Selfie mit Mundschutz in Mailand
AP/LaPresse/Claudio Furlan
Ostern in Rom?

Coronavirus wirft Fragen für Reisende auf

Gerade im Frühjahr sind Italiens Metropolen eine beliebte Destination heimischer Reisebüros. Das könnte sich heuer durch die Ansteckungsfälle mit dem neuen Coronavirus ändern. Ein kostenloses Storno für bereits gekaufte Reisen ist je nach Veranstalter und Art der Buchung unter Umständen möglich, ein Anspruch besteht derzeit aber nicht.

Die vorübergehende Sperre für den Zugsverkehr über den Brenner in der Nacht auf Montag zeigte, wie groß die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung des Virus ist. Der Verkehr wurde bald wieder freigegeben, nachdem sich der Verdacht auf Ansteckung als falsch herausgestellt hatte. Wie die österreichische Regierung am Montag nach einem Einsatzstab bekanntgab, werde das Außenministerium partielle Reisewarnungen für betroffene Gebiete in Italien erlassen. Solche Warnungen galten seit Montag für elf Gemeinden im Norden, wo auch Ein- bzw. Ausreisesperren galten.

Eine generelle Warnung will das Ministerium nicht aussprechen, so Außenamtssprecher Peter Guschelbauer zu ORF.at. „Diese werden in der Regel nur für Länder ausgesprochen, in denen unmittelbar Gefahr für Leib und Leben besteht“, etwa durch Krieg, so Guschelbauer.

Partielle Reisewarnungen

Die Warnung des Außenministeriums gilt für elf Gemeinden in Italien: Vo Euganeo, Codogno, Castiglione d’Adda, Casalpusterlengo, Fombio, Maleo, Somaglia, Bertonico, Terranova dei Passerini, Castelgerundo und San Fiorano. Ebenfalls eine partielle Reisewarnung gibt es nun für Daegu in Südkorea.

Das Ministerium stelle aber umfassende Reiseinformationen zu Italien bereit, für Norditalien gelten derzeit auch erhöhte Vorsichtsmaßnahmen. Die Region Friaul-Julisch Venetien erklärte am Wochenende den Zivilschutznotstand, zurzeit in erster Linie eine administrative Maßnahme, etwa um mit wenig Bürokratie Schutzmaßnahmen zu treffen.

Keine Reisebeschränkungen in der EU

Laut Website des Außenministeriums wird Reisenden in den betroffenen Regionen empfohlen, größere Menschenansammlungen zu vermeiden und hygienische Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Falls man in Italien grippeähnliche Symptome aufweist, dürfe man nicht zum Arzt oder ins Spital. Um die weitere Vorgangsweise abzuklären, solle man die Telefonnummer 1500 anrufen. Wir sind mit den Stellen vor Ort in engem Kontakt", so Guschelbauer. Auslandsösterreicherinnen und -österreicher sowie Reisende, die sich beim Ministerium registriert hätten, würden „proaktiv informiert“.

Gestrandete Reisende in München
ww.picturedesk.com/Lino Mirgeler
Nach dem Vorfall am Brenner strandeten Montagfrüh die Zugreisenden in München

Auch die EU plant momentan keine Reisebeschränkungen, so der EU-Krisenbeauftragte Janez Lenarcic am Montag in Brüssel. Allerdings arbeite man an verschiedenen Plänen zur Eindämmung der Epidemie. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte, Beschränkungen im Reiseverkehr müssten koordiniert, angemessen sowie wissenschaftlich begründet sein.

„Derzeit hat die Weltgesundheitsorganisation weder Beschränkungen für Fracht noch für Passagiere empfohlen“, sagte sie. Eine Abordnung der Behörde werde am Dienstag nach Italien reisen, um die Lage zu analysieren.

Pauschalreisende besser geschützt

Was aber, wenn die Reisen bereits geplant sind? Wer innerhalb der nächsten Tage nach Italien – mit Ausnahme der gesperrten Gebiete – reisen möchte, „kann dies auf eigenes Risiko tun“, so der ÖAMTC in einer Aussendung. „Wer ein Hotel in einem betroffenen Gebiet individuell gebucht hat, dieses aber wegen der Einreisesperren nicht erreichen kann, hat die Möglichkeit der kostenlosen Stornierung.“

Unterschied zwischen Epidemie und Pandemie

Eine Epidemie tritt vermehrt in einer Region auf, während eine Pandemie weltweit verbreitet ist.

