Bodo Ramelow
Reuters/Annegret Hilse
Durchbruch in Thüringen

Ramelow stellt sich neuer Wahl im Landtag

Im deutschen Bundesland Thüringen haben die Beratungen der Parteien am Freitag eine Lösung der Regierungskrise gebracht. Linke, SPD und Grüne kamen mit der CDU überein, eine neue Ministerpräsidentenwahl soll am 4. März stattfinden. Das sagte der frühere Regierungschef Bodo Ramelow (Linke). Auch eine Neuwahl des Parlaments im nächsten Jahr wurde fixiert.

Die vier Landesparteien vereinbarten eine Neuwahl für den 25. April 2021. Zuvor will sich Ramelow nächsten Monat im Landtag in Erfurt zur Wiederwahl stellen und eine Regierung bilden, die bis zu den Neuwahlen regieren soll.

Die Übergangsregierung soll demnach einen Haushalt für das kommende Jahr verabschieden. Außerdem hätten sich die Parteien auf einen Stabilitätspakt geeinigt. Zu diesem gehöre, dass die AfD nicht zum Mehrheitsbeschaffer im Thüringer Landtag werden könne. Das gelte für alle vier Parteien als wechselseitige Vereinbarung.

CDU-Beschluss zur Disposition

Ramelow bräuchte mindestens vier Stimmen von CDU oder FDP. Ein Parteitagsbeschluss verbietet der CDU jedoch, Ramelow aktiv mitzuwählen. Dieser zeigte sich am Freitagabend aber sicher, dass er bei seiner erneuten Kandidatur gewählt wird. Die Thüringer Linken-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow sagte, „wir gehen davon aus, dass die Wahl im ersten Wahlgang gelingt“.

Thomas Kemmerich (FDP)
APA/dpa-Zentralbild/Martin Schutt
Thomas Kemmerich (FDP)

Der stellvertretende CDU-Landeschef Mario Voigt sagte vor Journalisten zu dem in der CDU geltenden Verbot der Zusammenarbeit mit AfD und Linken, „der Grundsatzbeschluss steht“. Wie die Wahl Ramelows dann im ersten Wahlgang gelingen soll, blieb offiziell offen. Laut einem Bericht des „Spiegel“ (Onlineausgabe) sollen einige CDU-Abgeordnete für Ramelow votieren. Wie viele, soll laut dem Bericht geheim bleiben.

CDU-Vize Voigt sagte zum Verhältnis seiner Partei zu der nun erneut geplanten rot-rot-grünen Regierungskoalition, „wir verstehen uns als konstruktive Opposition“. Die gemeinsamen Vereinbarungen seien „ein historischer Kompromiss, um die Stabilität einer Minderheitsregierung herzustellen“.

Rücktritt nach drei Tagen

In Thüringen war es am 5. Februar zu einem Eklat gekommen, der weit über die Grenzen des Bundeslands reichte. Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich war überraschend im Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden. Er erhielt dabei Stimmen von der CDU und auch von der AfD. Die als fix angenommene Wiederwahl Ramelows scheiterte.

Die Linke war zwar als Siegerin der Parlamentswahl im Herbst hervorgegangen, das bisher regierende Bündnis aus Linke, SPD und Grünen hatte jedoch keine Mehrheit im Landtag erreicht. Ramelow wollte die Koalition in einer Minderheitsregierung fortführen. Die Wahl Kemmerichs kam aber dazwischen. Nach drei Tagen im Amt und deutschlandweiter Kritik trat Kemmerich zurück. Seither war offen, wie es in Thüringen weitergehen sollte.

Auswirkungen bis nach Berlin

Die Wellen des Eklats reichten bis Berlin. Die Koalition aus CDU und SPD gerieten in Konflikt. Die SPD kritisierte den Koalitionspartner, die Wahl Kemmerichs dank Stimmen der rechten AfD zugelassen zu haben. Die CDU wiederum musste zusehen, wie die Landespartei gegen den ausdrücklichen Willen von Bundesparteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer handelte. Diese kündigte wegen der scharfen Kritik an ihrer Parteiführung schließlich an, sich als CDU-Chefin zurückzuziehen und auch nicht als Kanzlerkandidatin zur Verfügung zu stehen.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz
AP/Michael Sohn
Spahn, Kramp-Karrenbauer, Merz: Die CDU muss einen Fahrplan für die Parteispitzenwahl festlegen

Präsidium und Vorstand der CDU wollen das weitere Verfahren nächste Woche in Berlin erörtern. Für die Nachfolge der scheidenden Parteichefin gibt es mehrere Interessenten: Ex-Umweltminister Norbert Röttgen, der bislang als Einziger seine Kandidatur angemeldet hat, sowie Gesundheitsminister Jens Spahn, den nordrhein-westfälischen Regierungschef Armin Laschet und Ex-Unionsfraktionschef Merz.

„Stabile Verhältnisse“ erhofft

Thüringens SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee erklärte: „Die CDU macht damit den Weg frei, bis Ende des Jahres als konstruktive Opposition für stabile Verhältnisse im Parlament und damit in Thüringen zu sorgen.“ Insgesamt sei es damit möglich, am 4. März den Ministerpräsidenten zu wählen, die rot-rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden und „die unerträgliche Situation einer regierungslosen Zeit unter einem zurückgetretenen Ministerpräsidenten Kemmerich zu beenden“. Die Grünen-Landessprecherin Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt schrieb auf Twitter: „Jetzt gibt es hoffentlich ruhigeres Fahrwasser für Thüringen.“