Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
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Eurofighter

Kurz mahnt Justiz zu Eile

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spielt den Ball in der Causa Eurofighter an die Justiz. Je schneller diese arbeite, desto leichter sei es für die Bundesregierung, die nachfolgenden Schritte zu setzen, sagte er am Dienstag im ORF-„Report“. Auch mit Kritik an der Justiz sparte er abermals nicht.

Auf die Frage, wer die Verantwortung trage, dass die Steuerzahler noch nicht entlastet wurden, erklärte Kurz, dass die Ermittlungen bei der unabhängigen Justiz lägen. „Wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen, ich verstehe nicht, warum die Ermittlungen bei uns so lange dauern und das in anderen Staaten viel schneller vor sich gegangen ist.“

Als Bundeskanzler könne er nur den klaren Wunsch äußern, dass die Ermittlungen möglichst schnell laufen. „Es gab in den letzten Tagen eine von mir angeregte Debatte zur Frage, ob einige Verfahren nicht zu lange dauern“, so Kurz. „Ich möchte die Kritik nicht wiederholen, aber ich wünsche mir ein rasches Vorgehen.“

Jahrelang nur ein Staatsanwalt zugeteilt

Als Hauptgrund für die langen Ermittlungen gilt allerdings, dass sieben Jahre lang nur ein Staatsanwalt mit den Ermittlungen betraut war, bevor es im Vorjahr der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übertragen wurde. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hatte das Eurofighter-Verfahren generell als Beispiel dafür genannt, was in der heimischen Justiz unter ÖVP-Führung in den vergangenen Jahren falsch gelaufen sei. Auch die Ex-NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss hatte es zuletzt als „Organisationsverschulden“ bezeichnet, dass jahrelang nur ein Staatsanwalt mit den Eurofighter-Ermittlungen beauftragt war.

In der WKStA sind nun vier Staatsanwälte und ein Gruppenleiter an der Causa dran. Das geht aktuell aus der Antwort auf eine NEOS-Anfrage hervor. Noch offen ist dagegen das Verfahren gegen Staatsanwalt Michael Radasztics, der vor der WKStA sieben Jahre allein zuständig war. Er steht unter Verdacht, Amtsgeheimnisse aus dem Akt an Dritte weitergegeben zu haben. Das war der Grund, warum die Ermittlungen im Februar 2019 unter dem damals von der ÖVP gestellten Minister Josef Moser von der Staatsanwaltschaft Wien zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wanderten.

Kurz wünscht sich rasches Vorgehen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spielt im „Report“-Interview den Ball in der Causa Eurofighter an die Justiz.

Zum konkreten Vorgehen der Regierung, konkret zu einem möglichen Ausstiegsszenario aus dem Eurofighter, wollte sich Kurz nicht festlegen. Nur so viel: „Alle Optionen sind für uns denkbar.“ Der Kanzler verwies zudem ein weiteres Mal auf Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), welche die „Speerspitze“ in dieser Sache sei. Diese müsse gemeinsam mit Experten auch entscheiden, was künftig die beste und kostengünstigste Form der Luftraumüberwachung sei.

Vorerst kein Gespräch zwischen Tanner und Airbus

Nach der Absage von Airbus will sich Tanner am Donnerstag ohne den Flugzeugkonzern mit den Wehrsprechern der Parlamentsparteien zusammensetzen. Diese fordern nicht nur von Airbus und US-Behörden Informationen zur Causa, sondern auch Fakten zum österreichischen Vorgehen gegen den Flugzeugkonzern. Ob und wann auch ein Gespräch zwischen Tanner und Airbus-Vertretern zustande kommt, war am Dienstag noch unklar.

„Report“ zur Causa Eurofighter

Österreich erhöht den Druck auf den Rüstungskonzern Airbus, Hersteller des seit Jahren umstrittenen Eurofighters.

Wehrsprecher fordern Fakten

Die Grünen fordern von Airbus indessen die Offenlegung aller Empfänger von Eurofighter-Provisionen. Der Grünen-Wehrsprecher David Stögmüller verlangt von Airbus mit Blick auf eine allfällige weitere Zusammenarbeit, die Namen jener 14 Personen und Organisationen zu nennen, die im Zusammenhang mit der Eurofighter-Beschaffung 55 Millionen Euro erhielten.

„Ich kann mir ganz schwer vorstellen, dass man mit einem Konzern Geschäftsbeziehungen haben möchte, der uns Informationen vorenthält“, sagte der Grünen-Abgeordnete. Bei künftigen Kaufverträgen wollen die Grünen diesbezüglich ebenfalls auf Transparenz drängen.

„Gemeinsame Kräfte“ gegen Airbus

Vom Treffen mit Tanner erwartet Stögmüller, dass den Wehrsprechern alle Fakten präsentiert werden – auch, was die angekündigte Zivilklage betrifft. „Es braucht jetzt alle gemeinsamen Kräfte, um diesem Konzern entgegenzuwirken“, so der grüne Wehrsprecher. Sein FPÖ-Kollege Reinhard Bösch erwartet einen Bericht über die bisher gesetzten Maßnahmen. Und Douglas Hoyos von NEOS will wissen, welche Optionen für die künftige Luftraumüberwachung existieren und wie viel sie kosten würden.

