Zwei Flugzeuge des Typs Boeing 737 MAX sind in Seattle zwischengeparkt
APA/AFP/Getty Images/David Ryder
Nächstes Problem

„Fremdkörper“ in Boeing-737-Max-Tanks

Der angeschlagene US-Luftfahrtkonzern Boeing ist bei seinem nach zwei Abstürzen mit Flugverboten belegten Krisenjet 737 Max auf ein neues Problem gestoßen. Während der Wartungsarbeiten seien in Treibstofftanks einiger Maschinen, die derzeit zwischengelagert werden, Fremdkörper gefunden worden, teilte Boeing am Dienstag (Ortszeit) mit.

Das habe zu einer umfassenden internen Untersuchung und sofortigen Korrekturen im Produktionssystem geführt. Boeing hatte zahlreiche 737-Max-Jets auf Halde produziert, die wegen des Flugverbots noch nicht ausgeliefert werden konnten. Der Konzern rechnet aber nach eigenen Angaben trotz der nun angekündigten Inspektionen weiter damit, dass die 737 Max Mitte des Jahres wieder für den Flugbetrieb zugelassen wird.

Der bestverkaufte Flugzeugtyp des amerikanischen Airbus-Rivalen darf seit Mitte März 2019 wegen zweier Abstürze mit insgesamt 346 Toten nicht mehr abheben. Als entscheidende Ursache der Unglücke gilt eine fehlerhafte Steuerungsautomatik der Flugzeuge. Dieses Problem hatte Boeing eigentlich längst per Software-Update behoben haben wollen, doch die Freigabe durch die Aufsichtsbehörden liegt noch immer nicht vor.

Ein Flugzeug des Typs Boeing 737 MAX in der Endfertigung
AP/Ted S. Warren
Eine Montagehalle von Boeing

„Absolut inakzeptabel“

In einem Memo an die Mitarbeiter bezeichnete Boeings 737-Produktionsmanager Mark Jenks den Fund der Teile in den Treibstofftanks der zwischengelagerten Flugzeuge als „absolut inakzeptabel“. In Boeings Werk in Renton nahe Seattle seien bereits neue Arbeitsabläufe mit aktualisierten Instruktionen und zusätzlichen Prüfungen eingeführt worden, um das Problem abzustellen.

Die gefundenen Teile wurden als „foreign object debris“ bezeichnet – es könnte sich um Unrat wie Reste von Bauteilen und von Arbeitern zurückgelassene Werkzeuge handeln. Dieses Problem hatte Boeing in der Vergangenheit schon bei anderen Modellen wie dem Tankflugzeug KC-46.

Nicht die erste „Verunreinigung“

Berichte über solche Produktionsmängel und „Verunreinigungen“ hatten den Flugzeughersteller im vergangenen Jahr auch schon hinsichtlich des Langstreckenjets 787 „Dreamliner“ unter Druck gebracht. So berichtete die „New York Times“ von Sicherheitsrisiken im Boeing-Werk in North Charleston, auch dort sollen Fremdkörper in Flugzeugen gefunden worden seien. So seien etwa Metallspäne nicht ordentlich beseitigt und defekte Teile in den Jets installiert worden.

Die Zeitung berief sich auf Hunderte Seiten an internen E-Mails, Dokumente des Unternehmens und Unterlagen von Behörden sowie Interviews mit über einem Dutzend Mitarbeitern. Boeing hatte die Vorwürfe damals allerdings entschieden zurückgewiesen.

Minus nach mehr als 20 Jahren

Der Schaden durch das 737-Max-Debakel ist für Boeing enorm: Der Flugzeughersteller erhielt im Jänner erstmals seit 1962 keinen einzigen Auftrag. Auch bei den Auslieferungen sah es im vergangenen Monat nicht rosig für den Airbus-Konkurrenten aus. Der US-Konzern brachte lediglich 13 Maschinen an die Kunden, wie er Mitte Februar mitteilte. Im Jänner 2019 hatte Boeing netto noch 45 Aufträge erhalten und 46 Flugzeuge ausgeliefert.

Das 737-Max-Debakel hatte dem US-Konzern auch zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren einen Verlust eingebrockt. Unter dem Strich stand 2019 ein Minus von 636 Millionen Dollar. Ein Jahr zuvor war noch ein Gewinn von fast 10,5 Milliarden Dollar in den Büchern gestanden. Insgesamt kostete das Desaster um den einstigen Verkaufsschlager Boeing bisher rund 15 Milliarden Dollar.

Der europäische Rivale Airbus startete dagegen mit einem kräftigen Auftragsschub ins neue Jahr. Nach Abzug von Stornierungen kamen im Jänner Order über 274 neue Verkehrsjets herein. Laut Boeing-Finanzvorstand Greg Smith wird es rund zwei Jahre dauern, bis die Produktion wieder auf dem Normalniveau sein wird. Vor dem Flugverbot für das Unglücksmodell nach zwei Abstürzen hatte Boeing den Bau von 57 Maschinen pro Monat angepeilt.