Fliegender Eurofighter von unten
ORF.at/Roland Winkler
Causa Eurofighter

Tanner bringt Zivilklage ins Spiel

In der Causa Eurofighter hat sich der Ton zwischen dem Verteidigungsministerium und der Rüstungsfirma Airbus am Montag weiter verschärft. Nachdem via „Standard“ publik wurde, dass Airbus bereits am Freitag ein angedachtes Gespräch hatte platzen lassen, legte auch Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nach. Sie kündigte an, eine Luftüberwachung ohne Eurofighter zu prüfen, und drohte auch mit einer zivilrechtlichen Klage gegen Airbus.

Die Absage von Airbus nannte sie „Gesprächsverweigerung“ und ein „klares Signal der Intransparenz“. Sie werde nun alle weiteren Optionen prüfen, teilte Tanner mit. Auch ohne Beteiligung von Airbus will sie noch in dieser Woche Gespräche mit den Wehrsprechern der Parteien und dem Leiter der Finanzprokuratur führen. Ihre Geduld sei „jetzt nicht nur am Ende, sondern der Faden ist nun gerissen. Wer sich dem Gespräch verweigert, der darf sich nicht wundern, dass man sich vor Gericht wiedersieht.“

Seitens des grünen Koalitionspartners hieß es, die Absage des geplanten Gesprächstermins von Airbus sei „völlig unverständlich“. Laut Verteidigungssprecher David Stögmüller ist „bei derart intransparentem Verhalten eine weitere Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen kaum vorstellbar“. Airbus müsse „gegenüber den österreichischen Behörden und der österreichischen Regierung alle Fakten ungeschminkt auf den Tisch legen, nicht zuletzt die Namen der 14 österreichischen Empfänger von Airbus-Zahlungen in Höhe von 55 Mio. Euro, die kürzlich in den USA eingestanden wurden“. Das forderte auch NEOS-Sprecher Douglas Hoyos. Er ortete diesbezüglich „wenig politischen Willen“ bei der ÖVP.

Eurofighter: Tanner prüft Zivilklage

Der Konflikt zwischen dem Eurofighter-Hersteller Airbus und der Republik Österreich spitzt sich weiter zu.

Tanner fordert „Wiedergutmachung“

Nach dem Eingeständnis von Airbus gegenüber US-Behörden, dass im Zuge des Eurofighter-Geschäfts mit Österreich an 14 Personen und Organisationen nicht deklarierte Zahlungen über 55 Mio. Euro geflossen sein sollen, hat die Causa Eurofighter an Fahrt gewonnen. Tanner hatte in den vergangenen Tagen mehrfach erklärt, dies mit Airbus in größerem Rahmen besprechen zu wollen.

Sie hatte von Airbus eine „vollumfassende Kooperation“ und die Nennung der 14 Personen und Organisationen, an die Geld geflossen sein soll, verlangt. „Ich fordere mit Nachdruck endgültig Wiedergutmachung“, sagte die Ministerin in einem Pressegespräch, in dem sie auch betonte, dass für sie der Vertragsausstieg ebenfalls eine Option sei. Und: „Airbus wird mich noch kennenlernen.“ Tanner machte dabei auch ein Ansuchen zu einem Gespräch mit Airbus publik, aus dem laut dem „Standard“-Bericht nun wohl nichts wird.

Zu Gespräch über Schadenersatz „nicht bereit“

Wie es im „Standard“ heißt, soll Airbus Tanner bereits am Freitag einen Korb gegeben haben. Die Absage erfolgte via E-Mail an Tanners Generalsekretär Dieter Kandlhofer, unterzeichnet von der Corporate Secretary bei Airbus Defence and Space. In der Absage soll es heißen: „Für ein Gespräch in Wien in dem in der gestrigen Pressekonferenz geschilderten Format stehen wir nicht zur Verfügung.“ Das Treffen hätte gemeinsam mit der Finanzprokuratur und unter Einbindung aller Wehrsprecher der Parlamentsparteien stattfinden sollen.

