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Coronavirus

Bundesweite Vorgaben treten in Kraft

Fünf bestätigte Coronavirus-Fälle – drei in Wien und zwei in Tirol – hat es bis Donnerstag in Österreich gegeben. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte am Abend, dass mit steigenden Zahlen zu rechnen sei. Um ab sofort klare Handlungsanleitungen zu haben, wird das Gesundheitsministerium am Freitag bundesweit verpflichtende Vorgaben für diverse Bereiche erlassen, kündigte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) an.

Es werde „einheitliche Vorgangsweisen von Vorarlberg bis zum Burgenland“ geben, so Anschober in einer Pressekonferenz. Künftig gebe es klare Regeln, wie mit bestätigten Infektionen oder Verdachtsfällen umzugehen sei. Die Erlässe gelten für die Bereiche Kindergarten, Schule, Betriebe – etwa im Hinblick auf arbeitsrechtliche Belange –, Verkehr und das Verhalten von Privatpersonen.

Auf diese bundesweit verbindlichen Regelungen habe man sich zuvor bei einem Treffen im Bundeskanzleramt mit den Landeshauptleuten sowie Experten des Gesundheits- und Innenministeriums geeinigt, so Anschober.

Kurz-Appell: Reisewarnungen ernst nehmen

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz, begrüßte angesichts der gemeinsamen Herausforderung, vor der Österreich stehe, die angekündigten einheitlichen Standards. Positiv sei zudem die Zusicherung, dass künftig auch der Nachschub für nötiges Testmaterial oder Schutzbekleidung zentral abgewickelt werde und sich nicht jedes Bundesland selbst darum kümmern müsse – wobei er betonte: „Momentan sind die Lager in den Spitälern voll.“

Kurz: „Versuchen Ausweitung einzugrenzen“

Die Politik tue alles, um die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen, sagte Bundeskanzler Kurz (ÖVP) in der ZIB2. Die Entwicklung lasse sich schwer vorhersagen, die nächsten Wochen seien entscheidend.

Kurz appellierte erneut an die Bevölkerung, bei der Eindämmung des Virus mitzuwirken. Reisewarnungen seien ernst zu nehmen und keine Empfehlungen. „Wer betroffene Gebiete besucht hat und in Österreich ist, wird dringend ersucht, sich von Großveranstaltungen fernzuhalten und bei Symptomen sofort die Hotline zu kontaktieren“, sagte der Kanzler. Er sprach von 1.000 Testungen, die derzeit pro Tag in Österreich möglich seien. Die Kapazitäten sollen noch gesteigert werden.

Anschober: Grippewelle erschwert Situation

Anschober sagte zudem, die Tatsache, dass derzeit auch die Grippewelle herrsche und dabei die Symptome jenen einer Coronavirus-Erkrankung sehr ähneln, mache die Situation nicht gerade leichter. Auch er forderte Personen, die entsprechende Anzeichen hätten und noch dazu kürzlich in betroffenen Regionen unterwegs waren, auf, keinesfalls selbstständig zum Arzt oder in die Ambulanz zu gehen, sondern zuerst die Telefonhotline 1450 zu kontaktieren.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
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Anschober: Betroffene sollen Hotline 1450 kontaktieren, nicht selbstständig zum Arzt oder ins Spital gehen

Erst in den nächsten Wochen werde sich entscheiden, „ob die Welt eine globale Pandemie erfahren wird“, sagte der Gesundheitsminister. Angesprochen wurde Anschober auch auf die Entscheidung Italiens, nur noch klinisch relevante Fälle mit Todesopfern oder Patienten auf der Intensivstation zu melden. Er sei darüber noch nicht informiert werden, sagte der Ressortchef, sprach sich aber bei der Gelegenheit für einen „ehrlichen transparenten Weg“ aus.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) versprach der Bevölkerung weiterhin umfassende Informationen. „Die Menschen haben Sorgen, und wir nehmen diese Sorgen ernst“, sagte er und stellte eine Infokampagne in Aussicht.

