Forensiker am Tatort in Hanau
Reuters/Kai Pfaffenbach
Schütze tot

Viele Tote durch Schüsse in Hanau

Nach den tödlichen Schüssen auf neun Menschen in Hanau im deutschen Bundesland Hessen ist der mutmaßliche Täter tot. Polizisten fanden Donnerstagfrüh in einer Wohnung zwei weitere Leichen, unter ihnen auch den mutmaßlichen Täter. Es gibt offenbar erste Indizien auf einen rechtsextremistischen Hintergrund.

Laut Polizeiangaben gibt es keine Hinweise auf weitere Täter. Die Motive der Tat sind bisher nicht bekannt. Nach Zeugenaussagen zu einem Fluchtfahrzeug drangen Spezialkräfte der Polizei in eine Wohnung im Stadtteil Kesselstadt ein. Dort wurden die beiden weiteren Toten entdeckt. Die Ermittlungen zu ihrer Identität waren in der Früh noch nicht abgeschlossen.

Angaben zu ihrer Nationalität wie zur Nationalität der neun zuvor erschossenen Menschen machte die Polizei bisher nicht. Die Polizei hatte die Zahl der Toten in der Nacht zunächst mit acht, in der Früh mit neun angeben. Außerdem wurden nach Polizeiangaben mehrere Menschen verletzt.

Nach Informationen aus Sicherheitskreisen wurden mittlerweile ein Bekennerschreiben und ein Video gefunden. Beides werde nun ausgewertet, das Motiv sei noch unklar, hieß es am Donnerstag. Allerdings übernahm wegen der besonderen Bedeutung des Falls mittlerweile der Generalbundesanwalt die Ermittlungen. Es gebe Indizien, die auf einen rechtsextremistischen Hintergrund deuten, teilte die Behörde mit. Der Generalbundesanwalt ist bei Delikten gegen die innere Sicherheit zuständig.

Wirre Verschwörungstheorie in Video

Die Nachrichtenagentur dpa berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise zudem, dass das Video vom mutmaßlichen Täter vor wenigen Tage auf YouTube gestellt wurde. Darin spricht der Mann in fließendem Englisch von einer „persönlichen Botschaft an alle Amerikaner“.

Das Video wurde offensichtlich in einer Privatwohnung aufgenommen. Darin breitet der Mann eine wirre Verschwörungstheorie aus, wonach in den USA unterirdische Militäreinrichtungen existierten, in denen Kinder misshandelt und getötet würden. Dort würde auch dem Teufel gehuldigt. Amerikanische Staatsbürger sollten aufwachen und gegen diese Zustände „jetzt kämpfen“, so der offenbar geistig schwer Verwirrte. Ein Hinweis auf eine bevorstehende eigene Gewalttat in Deutschland ist in dem Video nicht enthalten.

Täter flüchtete mit Auto

Der Täter griff nach Polizeiangaben am Mittwoch gegen 22.00 Uhr zuerst ein Lokal am Heumarkt im Westen von Hanau an. Laut Medienberichten handelt es sich um eine Shisha-Bar. Dort seien mehrere Menschen erschossen worden, sagte der Polizeisprecher. Ein dunkler Wagen sei von dort davongefahren. Danach wurden im weiter westlich gelegenen Stadtteil Kesselstadt weitere Menschen erschossen.

Polizisten am Tatort in Hanau
Reuters/Kai Pfaffenbach
Einsatzkräfte sperrten die Tatorte ab

Vor dem Lokal am Heumarkt waren nach den Schüssen Patronenhülsen zu sehen, wie ein Reporter der dpa berichtete. Die Spuren wurden mit Farbspray markiert. Die Polizei forderte Passanten auf, den Bereich zu verlassen und sich in ihre Wohnungen oder andere Lokalitäten zu begeben. Das zum Main-Kinzig-Kreis gehörende Hanau liegt rund 20 Kilometer östlich von Frankfurt/Main und hat etwa 100.000 Einwohner. Zur Unterstützung der hessischen Polizei waren auch Beamte aus Bayern im Einsatz.

Großfahndung nach Täter

Die Polizei hatte mit einem Großaufgebot nach dem Täter gefahndet. Dabei komme es natürlich auch zu vielen Kontrollen, hatte der Polizeisprecher in der Nacht mit Blick auf Spekulationen über Festnahmen betont. Die Polizei setzte bei der Fahndung auch Hubschrauber ein.

Die Ermittler baten die Bevölkerung um Hinweise, warnten aber vor Spekulationen. Via Twitter rief die Polizei dazu auf, keine Videos oder Nachrichten aus unbekannten Quellen zu verbreiten. „Spekulationen helfen uns nicht weiter“, so das Polizeipräsidium. In der Früh bat die Polizei dann um Hinweise, um die Tat aufzuklären.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) zeigte sich erschüttert. Es sei ein Abend, „wie man ihn sich schlimmer nicht vorstellen kann“, sagte Kaminsky der „Bild“-Zeitung. Er sei „tief betroffen“. Die Hanauer CDU-Bundestagsabgeordnete Katja Leikert schrieb auf Twitter: „Es ist ein echtes Horrorszenario für uns alle.“

Auch die deutsche Regierung reagierte bestürzt auf das Verbrechen. „Die Gedanken sind heute Morgen bei den Menschen in #Hanau, in deren Mitte ein entsetzliches Verbrechen begangen wurde“, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter. Unter anderen zeigte sich auch Außenminister Heiko Maas tief betroffen. Auch international gab es zahlreiche Reaktionen, so zeigten sich EU-Ratspräsident Charles Michel und Kanzler Sebastian Kurz erschüttert.