um den Berg.

Soldaten entsorgen Müll vom Mount Everest
AP/Niranjan Shrestha
Der in der Region verbleibende Müll stellt eine Gefahr für das Trinkwasser dar

Eine besondere Herausforderung für die Bergungsmannschaften sind die Leichen der verunglückten Bergsteigerinnen und Bergsteiger. Alleine im letzten Jahr, in dem mit 885 Besteigungen eine neue Rekordmarke gesetzt wurde, schafften elf Menschen den Abstieg nicht und verloren ihr Leben auf dem Mount Everest.

„Es ist wirklich schwer, Leichen von den oberen Everest-Camps zu transportierten“, so Ang Tshering Sherpa, der ehemalige Vorsitzende vom nepalesischen Bergsteiger Verband. „Sherpas riskieren dabei ihr Leben – die meisten Körper sind vereist und wiegen daher gut 150 Kilogramm.“

Ameisenstraße in der Hochsaison

Während der Bergsaison, in der die Touristen auf den Gipfel strömen, ist eine Bergung der Leichen so gut wie ausgeschlossen. Wie das mittlerweile ikonisch gewordene Bild der Ameisenstraße auf den Gipfel zeigt, ist der Auf- und Abstieg extrem eng getaktet, für aufwendige, gefährliche Transporte bleiben dann weder Raum, noch Zeit.

Lange Schlange an Bergsteigern auf dem Mount Everest
AP/Rizza Alee
Overtourism ist auch auf dem Mount Everest ein Thema

So ist es nicht nur der Müll, der die nepalesische Regierung beschäftigt. Auch die Zahl der Bergsteigerinnen und Bergsteiger soll auf ein sichereres Maß reduziert werden. Vergangenes Jahr richtete Nepal daher ein Komitee ein, das in einem 59-seitigen Bericht die Todesfälle untersucht und mehr als ein Dutzend Maßnahmen vorstellte. Unter anderem soll die Tourismusbehörde insgesamt weniger Genehmigungen ausstellen und diese an gewisse Kriterien knüpfen – etwa den Nachweis, dass jeder, der auf den Mount Everest will, zuvor einen mindestens 6.500 Meter hohen Berg erklommen hat.

Bisher mussten Kletterer für eine Genehmigung 11.000 US-Dollar (umgerechnet 9.900 Euro) bezahlen. Das Komitee schlägt nun vor, diese Gebühr auf 35.000 US-Dollar (31.000 Euro) zu erhöhen. Auch sollen künftig höchstens 150 Leute pro Tag den Berg besteigen dürfen. Seit der Erstbesteigung 1953 haben mehr als 5.000 Männer und Frauen den Everest erklommen. Mehr als 300 kamen dabei ums Leben.