Drei Fälle in Wien bestätigt

Unterdessen sind am Donnerstag in Wien drei Coronavirus-Fälle bestätigt worden. Neben einem 72-jährigen Mann, dessen Covid-19-Erkrankung einen schweren Verlauf hat, befanden sich am Abend ein Ehepaar und seine zwei Kinder im Kaiser-Franz-Josef-Spital.

Der Mann und die Frau seien bereits positiv getestet worden, die Kinder hätten ebenfalls Krankheitssymptome gezeigt, hieß es aus dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). Die Testergebnisse der Kinder liegen laut KAV noch nicht vor. Alle vier Personen haben „leichte Krankheitssymptome“.

Am Nachmittag wurde die gesamte Familie mit einem sicheren Infektionstransport ins Kaiser-Franz-Josef-Spital auf die dortige 4. Medizinische Abteilung gebracht. Die Familie war laut KAV zuvor gemeinsam in der Lombardei im Urlaub – mehr dazu in wien.ORF.at.

72-Jähriger seit zehn Tagen im Spital

Der 72 Jahre alte Mann lag indes bereits zehn Tage mit klassischen Grippesymptomen im Krankenhaus Rudolfstiftung in Wien-Landstraße. Der Mann, der mittlerweile ins Kaiser-Franz-Josef-Spital verlegt wurde, gelte als „schwer erkrankt“ und sei derzeit nicht ansprechbar.

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Die Erkrankten wurden ins Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital gebracht

Sämtliche Besucherinnen und Besucher des 72-Jährigen seien mittlerweile ebenfalls im Kaiser-Franz-Josef-Spital, wo sie auf das Virus getestet würden. Kein Einziger habe allerdings entsprechende Symptome der Krankheit, so der Medizinische Direktor des KAV, Michael Binder. Die Ansteckungskette ist in seinem Fall noch ungeklärt – der Patient habe bei seiner Aufnahme im Krankenhaus vor zehn Tagen keine Reiseaktivität angegeben.

In der Rudolfstiftung wurden drei klinische Stationen komplett gesperrt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit dem Patienten in Kontakt waren, wurden „begleitet“ nach Hause gebracht, so Hacker.

Entwarnung bei Iran-Rückkehrer

Das Testergebnis eines Journalisten, der nach einer Iran-Reise am Wochenende als Verdachtsfall galt, ist negativ. Der Wiener war in der Delegation von ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg am Wochenende in den Iran gereist und hatte nach seiner Rückkehr Symptome entwickelt. Am Donnerstag wurde er im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital getestet. Laut Außenministerium war Ressortchef Schallenberg bereits am Dienstag getestet worden. Seine Ergebnisse und die der restlichen Mitglieder der Delegation – ebenfalls am Dienstag und Mittwoch getestet – seien ebenfalls negativ gewesen.

Das Coronavirus und die Sorge vor Ausgangssperren führen unterdessen auch in Wien zu Hamsterkäufen in den Supermärkten. Gefragt sind vor allem haltbare Produkte wie Nudeln, Reis, Sugo und Fertigsuppen – mehr dazu in wien.ORF.at

Zahlreiche Verdachtsfälle negativ getestet

In Tirol scheint sich die Lage in Sachen Coronavirus indes vorerst weiter zu entspannen. Insgesamt rund 50 Proben wurden im Laufe des Donnerstags untersucht – alle seien negativ, teilte das Land am Abend mit.

Bereits am Mittwoch waren österreichweit zahlreiche Verdachtsfälle bekanntgeworden. Sie wurden noch am selben Tag allesamt negativ getestet – darunter mehr als 100 Personen in Tirol. Ein Gymnasium in Wien-Josefstadt war vorübergehend gesperrt worden, nachdem eine Lehrerin als Verdachtsfall galt. Die ersten beiden bestätigten Coronavirus-Fälle in Österreich wurden am Dienstag aus Tirol gemeldet. Es handelt sich um ein italienisches Pärchen (beide 24).