Angeklagter Harvey Weinstein
AP/Seth Wenig
Vergewaltigung, sexuelle Nötigung

Jury spricht Weinstein schuldig

Gut zwei Jahre nach dem Start der „#MeToo“-Bewegung durch Vorwürfe gegen Harvey Weinstein hat ein US-Gericht den früheren Filmmogul wegen Sexualverbrechen schuldig gesprochen. Das teilten die Geschworenen am Montag dem Obersten New Yorker Gericht nach tagelangen Beratungen mit. Weinstein droht nun jahrelange Haft.

In dem Vergewaltigungsprozess kam die Jury aus Laienrichterinnen und Laienrichtern zu der Entscheidung, den 67-Jährigen wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu verurteilen. Nicht schuldig sei Weinstein jedoch im schwersten Anklagepunkt, jenem des brutalen sexuellen Übergriffs – dafür hätte ihm eine lebenslange Haftstrafe gedroht, schreibt die US-Nachrichtenagentur AP. Nun drohen Weinstein bis zu 25 Jahre Haft.

Weinstein wurde in Handschellen aus dem Gerichtssaal geführt, er wird laut Reuters nun in Gewahrsam bleiben. Der New Yorker Richter James Burke lehnte einen Antrag von Weinsteins Anwälten ab, den einstigen Hollywood-Mogul wegen gesundheitlicher Probleme gegen Kaution auf freiem Fuß zu lassen.

Die Verkündung des Strafmaßes wird für den 11. März erwartet, berichtet unterdessen AP. Die Juryberatungen zogen sich über Tage hin. Nachrichten ans Gericht ließen dabei den Schluss zu, dass die Jury sich zwischenzeitlich in mehreren Anklagepunkten nicht einig war, schrieb die dpa.

Verteidigung kündigt Anfechtung an

Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen. In dem aufsehenerregenden New Yorker Prozess geht es seit Jänner aber vor allem um zwei Vorwürfe: Weinstein soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi sexuell genötigt und die heutige Friseurin Jessica Mann 2013 vergewaltigt haben.

Gerichtszeichnung zeigt den Angeklagten Harvey Weinstein beim Lesen eines Schriftstücks
Reuters/Jane Rosenberg
Weinstein, hier von einem Gerichtszeichner am Montag festgehalten, wurde von der Jury für schuldig befunden

Die Staatsanwaltschaft fügte zudem Vorwürfe der Schauspielerin Annabella Sciorra hinzu, die Weinstein einer Vergewaltigung in den 90er Jahren beschuldigt. Dieser Fall ist zwar verjährt, die Anklage wollte aber ein Muster sexueller Gewalt durch Weinstein belegen.

Der Prozess gilt als Meilenstein der „#MeToo“-Bewegung, die von dem Fall ausgelöst wurde. Weinsteins Anwälte wollen den Schuldspruch nun anfechten. Weinsteins Chefverteidigerin Donna Rotunno kündigte am Montag in New York Rechtsmittel gegen das Urteil an: „Der Kampf ist noch nicht vorbei.“

Detaillierte Schilderungen von Zeuginnen

In den vergangenen Wochen hatte die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren versucht, mit Hilfe von insgesamt sechs Hauptzeuginnen in teils drastischer Detailtiefe ein Muster Weinsteins offenzulegen – das eines Mannes, der seine Macht in der Filmindustrie systematisch ausnutzte, um sich junge Frauen gefügig zu machen, eines Mannes, der Frauen für Sex Karrierehilfe versprach und sie bei einem Nein sexuell missbrauchte.

Die Verteidigung hingegen hatte den Zeuginnen eine Mitschuld gegeben und Weinstein in einer Opferrolle dargestellt. Frauen hätten ihn über Jahrzehnte wegen seines Einflusses und Geldes ausgenutzt und seien sich ihrer Handlungen und Signale an ihn bewusst gewesen. Jeglicher Sex habe einvernehmlich stattgefunden.

„Time’s Up“-Bewegung spricht von „neuer Ära“

In einer ersten Reaktion zeigte sich die „Time’s Up“-Bewegung erfreut über das Urteil. Die Bewegung entstand als Reaktion auf die Enthüllungen rund um den Ex-Filmmogul und „#MeToo“. Das Urteil würde eine „neue Ära der Gerechtigkeit“ einläuten. Das Urteil der Jury sende „ein starkes Signal an die Welt“, hieß es in einer Stellungnahme.

Der Journalist Ronan Farrow, dessen Berichterstattung über Weinstein maßgeblich zum Start der „#MeToo“-Bewegung beitrug, würdigte nach dem Urteil gegen den früheren Hollywood-Mogul den Mut der Opfer. „Das heutige Urteil des New Yorker Prozesses gegen Harvey Weinstein ist das Ergebnis der Entscheidung mehrerer Frauen, sich mit hohen persönlichen Risiken an Journalisten und Staatsanwälte zu wenden“, schrieb Farrow auf Twitter.

Weiteres Verfahren in Kalifornien droht

Auch abseits des New Yorker Verfahrens könnte Weinstein noch ein Rechtsstreit bevorstehen. In Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien wurde er ebenfalls wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagt. Auch dort könnte es zu einem Prozess kommen.