Eurofighter: Airbus lehnt Treffen ab

Airbus hat kein Interesse an einem von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) initiierten Treffen in größerer Runde. Zudem lehnt die Firma eine Wiedergutmachung sowie eine Rückabwicklung des Kaufs ab.

Außerdem vertrete Airbus in seiner Absage den Standpunkt, „dass wir nicht bereit sind, über eine irgendwie geartete ‚Wiedergutmachung‘ bzw. Schadenersatz oder eine Aufhebung bzw. Rückabwicklung des Liefervertrages mit Ihnen zu sprechen“. Beide Forderungen der Ministerin entbehrten jeder rechtlichen Grundlage, weshalb das Unternehmen das entschieden zurückweist „und auch nicht diskutiert“.

Airbus bot „Gedankenaustausch“ an

Weiters berichtete der „Standard“ von einem Gesprächsoffert seitens Airbus an Tanner vom Donnerstag, in dem Dirk Hoke, Geschäftsführer von Airbus Defence and Space, um einen „Gedankenaustausch“ auf der Münchner Sicherheitskonferenz ersucht habe, die am Wochenende stattfand. Tanner hatte ihre Teilnahme aber abgesagt, um über die Causa Eurofighter zu beraten.

In dem Schreiben soll Airbus betont haben, dass es in seiner Vereinbarung mit dem US-Justizministerium „mit dem Verkauf von Eurofighter-Flugzeugen an Österreich“ keineswegs „Bestechungszahlungen im Sinne des US-amerikanischen Antikorruptionsgesetzes“ vorgenommen habe. Weiters verwies Airbus auch auf die „vielfältigen Industriekooperationen“ zwischen Airbus und Unternehmen der Luftfahrtindustrievereinigung Österreich und betonte, dass man Aufträge im Wert von mehr als 600 Millionen Euro in Österreich platziert habe. Airbus bestätigte dem „Standard“ die Echtheit der E-Mails.

Airbus gestand Zahlungen ein

Airbus hatte sich Ende Jänner mit der französischen, der britischen und der US-amerikanischen Justiz auf Strafzahlungen in Höhe von fast 3,6 Mrd. Euro geeinigt. Im Zuge der Ermittlungen hatte Airbus Bestechungszahlungen bei internationalen Geschäften eingestanden. In den vom US-Justizministerium veröffentlichten Unterlagen gab Airbus unter anderem nun auch nicht deklarierte Zahlungen über 55,1 Mio. Euro in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verkauf an Österreich im Jahr 2003 zu.

Dabei handelt es sich um politische Zuwendungen, Provisionen und Vermittlungsgebühren in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Deal. Der Vorwurf von Bestechungszahlungen sei von der US-Justiz in diesem Zusammenhang aber nicht erhoben worden, betonte ein Airbus-Sprecher vergangene Woche.

Tanner will „Gang höher schalten“

Mit diesen neuen Informationen hatte die Debatte über den Eurofighter-Kauf wieder Fahrt aufgenommen. Auch in der ORF-Debattensendung „Im Zentrum“ am Sonntag hatte Tanner erneut ein Treffen zwischen Airbus, der Finanzprokuratur, dem Verteidigungsministerium und den Wehrsprechern aller Parlamentsparteien gefordert. Sie kündigte weiters an, „einen Gang höher“ schalten zu wollen.

Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) pochte darauf, dass die Politik „lästig“ bleiben müsse. Es müssten nun Namen und Organisationen der Staatsanwaltschaft bekanntgegeben werden, damit rasch ermittelt werden könne, so Tanner: „Ich gehe davon aus, dass die Justiz unabhängig von politischen Zugehörigkeiten ermitteln wird.“

„Im Zentrum“ über den Eurofighter-Deal

Seit 20 Jahren beschäftigt das Thema Eurofighter Österreichs Politik. Eine Debatte mit Verteidigungsministerin Tanner, Vizekanzler Kogler, FPÖ-Chef Hofer, Ex-Verteidigungsminister Doskozil und dem Präsidenten der Finanzprokurator, Peschorn, über die Wende in der Causa Eurofighter.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der 2017 als damaliger Verteidigungsminister eine Betrugsanzeige einbrachte und Erfahrung mit der Causa hat, warnte Tanner bereits vor zu großen Erwartungen: „Airbus wird nicht auf Sie zukommen. Airbus versteht nur eine Sprache und das ist die Sprache der Staatsanwaltschaft.“

