Kreuzfahrtschiff MS Westerdam im Hafen in Sihanoukville, Kambodscha
Reuters/Clare Baldwin
Coronavirus-Infizierte

Dringliche Suche nach Schiffspassagieren

Weil bei einer Passagierin des US-Kreuzfahrtschiffs „Westerdam“ nachträglich das neuartige Coronavirus festgestellt worden ist, suchen die Behörden nun dringend nach anderen Fahrgästen. Der Schiffsbetreiber Holland America ist nach eigenen Angaben in engem Kontakt mit den Behörden asiatischer Länder sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der US-Gesundheitsaufsicht, um potenziell gefährdete Personen zu finden.

Nach tagelanger Irrfahrt war die „Westerdam“ am Donnerstag in den kambodschanischen Hafen Sihanoukville eingelaufen – inzwischen sind die Passagiere und Passagierinnen in unzählige Länder weitergeflogen. Eine Frau von der „Westerdam“ wurde nach Behördenangaben am Samstag bei der Landung in Malaysia aufgehalten, weil bei ihr hohes Fieber gemessen wurde.

Tests ergaben später, dass die 83-jährige US-Bürgerin mit dem neuartigen Coronavirus infiziert ist. Mit der Frau waren mehr als 130 Passagiere der „Westerdam“ an Bord des Flugzeuges nach Malaysia. Sie sind fast ausnahmslos inzwischen mit Linienmaschinen in andere Länder weitergeflogen.

Passagiere verlassen das Kreuzfahrtschiff MS Westerdam
AP/Heng Sinith
Die meisten Passagiere konnten die „Westerdam“ bereits verlassen – zumindest eine von ihnen jedoch mit dem Virus in sich

Schwierige Suche nach Hafen

Die „Westerdam“ war am 1. Februar in Hongkong mit 2.257 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord zu einer 14-tägigen Ostasien-Kreuzfahrt in See gestochen. Doch Japan, Guam, die Philippinen, Taiwan und Thailand wiesen das Schiff aus Angst vor dem neuartigen Coronavirus ab. Schließlich erklärte sich Kambodscha bereit, die „Westerdam“ einlaufen zu lassen. An Bord war zu diesem Zeitpunkt kein Fall des Virus nachgewiesen. Die meisten Passagiere haben seitdem das Schiff verlassen.

Am Montag waren allerdings noch immer 233 Passagiere und 747 Besatzungsmitglieder an Bord der „Westerdam“. Sie sollten eigentlich auch nach und nach das Schiff verlassen. Allerdings berichteten Betroffene, dass sie das Schiff nun vorerst doch nicht verlassen dürften. Die kambodschanischen Behörden erklärten, erst wenn alle Tests auf das Virus negativ ausgefallen seien, dürften die restlichen Personen gehen.

US-Bürger von Kreuzfahrtschiff in Japan geholt

Unterdessen wurden Hunderte US-Passagiere des in Japan wegen des Coronavirus unter Quarantäne gestellten Kreuzfahrtschiffes „Diamond Princess“ in ihre Heimat ausgeflogen. Zwei von der US-Regierung bereitgestellte Charterflugzeuge hoben vom Tokioter Flughafen Haneda ab und landeten in der Nacht auf Montag (Ortszeit) auf US-Militärstützpunkten in Kalifornien und Texas, wie der Nachrichtensender Fox News berichtete. Das US-Außenministerium hatte insgesamt mehr als 300 US-Amerikanern, die sich auf dem Kreuzfahrtschiff befanden, eine freiwillige Rückreise angeboten.

Sie sollen nun für 14 Tage in Quarantäne kommen. Unter den zurückgebrachten Passagieren seien auch 14 Menschen, die in den vergangenen zwei, drei Tagen positiv auf das Coronavirus getestet worden seien, hatten zuvor das US-Außenministerium und das US-Gesundheitsministerium in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt. Sie saßen isoliert von den anderen Passagieren und sollen nun in geeignete Einrichtungen zur weiteren Behandlung gebracht werden. Dasselbe gelte für Menschen, die während des Rückflugs Symptome entwickelt hätten.

Militärhubschrauber stehen neben dem Kreuzfahrtschiff MS Westerdam im Hafen in Sihanoukville, Kambodscha
AP
Am Montag waren noch immer über 200 Passagiere und 747 Besatzungsmitglieder an Bord der „Westerdam“

Auch andere Staaten wollen Bürger ausfliegen

An Bord der „Diamond Princess“ hatten sich rund 400 US-Bürger befunden. 44 waren positiv getestet und in Japan in örtliche Krankenhäuser gebracht worden. Das Schiff liegt seit zwei Wochen im Hafen der Stadt Yokohama nahe Tokio fest. Nach derzeitigem Stand haben bisher rund 20 der Infizierten von Bord schwerere Covid-19-Symptome entwickelt.

Bis Sonntag wurden nach Angaben des japanischen Gesundheitsministeriums 1.219 Passagiere getestet. Wegen Material- und Personalmangels konnten bisher nicht alle Menschen an Bord getestet werden. Die Passagiere auf der „Diamond Princess“ stammen aus rund 50 Ländern. Auch Hongkong, Kanada, Australien, Israel, Italien und zuletzt auch Deutschland haben angekündigt, ihre Staatsangehörigen an Bord des Schiffes in Sicherheit zu bringen.

2019-nCoV-Virus
AP/The National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)
Das Virus (unter dem Elektronenmikroskop orange) heißt SARS-CoV-2. Die dadurch ausgelöste Erkrankung wird Covid-19 genannt.

Mehr als 70.000 Infizierte

Die Zahl der Todesopfer des Coronavirus in China stieg derweil nach chinesischen Angaben auf 1.770. 105 weitere Menschen starben an den Folgen der Erkrankung, wie die nationale Gesundheitskommission am Montag mitteilte. Insgesamt wurden mehr als 2.000 Neuinfektionen gemeldet, davon 1.933 in der besonders betroffenen Provinz Hubei. Die Gesamtzahl der Krankheitsfälle in Festlandchina stieg damit laut chinesischen Angaben auf mehr als 70.500.

In China ging die Zahl der Neuinfektionen außerhalb Hubeis in den vergangenen 13 Tagen zurück. Am Montag wurden von den Behörden für den Rest des Landes nur 115 neue Fälle gemeldet – ein starker Rückgang im Vergleich zu fast 450 Fällen vor einer Woche. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Sonntag aber vor vorschnellem Optimismus gewarnt. Es sei „unmöglich“, den weiteren Verlauf der Epidemie vorherzusagen, betonte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.

WHO fordert mehr Informationen

Ein Team internationaler Experten unter Leitung der WHO ist inzwischen in Peking zu Gesprächen mit chinesischen Behördenvertretern eingetroffen. Die WHO hatte China aufgefordert, ihr mehr Informationen über die Diagnosemöglichkeiten von Coronavirus-Fällen zur Verfügung zu stellen. „Wir freuen uns auf diese äußerst wichtige Zusammenarbeit, die zum weltweiten Wissen über den Ausbruch von Covid-19 beiträgt“, so der WHO-Chef auf Twitter.