Cockpit eines österreichischen Eurofighter-Jets
ORF.at/Roland Winkler
Verfahren drohte Aus

Neuer Wirbel um Eurofighter-Ermittlungen

Ein „profil“-Bericht, wonach die Ermittlungen wegen der vom früheren Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) eingebrachten Betrugsanzeige in der Causa Eurofighter im Vorjahr vor der Einstellung standen, hat am Samstag für neuen Wirbel gesorgt. Auch wenn, wie das Justizministerium bestätigte, der entsprechende Vorhabensbericht mittlerweile überholt ist, setzte es Kritik von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Doskozil.

Laut „profil“ hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bereits Ende 2019 einen entsprechenden Vorhabensbericht an das Justizministerium geschickt.

Aktuell ist der Entscheidungsprozess über die Einstellung dem Bericht zufolge aber unterbrochen, weil Eurofighter-Haupteigentümer Airbus in den USA nicht deklarierte Zahlungen im Zusammenhang mit dem österreichischen Abfangjägerdeal zugegeben hat. Die WKStA richtete daraufhin ein Rechtshilfeansuchen an die USA.

Ministerium: „Vorhabensbericht überholt“

Das Justizministerium bestätigte, dass der Vorhabensbericht vorerst „überholt“ sei. Demzufolge wollen die Ermittler nun prüfen, ob sich aus dem Vergleich des Airbus-Konzerns mit der US-Justiz neue Informationen ergeben. Den Inhalt des Berichts kommentierte das Ministerium nicht.

Bestätigt hat eine Ministeriumssprecherin am Samstag lediglich, dass ein Vorhabensbericht der WKStA zum Eurofighter-Verfahren vorliegt. Mit einem solchen Bericht teilen die ermittelnden Staatsanwälte der Oberstaatsanwaltschaft und dem Justizministerium mit, welche weiteren Schritte sie unternehmen wollen.

Allerdings betonte eine Ministeriumssprecherin, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft nach dem Vergleich des Airbus-Konzerns mit der US-Justiz ein Rechtshilfeansuchen an die USA gerichtet hat. Dessen Ergebnisse werden nun auch bezüglich des aktuellen Vorhabensberichts abgewartet. „Er hat sich durch das Rechtshilfeansuchen überholt“, sagte die Sprecherin.

Kritik von Tanner und Doskozil

Kritik kam umgehend von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). „Gerade jetzt sollte man dranbleiben und aufklären statt einstellen“, sagte Tanner heute in einer Aussendung. Österreich habe einen Anspruch auf Wiedergutmachung. „Nachdem gerade jetzt nach 17 Jahren durch das Eingeständnis von Airbus in den USA wieder Bewegung in die Sache reingekommen ist, finde ich es wirklich sonderbar, dass die WKSTA die Empfehlung ausspricht einzustellen“, sagte Tanner. Damit erschwere die WKStA den Weg zu einer vollständigen Aufklärung erheblich.

Der nunmehrige burgenländische Landeshauptmann Doskozil zeigte sich „fassungslos“. „Jetzt muss die türkis-grüne Bundesregierung endlich beweisen, ob ihr wirklich etwas an Aufklärung liegt oder ob es nur bei Lippenbekenntnissen bleibt“, sagte Doskozil, der die Betrugsanzeige 2017 eingebracht hatte.

„Geringe Verurteilungswahrscheinlichkeit“

Laut „profil“ könnten die Oberbehörden der Korruptionsstaatsanwaltschaft die Einstellung der Eurofighter-Verfahren schon Anfang 2019 vorbereitet haben. Das legt ein von dem Nachrichtenmagazin zitiertes Schreiben der Leiterin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, an den damaligen ÖVP-Justizminister Josef Moser nahe. Darin berichtete Vrabl-Sanda, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, habe schon am 1. Februar 2019 gegenüber zwei Staatsanwältinnen gemeint, das Eurofighter-Verfahren könne mit Blick auf die zu geringe Verurteilungswahrscheinlichkeit (§210 StPO) binnen eines halben Jahres eingestellt werden.

Doskozil: „Wie in einer Bananenrepublik“

Vrabl-Sandas Schreiben stammt vom 25. April 2019. Die APA verweist darauf, dass es also wenige Wochen nach der bereits bekannten Dienstbesprechung der WKStA mit Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek vom 1. April verfasst wurde. Damals hatte Pilnacek der Korruptionsstaatsanwaltschaft geraten, Teile des langjährigen Ermittlungsverfahrens einzustellen („Setzts euch z’samm und daschlogts es“).

In diesem Zusammenhang kündigte Doskozil namens der SPÖ via Aussendung an, mit parlamentarischen Anfragen weiter Druck zu machen. Er will u. a. wissen, ob Pilnacek ähnlich wie in der Casinos-Affäre auch im Eurofighter-Verfahren Beschuldigte getroffen hat. Doskozil bekräftigte sein Misstrauen gegen die „politische Führung der Justiz“ sowie den früheren Koalitionspartner ÖVP in dieser Causa. „Ich fühle mich nach solchen Veröffentlichungen wie in einer Bananenrepublik“, so Doskozil. Die Vorgehensweise, neben der Betrugsanzeige in Österreich auch die US-Behörden einzuschalten, habe sich „vollinhaltlich bestätigt“.

Causa seit 2019 bei der WKStA

Die Oberstaatsanwaltschaft war auf APA-Anfrage nicht zu erreichen. Gegenüber „profil“ erklärte ein Sprecher die Aussagen ihres Leiters mit dem Bestreben, eine „zügige und effiziente Verfahrensführung zu ermöglichen“. Es habe aber keine Vorgaben gegeben, „Berichte in eine bestimmte Richtung hin abzufassen“.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte das Eurofighter-Verfahren Anfang 2019 von der Staatsanwaltschaft Wien übernommen. Dort hatte sieben Jahre lang nur ein einziger Staatsanwalt an dem Großverfahren gearbeitet, bei der WKStA sind vier Staatsanwälte und ein Gruppenleiter damit befasst. Ermittelt wurde zuletzt gegen 60 namentlich bekannte Beschuldigte und weitere Unbekannte.

Wendung im Jänner

Airbus hatte Ende Jänner einen fast 3,6 Mrd. Euro schweren Vergleich mit der Justiz in Großbritannien, Frankreich und den USA geschlossen, die gegen den Konzern u. a. wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt hatte. Dabei gestand Airbus auch ein, den US-Behörden die Zahlung von 55 Mio. Euro für politische Zuwendungen, Provisionen oder Vermittlungsgebühren im Zusammenhang mit dem österreichischen Eurofighter-Deal des Jahres 2003 nicht gemeldet zu haben.

Gemäß US-Rüstungsexportbeschränkungen wären solche Zahlungen meldepflichtig gewesen. Der österreichischen Justiz waren die Zahlungen laut Airbus schon vor dem Vergleich mit den USA bekannt. Der Vorwurf von Bestechungszahlungen sei von der US-Justiz in diesem Zusammenhang aber nicht erhoben worden, betonte ein Airbus-Sprecher.