Peschorn: Österreich bezahlte Zahlungen selbst

Vorwürfe über dubiose Zahlungsflüsse kamen im Rahmen der gerichtlichen Ermittlungen und parlamentarischen Untersuchungsausschüsse immer wieder auf. Doch die Sache sei „sehr zäh“, sagte Peschorn schon vergangene Woche. Der Verdacht, dass bei der Aufklärung jemand „auf der Bremse“ stehe, sei nicht von der Hand zu weisen.

2003, im Jahr nach dem Kaufvertrag, bezahlte Österreich rund zwei Milliarden Euro. Es stehe im Raum, dass sich Österreich die Korruption selbst bezahlt habe, so Peschorn, „weil in diesem Kaufpreis 183,4 Millionen eingepreist waren“. Über diesen Betrag sei Österreich getäuscht worden, das sei auch im letzten Untersuchungsausschuss festgestellt worden. Auch in der Sendung „Im Zentrum“ sprach Peschorn von Indizien, dass Geldflüsse an Entscheidungsträger geflossen sein könnten, „aber wir können es nicht beweisen“. Er setzt seine Hoffnungen nun auf die Justiz. Es sei schließlich „etwas Ungeheuerliches“, dass sich Österreich diese Zahlungen selbst bezahlt habe.

Mittlerlehner skeptisch zu Rückabwicklung

Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich bezüglich einer Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufvertrages skeptisch. „Es gibt einen Unterschied zwischen Provisionszahlung und der Bestechung von Amtsträgern“, sagte Mitterlehner am Montag im Ö1-Mittagsjournal. Die Finanzprokuratur könne natürlich eine Klage auf Auflösung und Schadenersatz einbringen, aber: „Das schaue ich mir in dem Zeitablauf an.“

Dass er die von Doskozil 2017 eingebrachte Anzeige gegen Airbus kritisch sah, begründete Mitterlehner damit, dass der Eurofighter-Vertrag wegen des von SPÖ-Minister Norbert Darabos 2007 verhandelten Vergleichs mit Airbus schwierig aufzulösen sei. „Der damalige Minister hat Österreich in zweifacher Hinsicht einen Bärendienst erwiesen“, so Mitterlehner – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Experte: Ausstieg von Jahr zu Jahr schwieriger

Der Salzburger Zivilrechtsexperte Andreas Kletecka sieht in dem von Darabos geschlossenen Eurofighter-Vergleich kein Hindernis für einen Vertragsausstieg. Auch an den Verjährungsfristen dürfte der Vergleich nichts geändert haben. Aber natürlich werde ein Ausstieg von Jahr zu Jahr schwieriger, meinte er Montag in der ZIB2.

Zivilrechtsexperte Andreas Kletecka zur Causa Eurofighter

Zivilrechtsprofessor Andreas Kletecka erklärt, wie er die Chancen von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) einschätzt, Forderungen gegenüber Airbus durchzusetzen.

Im Fall eines Ausstiegs müsste Österreich natürlich Benützungsentgelt zahlen, andererseits müsste der Kaufpreis mit vier Prozent Vergütungszinsen verzinst werden – und auch allfällige spezielle Infrastrukturmaßnahmen könnten einberechnet werden, erklärte der Zivilrechtler.

Dass die Firma Airbus nicht bereit ist, über Wiedergutmachung bzw. Schadenersatz oder gar die Rückabwicklung des Liefervertrags zu sprechen, könnte Teil des Verhandlungspokers sein. Aber „irgendwie muss sich wohl auch Airbus der Situation stellen“, meinte Kletecka, denn er könne sich nicht vorstellen, dass die Politik hier noch einen Rückzieher macht.