Die Innsbrucker Klinik
APA/EXPA/Johann Groder
Erste Coronavirus-Fälle

Italienisches Paar in Tirol wohlauf

In Österreich gibt es seit Dienstag die ersten beiden bestätigten Coronavirus-Fälle: ein junges Paar aus Italien. Sie hätten sich nach Krankheitssymptomen am Wochenende am Montagabend bei der Leitstelle in Innsbruck gemeldet, hieß es am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz. Die beiden seien wohlauf und schon wieder fieberfrei. Nun wird erhoben, zu wie vielen Personen die beiden Infizierten Kontakt hatten: Die Arbeitsstelle der Frau, ein Hotel, wurde gesperrt.

Die beiden werden jedenfalls bis zum Wochenende in Quarantäne bleiben, sagte Günter Weiss, Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin II, bei der Pressekonferenz. Bei den beiden Patienten handelt es sich um ein Paar aus der Gegend um Bergamo, das am Freitag mit dem Pkw nach Innsbruck reiste. Laut ersten Informationen dürfte die Frau in Innsbruck leben und arbeiten, ihr Freund wollte sie besuchen. Die beiden seien derzeit unter Beobachtung. Sie seien aber in einem „guten Zustand“, so Weiss.

Zu wie vielen Personen die beiden Infizierten Kontakt hatten, ist noch nicht klar. Das Stadtmagistrat sei derzeit dabei, das zu erheben, sagte Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber. Nun gelte es, die Kontaktpersonen der Infizierten zu kontaktieren, sagte Katzgraber schon am Vormittag. Sie sollen informiert werden, wie sie sich in weiterer Folge verhalten sollen. „Wir arbeiten den Fall nun systematisch ab und versuchen die Infektionskette zu beenden“, so der Landessanitätsdirektor.

Frau arbeitete in Hotel

Das könnte sich allerdings schwierig gestalten: Ein Hotel nahe der Innenstadt, in dem die infizierte Italienerin arbeitete, wurde auf Anordnung des Landes vorübergehend gesperrt. Betroffen war auch der Wohnstätte der Italienerin in Innsbruck – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Pressekonferenz zu den Coronavirus-Fällen in Tirol

Nach dem Bekanntwerden der ersten Coronavirus-Fälle in Österreich wurde im Rahmen einer Pressekonferenz ein Überblick über die aktuelle Lage gegeben.

Unterdessen werde man in der Innsbrucker Klinik eine eigene Ambulanz für Coronavirus-Verdachtsfälle einrichten, kündigte Platter an. Er versuchte zu beruhigen: „Es gibt keinen Grund zur Panik“, sagte er einmal mehr. Das Land bereite sich auf alle Eventualitäten vor. „Der Einsatzstab wird täglich in der Früh tagen“, sagte er – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Anschober: „Betroffene haben richtig reagiert“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte zu den Tiroler Fällen: „Beide Betroffenen haben richtig reagiert und nach ihrer Einreise nach Auftreten der Symptome sofort den Arzt angerufen.“ Vor Beginn eines Treffens mehrerer europäischer Amtskollegen am Dienstag in Rom hob Anschober die Bereitschaft Österreichs und weiterer Nachbarn hervor, Italien bei der Eingrenzung des Coronavirus aktiv zu unterstützen. „Wir wollen als Nachbarländer prüfen, wie wir Italien helfen und eine weitere Ausbreitung verhindern können“, sagte Anschober in Rom.

Pandemie soll verhindert werden

„Die Zahl der Infektionen geht in Italien nach oben, wie zu erwarten war. Wichtig ist, die Ausgangsquelle der Infektion zu lokalisieren. Die von der italienischen Regierung ergriffenen Maßnahmen sind recht offensiv, jetzt heißt es abzuwarten und zu sehen, wie schnell sie greifen“, sagte Anschober in Rom.

Am Treffen in Rom, zu dem der italienischen Gesundheitsminister Roberto Speranza eingeladen hat, beteiligt sich am Dienstagnachmittag auch EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. „Ich bin überzeugt, dass wir der Ausbreitung des Coronavirus nur mit gesamteuropäischen Maßnahmen entgegentreten können. Ein starkes Europa ist die beste Unterstützung für die betroffenen Regionen. Unser Ziel ist, auf diese regionale Epidemie möglichst schnell zu reagieren, damit es nicht zu einer globalen Pandemie kommt“, sagte Anschober.