„Grundsätzlich muss man unterscheiden, ob es sich um eine Pauschal- oder eine individuell gebuchte Reise handelt“, so die Rechtsexpertin Cornelia Kern vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) zu ORF.at. „Bei Pauschalreisen sind die Konsumenten besser geschützt, wenn am Zielort außergewöhnliche Umstände auftreten. Da kann es sein, dass man kostenlos stornieren kann.“ Derzeit sei dieser Fall eventuell bei den betroffenen Regionen Lombardei und Venetien gegeben, die Lage sei aber von Tag zu Tag zu bewerten.

Frage der Kulanz

Wichtig sei zunächst, sich an den Reiseveranstalter zu wenden und gemeinsam zu einer Einigung zu kommen, oftmals seien kulante Lösungen möglich. Ob es ein kostenloses Rücktrittsrecht für Reisen nach Italien etwa zu Ostern geben kann, könne man heute noch nicht sagen. Kern empfahl jenen, die sich einen Ausflug ins südliche Nachbarland überlegen, abzuwarten und die Lage zu evaluieren.

Man solle Kontakt mit dem Reiseveranstalter halten und, wenn es nicht anders geht, gebe es noch die Möglichkeit, kostenpflichtig zu stornieren. Bei individuell gebuchten Reisen besteht weniger Schutz, es komme aber auf die jeweiligen Vertragsbedingungen an.

Routen werden eingehalten

Beschränkungen auf den Routen gibt es derzeit nicht. Der Flugplan der AUA bleibt gleich, man beobachte die Lage und sei in Kontakt zu den Behörden. Die AUA folgt damit der Politik der Lufthansa-Mutter. Gestrichen sind hingegen die AUA-Flüge von und nach China. Das gilt zunächst bis zum Ende des Winterflugplans am 28. März 2020 und betrifft Peking und Shanghai.

Auch die Bahnverbindung nach Italien war nach dem Zwischenfall in der Nacht am Montag wieder normal befahrbar. Von den ÖBB gibt es täglich rund zwanzig Züge über den Brenner in Tirol und in Kärnten via Tarvis nach Italien. Dazu kommen tägliche Intercity-Busse nach Triest und Venedig. Tickets von und nach Italien können – als einmalige Regelung – bis einschließlich 26. Februar kostenfrei storniert werden, so ÖBB-Sprecher Robert Lechner zu ORF.at.

Einschränkungen bei den Verbindungen Richtung Italien sind nicht geplant. Seit Sonntag stünden die ÖBB „in intensivem Kontakt mit den Behörden, also den Ministerien für Inneres, Gesundheit und Verkehr“, so Lechner. „Sowohl bei uns als auch in den Ministerien tagen permanent Stäbe, um die Lage einzuschätzen.“

Storno unter Bedingungen

Bei den Reiseveranstaltern gelten unterschiedliche Regelungen. Beim Verkehrsbüro, Mutter der Ruefa Reisebüros, evaluiert man derzeit, wie viele Menschen betroffen sind, so Konzernsprecherin Andrea Hansal zu ORF.at. „Wo wir selbst als Veranstalter bei Italienreisen tätig sind, bieten wir kostenlose Storni, wenn die Rückreise bis 31.3. stattfinden würde.“

Grafik zum Coronavirus
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: dpa

Bei anderen Veranstaltern würden deren Regeln gelten. Bei vielen gelte zu Ostern eine Reise nach Rom als Fixpunkt. „Man muss hier erst sehen, wie sich die Lage entwickelt“, so Hansal. „Das werden wir zeitnah mit den Kundinnen und Kunden entscheiden.“

Abwarten mit der Buchung

Bei TUI haben bisher noch die normalen Stornobedingungen Bestand. Einen Rückgang bei Buchungen mache man derzeit nicht aus, so Sprecherin Kathrin Limpel. Die betroffenen Regionen seien keine typischen Destinationen für die Osterferien. „Sardinien wäre zum Beispiel anders zu bewerten als die betroffenen Regionen.“ Derzeit buchten die Kundinnen und Kunden vermehrt den Sommerurlaub. Hier könnte es sein, dass die Italien-Urlauber noch abwarten.

Auch bei den Asienreisen merke man bei TUI keinen Rückgang, so Limpel. China sei für Touristen kein primäres Ziel, schon gar nicht die am stärksten betroffene Provinz Hubei. Bei anderen Destinatinen wie Thailand gebe es keine Einschränkungen, eventuell müsse man dort mit Fieberkontrollen rechnen.

In Asien selbst hingegen merkt man den Einbruch im Tourismus. Die Epidemie kostet einer Studie der niederländischen Bank ING zufolge allein Asien bis zu 115 Milliarden Dollar an Wirtschaftsleistung.