Jugendliche in Bibliothek
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Ausbildung und Arbeit

Junge sehen sehr ungleiche Chancen

Eine große Mehrheit der jungen Österreicherinnen und Österreicher unter 30 Jahren (92 Prozent) sagt, dass ihnen gute Jobs und Arbeitsmöglichkeiten wichtig sind, wenn sie auf dem Land leben wollen. Aber nur 28 Prozent sehen gute Chancen, solche im ländlichen Raum zu finden. Das ist ein Hauptergebnis einer Umfrage unter 3.000 unter 30-Jährigen durch die Koordinierungsstelle Jugenddialog in der Bundesjugendvertretung (BJV).

Weiteren 94 Prozent sei es wichtig, dass sie einen Zugang zu guter Bildung haben. „Um der Abwanderung vom Land entgegenzusteuern, braucht es ein besseres Ausbildungs- und Arbeitsangebot für junge Menschen“, so BJV-Vorsitzender Derai Al Nuaimi. „Fachkräfte und Lehrstellen müssen besonders gefördert werden. Junge Menschen müssen ihr Potenzial voll ausschöpfen können, egal ob am Land oder in der Stadt.“

Um den ländlichen Raum für junge Menschen attraktiver zu machen, bezeichnen 93 Prozent der Befragten eine gute Infrastruktur als wichtig. „Junge Menschen wollen unabhängig und nicht auf das Auto ihrer Eltern angewiesen sein. Es gilt, nachhaltige Alternativen zu schaffen und leistbare ‚Öffis‘ zur Verfügung zu stellen“, sagte BJV-Vorsitzende Isabella Steger am Mittwoch in einer Aussendung. Der Jugenddialog ist ein EU-weiter Beteiligungsprozess, der die Interessen und Bedürfnisse junger Menschen sichtbar macht.

Lücke bei Einstieg in Arbeitsmarkt

35 Prozent der Befragten sind nicht der Meinung, dass junge Menschen in Österreich Zugang zu guten Jobs mit fairen Arbeitsbedingungen haben. Eine Lücke gibt es auch beim Einstieg in den Arbeitsmarkt: „36 Prozent finden nicht, dass junge Menschen bei der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt gute Informationen und angemessene Unterstützung erhalten. Hier gibt es noch Aufholbedarf, vor allem im schulischen Bereich“, sagte Steger.

Lehrlingsbetrieb
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Die BJV sieht Handlungsbedarf – nicht jeder Jugendliche in Österreich habe dieselben Chancen auf Bildung und Ausbildung

Fast zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten sind nicht der Meinung, dass alle jungen Menschen die gleichen Chancen haben, Fähigkeiten zu entwickeln und Erfahrungen zu sammeln, die sie für den Arbeitsmarkt brauchen. „Dies ist aus unserer Sicht bedenklich. Jeder junge Mensch in Österreich muss dieselben Chancen auf Bildung und Ausbildung haben. Hier gibt es Handlungsbedarf“, so Steger.

„Junge Menschen wollen mitgestalten, und das muss von der Politik aktiv aufgenommen werden. Der Jugenddialog leistet hier eine besonders wichtige Arbeit, in dem er Partizipation auf allen Ebenen schafft“, so Steger und Al Nuaimi. Sie verwiesen auf die zweite Österreichische Jugendkonferenz in Vorarlberg von 4. bis 6. März. Junge Menschen aus ganz Österreich arbeiten dort gemeinsam mit politischen Vertretern an der Umsetzung der Beteiligungsergebnisse.

Befragung läuft seit Jänner

Der EU-Jugenddialog sieht Befragungen dieser Art in allen Mitgliedsländern vor. Die Ergebnisse der nicht repräsentativen Umfrage werden am Ende des Prozesses auf EU-Ebene diskutiert, auf der gemeinsame Ziele erarbeitet werden. Die vorherige, sechste Version des Jugenddialogs in den Jahren 2017/18 brachte elf Jugendziele hervor. Darunter waren die Stärkung der Jugend im ländlichen Raum, aber auch gute Arbeit und psychische Gesundheit und Wohlbefinden.

Die aktuelle, siebente Version des Jugenddialogs begann im Jänner 2019. Teile der Befragung in Österreich waren eine Onlineumfrage sowie Dialoge in Kleingruppen. Die Bundesjugendvertretung trägt die Ergebnisse nun in die zweite Österreichische Jugendkonferenz weiter. Dort kommen 60 von der BJV in einem Bewerbungsverfahren ausgewählte Jugendliche mit den Jugendreferenten der Bundesländer zusammen. Was die Auswirkungen der Umfrage auf konkrete politische Maßnahmen betrifft, sieht Steger noch viel Spielraum. „Die Meinung von jungen Menschen muss noch viel ernster genommen werden.“ Positiv sieht sie aber, dass jungen Menschen die Angst vor der politischen Beteiligung genommen werde.