Polizeibeamte vor dem Grand Hotel Europa in Innsbruck
APA/EXPA/Johann Groder
Coronavirus

Hotel in Innsbruck vorübergehend gesperrt

Nach den ersten beiden bestätigten Coronavirus-Fällen ist am Dienstag in Innsbruck ein Hotel vorübergehend gesperrt worden. Es handelt sich dabei um die Arbeitsstätte einer der beiden Infizierten, einer Italienerin. Auch ihr Freund hat sich infiziert, beide befänden sich aber bereits auf dem Weg der Besserung, hieß es. Man habe sich zu der Sperre entschlossen, um „mögliche Kontaktpersonen zu eruieren und alle notwendigen Abklärungen vorzunehmen“, teilte die Tiroler Landesregierung mit.

Gesperrt wurde laut Angaben der Behörden auch die Wohnung der 24-Jährigen. In dem Hotel in der Innsbrucker Innenstadt wurde Gästen vorübergehend der Zutritt verwehrt, ihre Daten wurden aufgenommen. Im Einsatz waren Polizei und Sanitätsbehörde. „Die Sicherheit und die Vorsorge sind nun unser oberstes Gebot. Dazu treffen wir alle nötigen Maßnahmen.“

„Die Behörden sind in enger Abstimmung mit den Gesundheitseinrichtungen sowie der Arbeitsstätte der Frau“, erklärte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), der in Absprache mit Bundeskanzler Sebastian Kurz, Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) und Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) die kurzfristigen Isolationsmaßnahmen angeordnet hatte – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Paar in Quarantäne

Die beiden Infizierten – der gleichaltrige Freund der Frau, ebenfalls aus Italien, war bei ihr auf Besuch – werden jedenfalls bis zum Wochenende in Quarantäne bleiben, sagte Günter Weiss, Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin II, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Das Paar stammt aus der Gegend um Bergamo. Die beiden seien derzeit unter Beobachtung. Sie seien aber in einem „guten Zustand“, so Weiss.

Polizeibeamte mit Schutzmasken im Grand Hotel Europa in Innsbruck
APA/EXPA/Johann Groder
Polizisten mit Schutzmasken vor dem Hotel

Zu wie vielen Personen die beiden Infizierten Kontakt hatten, ist noch nicht klar. Der Stadtmagistrat sei dabei, das zu erheben, sagte Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber. Diese müssten kontaktiert werden. Sie sollen informiert werden, wie sie sich in weiterer Folge verhalten sollen. „Wir arbeiten den Fall nun systematisch ab und versuchen die Infektionskette zu beenden“, so der Landessanitätsdirektor.

Pressekonferenz zu den Coronavirus-Fällen in Tirol

Nach dem Bekanntwerden der ersten Coronavirus-Fälle in Österreich wurde im Rahmen einer Pressekonferenz ein Überblick über die aktuelle Lage gegeben.

Dass sich Hotelgäste, die mit der 25-Jährigen in Kontakt waren, automatisch angesteckt haben, hält der Leiter der Infektiologie der Medizinischen Universität Innsbruck, Günther Weiss., eher für unwahrscheinlich. Seinem Informationsstand zu Folge bräuchte es für die Übertragung im Normalfall einen längeren Kontakt von rund einer Viertelstunde. Die Zeit an der Rezeption sei aber eine sehr kurze, und damit gebe es eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit der Ansteckung, erklärte Weiss in der ZIB2 Dienstagabend.

Unterdessen werde man in der Innsbrucker Klinik eine eigene Ambulanz für Coronavirus-Verdachtsfälle einrichten, kündigte Platter an. Er versuchte zu beruhigen: „Es gibt keinen Grund zur Panik“, sagte er einmal mehr. Das Land bereite sich auf alle Eventualitäten vor. „Der Einsatzstab wird täglich in der Früh tagen“, sagte er – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Anschober: „Betroffene haben richtig reagiert“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte zu den Tiroler Fällen: „Beide Betroffenen haben richtig reagiert und nach ihrer Einreise nach Auftreten der Symptome sofort den Arzt angerufen.“ Nach einem Treffen mehrerer europäischer Amtskollegen am Dienstag in Rom hob Anschober die Bereitschaft Österreichs und weiterer Nachbarn hervor, Italien bei der Eingrenzung des Coronavirus aktiv zu unterstützen. Grenzschließungen seien aber kein Thema, unterstrichen auch Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza und sein deutscher Amtskollege Jens Spahn.

„Die Zahl der Infektionen geht in Italien nach oben, wie zu erwarten war. Wichtig ist, die Ausgangsquelle der Infektion zu lokalisieren. Die von der italienischen Regierung ergriffenen Maßnahmen sind recht offensiv, jetzt heißt es abzuwarten und zu sehen, wie schnell sie greifen“, so Anschober.