Kurz: „Sind vorbereitet“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) versprach „alle Maßnahmen, um eine Ausbreitung bestmöglich zu verhindern“. Oberstes Ziel sei der Schutz der österreichischen Bevölkerung, so Kurz am Rande seiner London-Reise. „Es ist ein Fall eingetreten, auf den wir vorbereitet sind, und jetzt gilt es rasch zu reagieren“, sagte der Bundeskanzler vor Journalisten. „Wir versuchen eine bestmögliche Zusammenarbeit der Behörden sicherzustellen und auch zu gewährleisten, dass es eine transparente Information der Bevölkerung gibt.“

Nehammer: Warnkette noch engmaschiger knüpfen

Nach dem Auftreten der ersten beiden bestätigten Coronavirus-Fälle in Tirol werde Österreich die Warnkette mit den italienischen Behörden noch engmaschiger knüpfen, „um noch entschlossener, noch schneller und mit aller Härte reagieren zu können“, kündigte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an.

„Wir tun alles, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, und das in enger Abstimmung mit den Landeshauptleuten, den Landessanitätsdirektionen, den Landespolizeidirektionen und den involvierten Ministerien. Wenn eine Isolierung veranlasst wird, wird die Polizei alles tun, damit die Quarantänemaßnahmen eingehalten werden“, sagte Nehammer. Zu den beiden bestätigten Fällen sagte der Minister, dass nun die notwendigen Maßnahmen in Kraft treten würden. „Der Einsatzstab im Innenministerium tagt 24 Stunden, sieben Tage die Woche.“

Entwarnung in Linz

In Oberösterreich gab es unterdessen Entwarnung: Der Verdachtsfall in Linz-Pichling bestätigte sich nicht. Ein 55-jähriger Linzer hatte nach einer Italien-Reise entsprechende Symptome gezeigt – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Auch in Vorarlberg konnte Entwarnung gegeben werden: Die sieben bisher bekannten Verdachtsfälle in Vorarlberg bestätigten sich nicht, teilt die Landespressestelle mit – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

59 Krankenhäuser gewappnet

In Österreich sind 59 Krankenhäuser für die Behandlung von Coronavirus-Verdachtsfällen und Covid-19-Erkrankungen ausgerüstet. Das Gesundheitsministerium veröffentlichte am Dienstag eine Liste der Spitäler. Die meisten gibt es mit 15 in Oberösterreich, gefolgt von 14 in Niederösterreich, acht in Tirol und sechs in Salzburg.

Jeweils fünf Einrichtungen, die für die Behandlung ausgestattet sind, gibt es in Kärnten und Vorarlberg, in der Steiermark sind es vier und im Burgenland ein Spital. In Wien ist das Kaiser-Franz-Josef-Spital die erste Anlaufstelle für Verdachtsfälle – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

TV-Hinweis

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus in Europa ändert der ORF sein Programm und zeigt am Mittwoch um 20.15 Uhr in ORF2 ein 90-minütiges „Thema Spezial“ zur aktuellen Situation – mehr dazu tv.ORF.at.

ORF III berichtet am Dienstag um 20.15 Uhr in einer Livesondersendung zum Thema „Coronavirus in Österreich: Was nun?“.

Bei Symptomen Anruf empfohlen

Für Wien sprach man im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) von einer Kapazität von bis zu „einigen hundert Betten“. Man könne bei Bedarf sogar zwei Spitäler komplett für Patienten mit Covid-19-Erkrankungen zur Verfügung stellen. In der Bundeshauptstadt waren schon vor Wochen die Vorbereitungen für den Fall der Fälle angelaufen.

Wer Symptome aufweist oder befürchtet, erkrankt zu sein, soll zu Hause bleiben. Der Kontakt zu anderen Personen soll minimiert und das Gesundheitstelefon 1450 angerufen sowie die dort erhaltenen Anweisungen genau befolgt werden.

Vor allem Ältere gefährdet

Das Coronavirus gefährdet vor allem Personen jenseits des 60. Lebensjahrs. Laut der bisher umfassendsten Studie, die Krankheitsverläufe in China bis 11. Februar berücksichtigt hat, waren von 1.023 gestorbenen Patienten 829 über 60 Jahre alt. Demgegenüber verlief die Erkrankung für nur 26 Menschen tödlich, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

Krankheitsverlauf – Tortengrafik, Gestorbene nach Altersgruppen – Säulengrafik
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: CCDC weekly

Der im „Chinese Journal of Epidemiology“ veröffentlichten Studie zufolge verläuft die Krankheit in vier Fünftel der Fälle milde. Bei insgesamt 72.314 Daten, die für das Chinesische Zentrum für Seuchenkontrolle und -vorbeugung ausgewertet wurden, zeigten 80,9 Prozent der Infektionen einen milden Verlauf. 13,8 Prozent der Fälle wurden als ernst bewertet, 4,7 Prozent als lebensbedrohlich.

Das höchste Sterberisiko bei einer Infektion haben der amtlichen Studie zufolge Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gefolgt von Diabetikern, Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen und Bluthochdruck. Männer haben der Studie zufolge mit 2,8 Prozent ein deutlich höheres Sterberisiko als Frauen mit 1,7 Prozent. Im Schnitt liegt die Mortalitätsrate bei 2,3 Prozent.