Verlassene Gebäude in Varosha, Zypern
APA/AFP/Iakovos Hatzistavrou
Nach 46 Jahren

Zyperns Geisterstadt am Meer

Varosha, ein einst blühender Touristenort und Treffpunkt des internationalen Jetsets, ist heute nur noch der Standort verrotteter Hotelruinen. Nach dem Einmarsch türkischer Truppen im Norden Zyperns verkümmerte Varosha hinter Stacheldraht, der noch bis ins azurblaue Meer reicht. Die Türkei möchte den Ort wieder wirtschaftlich nutzen.

Vertreter der Türkei und regionaler Behörden trafen einander am Samstag in dem verlassenen Vorort von Famagusta (auch Gazimagusa), einer Hafenstadt an der Ostküste Zyperns. Thema war dabei eine mögliche Wiedereröffnung Varoshas zu wirtschaftlichen Zwecken. Es soll gemäß dem türkischen Plan nach 46 Jahren Brache wieder auferstehen und ein Hotspot des Tourismus werden – laut der türkischen Regierung eine „historische Gelegenheit“, wie Reuters berichtete.

Varosha war 1974 aufgegeben worden, damals flüchteten rund 45.000 Menschen. Die Türkei besetzte nach einem griechischen Putsch den Norden von Zypern, seither ist die Insel geteilt. Die Türkei hat 1983 im von ihr besetzten Inselteil die „Türkische Republik Nordzypern“ („TRNZ“) gegründet. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bezeichnete durch die Resolution 541 (1983) die Ausrufung dieser sezessionistischen Entität als illegal und rechtlich ungültig und forderte alle Staaten auf, sie nicht anzuerkennen. Die „TRNZ“ wird daher nur von der Türkei anerkannt. Die gesamte Insel hingegen wird als Republik Zypern international anerkannt und ist seit 2004 EU-Mitglied. Das EU-Recht gilt aber nicht im Norden.

Einschusslöcher in den Ruinen

Viele Bemühungen unter Vermittlung der Vereinten Nationen scheiterten, die Teilung mit der Bildung einer Föderation zweier Länder mit gleichen politischen Rechten zu überwinden. Das traf auch Varosha hart, dessen riesige Anlagen sich seither im Dornröschenschlaf befinden. Sie waren in den 1960er Jahren errichtet worden, als der Massentourismus in Europa langsam Fuß fasste. Seit 1974 wurde der Ort aber nur noch von türkischem Militär betreten. Die Ruinen weisen noch heute sie Einschusslöcher von damals auf.

Verlassenes Gebäude in Varosha, Zypern
APA/AFP/Yiannis Kourtoglou
Abgezäunt und verlassen: Varosha zog einst Touristen an

Nun soll sich das ändern: Eine Wiedereröffnung für Urlauber würde Vorteile für Tourismus, Handel und Wirtschaft bringen, sagte der türkische Vizepräsident Fuat Oktay bei einem Besuch im militärischen Sperrgebiet Varosha am Samstag. „Diese paradiesische Küste unter der Souveränität der Türkischen Republik Nordzypern verkommen zu lassen, ist weder rechtlich, noch politisch oder ökonomisch akzeptabel“, so Oktay.

"Leider ist das Gebiet hier verlassen, die Gebäude sind verrottet. Wir hoffen, dass Varosha auf eine Weise aufersteht, die das wirtschaftliche und soziale Leben hier wiederbelebt“, so Oktay.

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Immer wieder hatte es türkische Überlegungen gegeben, was mit dem ehemaligen Touristenort anzufangen sei. Der Besuch am Samstag war bisher einer der konkretesten Schritte. Jedoch seien laut der Resolution 550 (1984) des UNO-Sicherheitsrates Versuche, in Varosha andere Personen als seine legalen Einwohner anzusiedeln, inakzeptabel, wie die zypriotische Botschaft in Wien gegenüber ORF.at mitteilte. Die legalen Einwohner der Stadt mussten wegen der türkischen Invasion 1974 flüchten und ihre Häuser und Besitztümer verlassen. Oktober 2019 hätten die Vereinten Nationen an die Wichtigkeit dieser Resolution erinnert, so die Botschaft weiter.