Die notwendige Nachrüstung der österreichischen Eurofighter will Hoyos nicht generell ausschließen. Allerdings müsse man sowohl die Investitionskosten als auch die Betriebskosten zusammenrechnen und vergleichen, ob es möglicherweise eine günstigere Variante gebe.

Auch Stögmüller von den Grünen plädiert dafür, das Eurofighter-Upgrade nur durchzuführen, wenn es auch die bestmögliche Variante für die Republik wäre. Außerdem planen die Grünen, ähnlich wie die NEOS, eine Anfrage bei den US-Justizbehörden nach dem US-Informationsfreiheitsgesetz, um die Empfänger und Empfängerinnen der 55 Millionen Euro zu erfragen.

„Faden ist gerissen“

Tanner erhöhte zuletzt den Druck auf Airbus. Sie hatte um ein Gespräch angefragt, um von Airbus die Namen der 14 Personen und Organisationen zu erfahren, an die laut einem strafrechtlichen Vergleich in den USA Geld geflossen ist.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)
APA/Hans Punz
Verteidigungsministerin Tanner geht auf Konfrontation mit Airbus

„Meine Geduld ist jetzt nicht nur am Ende, sondern der Faden ist nun gerissen“, sagte Tanner. Sie stellte eine zusätzliche zivilrechtliche Klage gegen das Luftfahrtunternehmen in den Raum: „Wer sich dem Gespräch verweigert, der darf sich nicht wundern, dass man sich vor Gericht wiedersieht.“ Ein Airbus-Sprecher betonte: „Wir sind grundsätzlich auch weiter zu Gesprächen bereit“, man habe nur das von Tanner „vorgeschlagene Format abgelehnt“. Zu aktuellen Forderungen aus Österreich sagte er lediglich: „Aus unserer Sicht hat sich die rechtliche Grundlage nicht verändert.“

Neue Spur der Ermittler

Von den 14 Personen und Organisationen, die 55 Millionen Euro erhalten haben sollen, ist bisher wenig bekannt. Das Ö1-„Mittagsjournal“ berichtete am Dienstag über die Wiener Beraterfirma STRAMAG, die im Jahr 2011 drei Millionen Euro als Erfolgsprämie von Airbus kassiert habe. Der Grund: Österreich hatte damals unter Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) mit dem Eurofighter-Hersteller einen 120 Millionen Euro Wartungs- und Trainingsvertrag abgeschlossen.

„Ja, das ist eine Spur, der wir seit Längerem nachgehen“, hieß es von der Eurofighter-Taskforce im Verteidigungsministerium. Laut dem Ressort ging es damals um einen Logistikvertrag, um Ersatzteile, Reparaturen, Wartung und einen Flugsimulatorvertrag. Hinweise, dass es sich bei den drei Millionen Euro, die laut US-Justiz an STRAMAG gegangen sind, um Bestechungsgelder handelt, gibt es allerdings nicht – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Ermittlungen nach Whistleblower-Tipp

Unterdessen wurde auch bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nach einem Whistleblower-Hinweis zu einem Scheck über 1,5 Mio. Euro gegen mehrere Personen wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt. Das geht aus der Antwort des grün geführten Justizministeriums auf die grüne Anfrage „Causa Eurofighter – Geldströme an das BZÖ“ hervor. Der Scheck soll 2006 an die frühere FPÖ/BZÖ-Politikerin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ergangen sein.

Experte: Klage hätte gute Chancen

Die von Verteidigungsministerin Tanner in der Causa Eurofighter angedrohte zivilrechtliche Klage gegen die Rüstungsfirma Airbus hat laut Zivilrechtsexperte Andreas Kletetcka Chancen.

Der Scheck der holländischen ABN Amro Bank – Kaufmann-Bruckberger hat seine Echtheit immer bestritten – ist der WKStA seit April 2019 bekannt, er tauchte am Ende des letzten Eurofighter-U-Ausschusses auf. Die Bank selbst erklärte auf Anfrage, dass sich der Scheck binnen „weniger Sekunden“ als falsch bzw. gefälscht entpuppt habe. Geprüft wurde ein Foto des Schecks. Die WKStA ermittelte auch schon damals und nahm eine Zeugenvernehmung vor.

Im November 2019 ging die anonyme Sachverhaltsdarstellung des Hinweisgebers bei der WKStA ein. Und jetzt werden weitere Ermittlungen „gegen einen bekannten Täter und unbekannte Täter“ durchgeführt, berichtete Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in der Anfragebeantwortung. Näheres könne man wegen der laufenden Ermittlungen nicht sagen.

Whistleblower: Unterlagen noch bei Treuhandfirma

Was in der Sachverhaltsdarstellung steht, war im Dezember im „Falter“ zu lesen: Kaufmann-Bruckberger soll das Geld über eine EADS (heute Airbus) zugerechnete Briefkastenfirma erhalten haben, konkret von Vector Aerospace und dann über die Vector-Tochterfirma Columbus per Scheck der ABN Amro Bank.

100.000 Euro davon soll sie abgezweigt und den Rest bei einer Schweizer Treuhandfirma im schweizerischen Hergiswil „versteckt“ haben. Vom Schweizer Treuhandkonto soll das Geld bar behoben worden seien. Es fänden sich bei der Firma noch wichtige Unterlagen und Hinweise, wer das Geld abgehoben hat, so der Hinweisgeber. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.