Kurz: „Sind vorbereitet“

Bundeskanzler Kurz versprach „alle Maßnahmen, um eine Ausbreitung bestmöglich zu verhindern“. Oberstes Ziel sei der Schutz der österreichischen Bevölkerung, so Kurz auf dem Weg nach London, wo er am Dienstag Premierminister Boris Johnson traf. „Es ist ein Fall eingetreten, auf den wir vorbereitet sind, und jetzt gilt es rasch zu reagieren“, sagte der Bundeskanzler vor Journalisten. „Wir versuchen eine bestmögliche Zusammenarbeit der Behörden sicherzustellen und auch zu gewährleisten, dass es eine transparente Information der Bevölkerung gibt.“

CoV: Hotel Europa in Innsbruck gesperrt

Ein Hotel nahe der Innsbrucker Innenstadt, in dem die infizierte Italienerin arbeitete, wurde auf Anordnung des Landes vorübergehend gesperrt.

Nehammer: Warnkette noch engmaschiger knüpfen

Nach dem Auftreten der ersten beiden bestätigten Coronavirus-Fälle in Tirol werde Österreich die Warnkette mit den italienischen Behörden noch engmaschiger knüpfen, „um noch entschlossener, noch schneller und mit aller Härte reagieren zu können“, kündigte Innenminister Nehammer an.

Nach der Sperre des Hotels in Innsbruck betonte Nehammer in einer Aussendung, es bestehe weiter kein Grund zu Panik. „Nun treten die lange vorbereiteten Maßnahmen in Kraft und werden sorgfältig abgearbeitet, um auch weiterhin die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher zu gewährleisten.“ Bei den beiden Infizierten seien „sofort deren persönliches Umfeld überprüft und deren Kontakte rekonstruiert“ worden, „um alle weiteren notwendigen Maßnahmen zu koordinieren und in die Wege zu leiten“.

59 Krankenhäuser gewappnet

In Österreich sind 59 Krankenhäuser für die Behandlung von Coronavirus-Verdachtsfällen und Covid-19-Erkrankungen ausgerüstet. Das Gesundheitsministerium veröffentlichte am Dienstag eine Liste der Spitäler. Die meisten gibt es mit 15 in Oberösterreich, gefolgt von 14 in Niederösterreich, acht in Tirol und sechs in Salzburg.

Polizeibeamte vor dem Grand Hotel Europa in Innsbruck
Sozialministerium

Jeweils fünf Einrichtungen, die für die Behandlung ausgestattet sind, gibt es in Kärnten und Vorarlberg, in der Steiermark sind es vier und im Burgenland ein Spital. In Wien ist das Kaiser-Franz-Josef-Spital die erste Anlaufstelle für Verdachtsfälle – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

TV-Hinweis

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus in Europa ändert der ORF sein Programm und zeigt am Mittwoch um 20.15 Uhr in ORF2 ein 90-minütiges „Thema Spezial“ zur aktuellen Situation – mehr dazu tv.ORF.at.

Bei Symptomen Anruf empfohlen

Für Wien sprach man im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) von einer Kapazität von bis zu „einigen hundert Betten“. Man könne bei Bedarf sogar zwei Spitäler komplett für Patienten mit Covid-19-Erkrankungen zur Verfügung stellen. In der Bundeshauptstadt waren schon vor Wochen die Vorbereitungen für den Fall der Fälle angelaufen.

Wer Symptome aufweist oder befürchtet, erkrankt zu sein, soll zu Hause bleiben. Der Kontakt zu anderen Personen soll minimiert und das Gesundheitstelefon 1450 angerufen sowie die dort erhaltenen Anweisungen genau befolgt werden.

Vor allem Ältere gefährdet

Das Coronavirus gefährdet vor allem Personen jenseits des 60. Lebensjahrs. Laut der bisher umfassendsten Studie, die Krankheitsverläufe in China bis 11. Februar berücksichtigt hat, waren von 1.023 gestorbenen Patienten 829 über 60 Jahre alt. Demgegenüber verlief die Erkrankung für nur 26 Menschen tödlich, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

Krankheitsverlauf – Tortengrafik, Gestorbene nach Altersgruppen – Säulengrafik
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: CCDC weekly

Der im „Chinese Journal of Epidemiology“ veröffentlichten Studie zufolge verläuft die Krankheit in vier Fünftel der Fälle milde. Bei insgesamt 72.314 Daten, die für das Chinesische Zentrum für Seuchenkontrolle und -vorbeugung ausgewertet wurden, zeigten 80,9 Prozent der Infektionen einen milden Verlauf. 13,8 Prozent der Fälle wurden als ernst bewertet, 4,7 Prozent als lebensbedrohlich.

Das höchste Sterberisiko bei einer Infektion haben der amtlichen Studie zufolge Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gefolgt von Diabetikern, Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen und Bluthochdruck. Männer haben der Studie zufolge mit 2,8 Prozent ein deutlich höheres Sterberisiko als Frauen mit 1,7 Prozent. Im Schnitt liegt die Mortalitätsrate bei 2,3 Prozent.