Lehrlinge: Gewerkschaften sehen Handlungsbedarf

Der Großteil der heimischen Lehrlinge ist mit der Ausbildung zufrieden. Dabei werden in diesem Bereich arbeitsrechtliche Vorgaben oft nicht umgesetzt. Das zeigt eine bundesweite Onlinebefragung von Lehrlingen, durchgeführt vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung (ÖIBF) im Auftrag von Arbeiterkammer und Gewerkschaft. Die Arbeitnehmervertreter sehen Handlungsbedarf.

Im Rahmen des dritten „Österreichischen Lehrlingsmonitors“ wurden 5.253 Lehrlinge im letzten Lehrjahr zwischen September 2018 und Mai 2019 befragt. Die Ergebnisse wurden gestern von Wolfgang Katzian, dem Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl, ÖGJ-Vorsitzender Susanne Hofer und Studienautor Norbert Lachmayr in Wien präsentiert.

Der Großteil der Befragten ist demnach mit der Ausbildung sehr zufrieden (35 Prozent) oder zufrieden (36 Prozent), rund jeder achte Lehrling (12 Prozent) jedoch (eher) nicht. Dieser Anteil hat sich, verglichen mit den Erhebungen aus den Jahren zuvor, wenig geändert.

Häufige Verwendung bei ausbildungsfremden Tätigkeiten

Obwohl der Großteil der Befragten mit der Ausbildung zufrieden ist, sehen die Arbeitnehmervertreter bei der Lehrlingsausbildung viel Handlungsbedarf. So gab rund ein Drittel (30 Prozent) der Befragten an, in der Lehre (sehr) häufig für ausbildungsfremde Tätigkeiten herangezogen zu werden. Im Vergleich zur letzten Erhebung aus dem Jahr 2017 hat sich dieser Anteil nur geringfügig geändert. Zudem leistet rund ein Drittel der Lehrlinge regelmäßig Überstunden, etwa ein Zehntel davon nicht immer freiwillig. Laut Gesetz sind allerdings Überstunden für Jugendliche unter 18 Jahren verboten.

„Wenn die erste Erfahrung eines jungen Menschen in der Arbeitswelt ist, dass er mehr arbeiten muss und dies nicht bezahlt bekommt, dann ist das kein guter Start in ein zukünftiges Berufsleben“, kommentierte ÖGB-Präsident Katzian diese Ergebnisse. Das betreffe aber nicht nur Lehrlinge, betonte er. Katzian verwies darauf, dass 2018 in Österreich 255 Mio. Überstunden geleistet wurden, 43 Mio. davon seien nicht abgegolten worden. Zudem hätten Lehrlinge oft Angst, ihren Lehrplatz zu verlieren, wenn sie Überstunden nicht zustimmen, so der ÖGB-Präsident.

Anderl über Aufwertung: „Müssen endlich handeln“

Viel zu tun gibt es aus Sicht der Gewerkschafter vor allem für die Aufwertung der Lehre. Diese sei zwar im aktuellen Regierungsprogramm enthalten, so AK-Präsidentin Anderl. „Aber nur immer darüber zu reden, ist der falsche Weg. Wir müssen endlich handeln“, betonte sie. Auch Katzian begrüßte die Pläne der Regierung, stellte aber fest, dass es vor allem bei den Lehrplätzen einiges nachzuholen gebe. Anstatt den Fachkräftemangel über Fachkräfte aus Drittstaaten zu kompensieren, wäre es laut Katzian zielführender, diese hierzulande auszubilden. „Wir würden uns wünschen, dass mehr Initiativen gesetzt werden, auch mehr Lehrlinge auszubilden.“